Duisburg. . Mit der Kampagne „K.O.cktail?“ klärt die Frauenberatungsstelle über die Gefahr von K.O.-Tropfen auf. Gerade in der Karnevalszeit sollten Feiernde aufmerksam sein.
Altweiber feiert Doris mit ihren Freundinnen in einer Bar. Obwohl sie selbst nur wenig Alkohol trinkt, fühlt sie sich schnell benebelt. Am nächsten Tag kann sie sich nicht erinnern, wie sie in ihre Wohnung gekommen ist und als sie duschen will, bemerkt sie Druckstellen an ihren Unterarmen. Dunkel blitzen Erinnerungsfetzen auf – ein Mann hatte sie festgehalten. Dieser Jemand muss ihr etwas ins Getränk geschüttet haben... Doris ist natürlich nur ein Beispielfall. „Doch immer mehr Mädchen und Frauen werden Opfer von K.O.-Tropfen“, wissen Gudrun Tackenberg, Gisela Oberheide und Diana Determann von der Frauenberatungsstelle.
Aufpassen auf Karnevalsfeiern
Mit der Kampagne „K.O.cktail. Fiese Drogen im Glas“ wollen die Mitarbeiterinnen verstärkt auf das Thema aufmerksam machen. Nicht erst nach den Angriffen in der Kölner Silvesternacht, sondern vor allem mit Blick auf die Karnevalszeit, in der häufig und exzessiv gefeiert wird und Mädchen und Frauen besonders gefährdet sind. Frauen wie Doris seien nach einer solchen Erfahrung verunsichert und verängstigt. „Viele schämen sich, weil sie denken, sie hätten zu viel getrunken und sich daneben benommen“, erklärt Gudrun Tackenberg. „Meist berichten sie von Schwindel, Benommenheit und Erinnerungslücken.“ Ein solcher Blackout könne je nach Dosierung der Droge bis zu vier Stunden anhalten. Es quält sie, weil sie kaum Erinnerungen an das Geschehene haben – Panik und Ängste können entstehen.
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Dabei werden nicht nur junge Frauen Opfer. „Das betrifft alle Schichten und jedes Alter.“ Wichtig sei in jedem Fall möglichst schnell ein Krankenhaus aufzusuchen, denn der Stoff, GHB oder GBL (Gammabutyrolacton), ist nur bis zu zwölf Stunden im Urin nachweisbar. „Wenn man merkt, dass etwas nicht stimmt, sollte man mit seinen Freunden sprechen, eine Beratungsstelle oder die Polizei aufsuchen“, raten die Expertinnen, die Betroffene an Psychologen und entsprechende Fachstellen vermitteln.
Das Glas nie unbeobachtet lassen
Um möglichst viele Mädchen zu erreichen, geht Diana Determann mit der Kampagne in Duisburger Schulen und Jugendzentren. In Workshops sollen die Jugendlichen sensibilisiert werden. „Wichtig ist, das Glas nie unbeobachtet zu lassen, beim Feiern ein Auge aufeinander zu haben.“ Sie rät: „Mit Freunden oder dem Personal sprechen, wenn man sich unwohl fühlt und umgekehrt sich um Freunde kümmern, die scheinbar zu viel getrunken haben.“ Im Zweifel sollte man stets die Polizei verständigen.
Etwa sieben K.O.-Tropfen-Opfer haben die Mitarbeiterinnen im vergangenen Jahr beraten. Die Dunkelziffer sei aber weitaus höher, wissen sie. Schließlich sucht nicht jede Betroffene professionelle Hilfe auf. Neben der Beratung bei sexualisierter Gewalt gegen Frauen, beraten die Mitarbeiterinnen auch bei häuslicher Gewalt. 400 solcher Fälle wurden ihnen in 2015 allein durch die Polizei vermittelt. Darüber hinaus führten sie weitere Gespräche – meist geht es um Trennungen, nach denen der Mann Gewalt ausübt oder Stalking. „Auch das ist zunehmend Thema“, sagt Gisela Oberheide.
Mitglied des Runden Tisches
Die Frauenberatungsstelle Duisburg wird vom Verein Frauen helfen Frauen e.V. getragen und ist Mitglied des Runden Tisches „Gewaltschutzgesetz für Duisburg“, der die Kampagne „K.O.cktail?“ unterstützt. Gefördert wird diese auch vom NRW-Gesundheitsministerium.
Die Frauenberatungsstelle sitzt an der Königstraße 30 und ist unter 0203-3461640 erreichbar. Schutz vor seelischer und körperlicher Misshandlung finden Frauen und deren Kinder auch im autonomen Frauenhaus: 0203-62213; Info: www.frauen-helfen-frauen.org
Frauenbeauftragte rät: Immer Anzeige bei der Polizei erstatten
Auch in Duisburg gehört Gewalt gegen Frauen zum traurigen Alltag und betrifft alle Nationalitäten. Die Frauenbeauftragte der Stadt informiert daher über Unterstützungsangebote. „Jegliche sexualisierte Gewalt gegen Frauen, sei es als häusliche Gewalt oder als sexuelle Übergriffe im öffentlichen Raum, ist auf das Schärfste zu verurteilen“, erklärt Doris Freer. Gewalt gegen Frauen in ihren vielfältigen Erscheinungsformen ist eine schwere Völker- und Menschenrechtsverletzung, die ihre Wurzel in allgemeiner Frauenverachtung und Frauendiskriminierung habe. „Allerdings haben die Gewalttaten z.B. in Köln eine neue Dimension der Frauenverachtung und des Frauenhasses erreicht.“
Daher hat das Frauenbüro nach der Silversternacht umgehend eine Sonderseite mit Informationen zu entsprechenden Anlaufstellen für Frauen in Duisburg eingerichtet.
Zahlreiche Nachfragen
Aktuell erreichen das Frauenbüro zahlreiche Nachfragen von Frauen, Eltern und Großeltern, die sich nach Verhaltenstipps und Präventionsmöglichkeiten erkundigen. „Zwar“, so Doris Freer, „sei es Aufgabe des Staates, die Bevölkerung vor Gewalttaten zu schützen, aber es gibt auch Möglichkeiten, dass die Frauen selbst etwas unternehmen können.“
So hat die Frauenbeauftragte die Initiative ergriffen und sich mit allen Fraueneinrichtungen, dem Landes- und Stadtsportbund sowie der Polizei in Verbindung gesetzt, um eine Übersicht aller Selbstbehauptungs- und Selbstverteidigungsangebote zusammenzustellen, die von Duisburger Sportvereinen angeboten werden.
„Wichtig ist“, so Doris Freer, „dass die Frauen nicht allein bleiben, sondern dass sie sich an die Frauenhilfseinrichtungen wenden und in jedem Falle Anzeige bei der Polizei erstatten.“
Weitere Inforationen gibt es unter www.duisburg.de/frauenbuero und Telefon 0203/ 94000.