Duisburg. Die Internet-Plattform, mit der die Stadt um Anregungen und Ideen zum Haushalt 2016 bittet, zählt in den ersten fünf Wochen nur 50 Besucher.

Bürger sollen mitreden können: Es gibt kaum ein Parteiprogramm, bei dem die Beteiligung nicht hoch gehalten wird. Schließlich zementiert die Mitwirkung auch Entscheidungen. Der Bürger muss sich ja nicht zu jeder Frage äußern. Aber zu den wichtigen. Zum Beispiel, wenn es ums Geld geht. Um viel Geld. Wie beim Milliarden schweren Haushalt. Wofür die Stadt die Steuergelder ausgibt, sollte eigentlich öffentliches Interesse wecken. Tut es aber nicht. Denn zur Hälfte der laufenden Bürgerbeteiligung tendiert das Interesse gegen Null.

Seit dem 22. September hat die Stadt wieder ein Internetportal freigeschaltet, bei dem sich Bürger informieren und Anregungen oder Ideen einbringen können. Bis zum 23. November, wenn der Rat den Haushalt für das kommende Jahr verabschiedet, haben sie dazu Zeit. Nach fünf Wochen liegt der Stadt aber nur eine einzige Anfrage vor. Die ist auch nicht inhaltlicher Art, sondern enthält den Wunsch, einzelne Positionen genauer zu erläutern. Überhaupt wurde das Portal bisher nur von rund 50 Interessierten aufgerufen. Das sind nicht einmal zwei Besucher pro Tag. Der Begriff „Bürgerhaushalt“ verbietet sich damit.

Seit Jahren im Sinkflug

Das Interesse befindet sich seit Jahren im Sinkflug. Bei der Beteiligung zum Haushalt 2015 im vergangenen Herbst registrierte die Stadt zumindest noch mehr als 500 Besucher im Portal. Inmitten der Debatte um die Sparliste für das Jahr 2014 gingen noch 145 Hinweise und Anregungen ein. „Wirtschaftlich umsetzbare Möglichkeiten ergaben sich daraus jedoch nicht“, sagt Stadtsprecher Peter Hilbrands.

Ein Kernproblem: Der gemeine Bürger wird mit dem Material im Internet-Portal kaum etwas anfangen können. Wer zum Beispiel sucht, wie viel Geld die Stadt für den Betrieb von Schwimmbädern oder Schulsanierungen ausgibt, wird in den Tabellen nicht fündig.

Bleibt die Frage: Wessen Schuld ist es denn nun, dass die Beteiligung kaum vorhanden ist? Interessiert sich der Bürger einfach nicht dafür? Oder engagiert sich die Stadt nicht genug, um ein entsprechendes Interesse zu wecken?

Bürger müssten viel zu viel Vorleistungen bringen

„Wir halten Bürgerhaushalte grundsätzlich für ein gutes Instrument“, sagt Bärbel Hildebrand, Sprecherin des NRW-Steuerzahlerbundes. „Die Städte sollten sie aber auch mit dem größtmöglichen Ernst betreiben, sonst fühlt sich der Bürger verschaukelt.“ Bestes Beispiel: 2013 blieben von 566 Bürgervorschlägen zwei übrig, die als neu und umsetzbar galten, aber dann vom Rat abgelehnt wurden.

Ein reiner Haushaltplan mit Zahlenkolonnen auf mehr als tausend Seiten sei ohnehin viel zu abstrakt. „Der Bürger müsste viel zu viel Vorleistungen bringen, um sich zurechtzufinden. Wie kann man erwarten, dass Bürger gravierende Sparpotenziale finden, wenn sie in der Materie nicht sachkundig sind?“, fragt Hildebrand.

Stadt will weiter am Verfahren festhalten

Die Erfahrung zeige, dass immer dann Interesse vorhanden ist, wenn sich Bürger konkret einbringen können: „Es reicht ja schon, wenn Hinweise kommen, wo ein Spielplatz fehlt und wo einer überflüssig geworden ist.“

Die Stadt jedenfalls plant keine Änderung des bisherigen Ablaufs. „Es ist beabsichtigt, diese Form der Beteiligung beizubehalten, um so den Bürgerinnen und Bürgern weiterhin die Möglichkeit zu bieten, sich über die Haushaltsplanungen zu informieren und Anregungen, Kritik und eigene Ideen per E-Mail vortragen zu können“, erklärt Stadtsprecher Hilbrands.

Zugleich verweist er auf eine Stellungnahme des Deutschen Städtetages. Der Bund der ­Kommunen bezweifelt, dass Bürgerhaushalte einen Zugewinn an Akzeptanz und Legitimation­ ­erreichen können. Zielführender seien demnach Beteiligungen zu konkreten Vorhaben wie Runde ­Tische, Charretteverfahren und Zukunftswerkstätten „Das sind Instrumente, die die Stadt Duisburg bereits eingesetzt hat und ­weiter forcieren will“, so Hilbrands.