Duisburg. . SPD und CDU beschließen gemeinsam der ersten ausgeglichenen Haushalt nach 23 Jahren. Alle Fraktionen wählen die neue, parteilose Finanzdezernentin Dr. Dörte Diemert.

Ihr erster kurzer Auftritt in Duisburg dauerte nur wenige Minuten: Dr. Dörte Diemert bedankte sich nach der Wahl zur neuen Kämmerin für die Glückwünsche und war wieder verschwunden. Die Kölnerin, die am Montag mit Zustimmung aller Ratsfraktionen gewählt wurde, tritt ihren Dienst im Rathaus im Februar an

Mit Weitsicht wird Kämmerin Diemert ab dem kommenden Jahr dann mit dem umgehen müssen, was ihr der Rat Montag per Beschluss als Rahmen hinterlassen hat: Der Haushalt für 2016 ist zwar erstmals nach knapp einem Vierteljahrhundert wieder ausgeglichen. Die Stadt wird also nicht mehr ausgeben als sie einnimmt, so verlangt es der „Stärkungspakt“, der bisher 53 Millionen Euro an Landeshilfen in die Stadtkasse gepumpt hat. Allerdings: Bis 2021 wird die Hilfe auf null sinken, Duisburg muss den Ausgleich bis dahin aus eigener Kraft schaffen. Dieses Ziel sieht SPD-Fraktionschef Herbert Mettler wegen der steigenden Asylkosten „massiv bedroht“. Der Bund müsse die kompletten Kosten für Flüchtlinge erstatten, sonst „fliegt uns der Haushalt um die Ohren“, sagt Mettler und fordert deshalb „Lockerungen beim Stärkungspakt“.

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Ob dieser „Hilferuf“ in Düsseldorf Gehör findet, ist fraglich. Denn das Verhältnis zur Regierungspräsidentin ist angespannt. Anne Lütkes hatte sich erst viel Zeit gelassen mit der Genehmigung für den letzten Etat, die Millionen-Spritze an die Stadtwerke gekürzt und klare Vorgaben für 2016 gemacht, insbesondere beim Abbau von Personal und Verwaltungsstrukturen. Mettler verhehlte nicht, dass es ihm „schwer fällt“, dafür „Verständnis aufzubringen“. Auf das grüne Licht aus Düsseldorf zum neuen Etat will der SPD-Fraktionschef jedenfalls nicht erneut zehn Monate warten: Ohne die Genehmigung des Haushalts könnten nämlich die 80 Millionen Euro aus der Investitionsoffensive des Bundes nicht verbuddelt werden, begründete Mettler seine „dringende Bitte“ um eine „zeitnahe Genehmigung“.

Unterm Strich bleibendrei Millionen Euro

Mit einem Plus von drei Millionen Euro soll beim Haushalt für 2016 erstmals nach 23 Jahren wieder eine schwarze Zahl unter dem Strich stehen.

Auf 1,66 Milliarden Euro belaufen sich die Einnahmen. Davon erzielt die Stadt 603 Mio € aus Steuern und 676 Mio € aus Zuweisungen und Umlagen von Bund und Land.

Abzüglich sämtlicher Ausgaben bleibt für das Jahr 2016 ein ordentliches Ergebnis von 33 Mio €, von dem allerdings die 30 Mio € an Zinskosten für die 1,75 Milliarden € an Kassenkrediten abgehen.

Diemert sucht die Praxis vor Ort 

In ihrem Noch-Arbeitszimmer beim Deutschen Städtetag in Köln hängt ein gemaltes Bild ihres Großvaters, das die alte Hochfelder Kupferhütte am Rhein zeigt. Ohnehin der Rhein: Er verbindet die 41-jährige neue Kämmerin und gebürtige Düsseldorferin mit Duisburg. Mit der Stadt, deren Finanzen Dörte Diemert die nächsten acht Jahre zu bewältigen hat.

Der Start ist gelungen: Selten gab es im Rat so eine breite Mehrheit bei einer Beigeordneten-Wahl – der 41-Jährigen eilt ein guter Ruf voraus, hilfreich sicherlich, dass die neue Kämmerin parteilos ist: „Das Ergebnis freut mich sehr“, sagte sie nach ihrer Wahl, die sie mit ihrer Familie auf der Tribüne verfolgte, im WAZ-Interview und hofft, dass sie auch bei den weiteren notwendigen Konsolidierungen des Haushaltes in den nächsten Jahren breite Mehrheiten findet.

"Duisburg hat sich der Probleme angenommen“

„Duisburg kann sich für die schwarze Null auf die Schultern klopfen“, lobt Diemert den Duisburger Etat-Weg und ergänzt zugleich: „Das ist ein Etappenziel, weitere werden folgen.“ Nur zu gut kennt die Hauptreferentin und Finanzexpertin des Städtetages die strukturellen Probleme Duisburgs. „Aber Duisburg hat sich der Probleme angenommen“, betont sie.

Bewusst wechselt Diemert nun vom Städtetag-Expertenblick von außen und der wissenschaftlichen Arbeit zuvor in die Praxis vor Ort. „Mich reizt es, die Perspektive zu wechseln, Verantwortung zu übernehmen und mitgestalten zu können“, so die promovierte Juristin, die verheiratet ist, in Köln mit einem Archivar zusammenlebt und dort zunächst auch wohnen bleiben wird. Und singen: Denn die 41-Jährige ist begeisterte Chorsängerin. Und die aktuellen Narrensession ist ihr auch nicht fremd: „Ich bin Rheinländerin.“