Duisburg. 16 Jahre lang war Peter Langner Kämmerer in Duisburg, das große Ziel erreichte erst jetzt zum Schluss.

Kämmerer einer Stadt mit einem Schuldenberg von 1,75 Milliarden Euro zu sein, ist kein Gewinner-Job. Das Geld ist immer knapp, fehlt für politische Forderungen oder Bürgerwünsche. Peter Langner war 24 Jahre Kämmerer, acht in Gelsenkirchen, 16 in Duisburg, zwei Städte in ständiger Finanznot, in denen er immer wieder den Geldhahn zudrehen und Sparrunden einläuten musste. Jetzt geht der älteste kommunale Kassenwart im ganzen Revier in den Ruhestand.

Seine Art und seine Kompetenz werden der Stadt fehlen, sagte Oberbürgermeister Sören Link gestern beim Abschied im Rathaus und würdigte Langner als „anerkannte, profilierte und kantige, zuweilen auch unbequeme Persönlichkeit.“ Unbequem müsse man eben auch sein, wenn man Verantwortung trage, sagte der OB: Langner habe seine „Gradlinigkeit unter Beweis gestellt“, habe „manch bittere Pille“ verordnet und „vieles richtig gemacht“, denn letztlich werde ihm im Rathaus „eine extrem hohe Wertschätzung“ zuteil.

Forderung nach Entlastung

Drei Oberbürgermeister hat Langner in Duisburg erlebt, wer war für ihn der unbequemste? „Gefordert haben sie alle“, sagt Langner, „nur haben sie das völlig unterschiedlich, jeweils auf ihre eigene Art, vermittelt.“ Er sei mit allen klargekommen, auch mit den Fraktionsspitzen, „anders geht auch nicht.“ Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler wird in Kürze 63, auf die Frage nach künftigen Beraterverträgen winkt er ab. Er will erst einmal „entschleunigen“, hat zwei Bücher über den Jacobsweg auf dem Nachttisch liegen. Was er Duisburg für die Zukunft wünscht? „Dass Bund und Land für die Lage der Stadt Gehör und Verständnis finden.“

Die Forderung an Land und Bund, die Kommunen zu entlasten, hat Langner seit seinem Amtsantritt am 17. Januar 2000 begleitet. Noch im gleichen Jahr schrieb er ein Gastbeitrag im Nachrichten-Magazin „Spiegel“ über die Auswirkungen der Einheit auf die Kassenlage in Duisburg. Überschrift: „Schlimmste Not.“ Eine halbe Milliarde Mark hatte Duisburg bis dahin für den Aufbau Ost gezahlt, während die eigenen Steuereinnahmen in den Keller gingen. Langner schrieb: „Wie soll ich den 520.000 Menschen in unserer Stadt erklären, dass sie weiter ,solidarisch’ für den Aufbau Ost zahlen müssen, wenn es bei der öffentlichen Infrastruktur dort in vielen Fällen bereits besser aussieht als bei uns?“

Erklärt hatte er es nie, sondern auch vor Ort geschimpft, in Haushaltsreden und Bürgerinfoabenden, über Bund und Land, über immer mehr Aufgaben für die Kommunen und immer mehr Kosten. Im vergangenen Jahr reiste Langner mehrfach nach Berlin, um sich mit Amtskollegen im Aktionsbündnis „Für die Würde der Städte“ Gehör zu verschaffen, in Teilen mit Erfolg.

Falsche Worte und schöne Spiele

Skandale? In Erinnerung bleibt nur einer. September 2009, Wahl-Party im Rathaus, das Bundesergebnis flimmert auf die Leinwand, schwarz-gelb gewinnt, Langner sorgt mit einer diffamierenden Äußerung bundesweit für Schlagzeilen. „Ich will keinen schwulen Außenminister haben”, sagt der Sozialdemokrat in Anspielung auf den damaligen FDP-Vorsitzenden und offen homosexuell lebenden Guido Westerwelle. Es folgt eine Welle der Empörung und Rücktrittsforderungen. Der Kämmerer entschuldigt sich, der Satz sei „spontan und unüberlegt” gefallen, er sei doch einer „der tolerantesten Menschen, den man sich vorstellen kann.”

Mit Freude blickt Langner vor allem auf die World Games 2005 zurück. Er rückte kurzfristig an die Spitze des Organisationskomitee, schwebte zur Eröffnung der Spiele mit einem Fallschirm ein. 2013 sollte es eine Neuauflage geben, gemeinsam mit Düsseldorf, Langner als designierter Chef-Organisator posierte schon mit den OB’s beider Städte. Am Ende scheiterte es ausgerechnet am Geld: Duisburg musste die Ausrichtung wegen der Haushaltssperre wieder absagen.

Sein letzter Ratschlag

Langner war stets ein pflichtbewusster Kassenwart, lehnte riskante Währungs- und Zinsgeschäfte ab, erreichte seinen größten Erfolg er erst zum Abschied, quasi als „Punktlandung“, wie es der Oberbürgermeister formulierte: Nach einem Vierteljahrhundert endlich wieder einen Haushaltsausgleich zu schaffen. Gelungen, sagt Langner, sei das nur „unter Einrechnung der großzügigen Landeshilfe“. Bevor er gestern ging, warnte er dann ein letztes Mal: Der Abbau der Landeshilfe bis 2021 könne nur aufgefangen werden, „wenn konsequent an der Umsetzung des vom Rat beschlossenen Haushaltssanierungsplanes festgehalten wird“.