Duisburg. Beim Neujahrsempfang der IHK im Theater am Marientor forderte Kammerpräsident Landers von den Politikern aller Ebenen Einsatz für die heimische Industrie.
Mehr Wirtschaftskompetenz ist in der Region selten so geballt zu finden: Rund 900 Gäste kamen gestern zum Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer ins Theater am Marientor. IHK-Präsident Burkhard Landers forderte von der Politik auf allen Ebenen verlässliche Rahmenbedingungen für die Unternehmen. Zugleich kündigte er ein umfassendes Engagement der Wirtschaft bei der Integration der Flüchtlinge an.
Gute Binnennachfrage, niedrige Zinsen, stark gesunkene Ölpreise – gleichwohl sieht Landers dunkle Wolken voraus, die sich über der Wirtschaft der Region zusammenziehen. Und vor allem die wichtige Stahlindustrie bedrohen in Form subventionierter Billigimporte aus China und neuer, teurer Anforderungen durch die Klimaschutzpolitik. In der Region gehe es um Zehntausende von Arbeitsplätzen, im ganzen Land um Wertschöpfungsketten, an denen mehrere hunderttausend Jobs hängen. Nicht nur die Stahlindustrie, sondern auch schon andere Branchen überlegten, ob sie noch in Deutschland oder besser im Ausland investieren.
„Anhaltende Unsicherheit“ erschwere Investitionen
Kritische Worte gab’s vom IHK-Chef für die Kommunen, die trotz Rekordeinnahmen die Ausgaben nicht in den Griff bekämen und daher mit einer Erhöhung der Einnahmen liebäugelten: „Schon heute müssen wir befürchten, dass die Gewerbesteuer oder die Grundsteuer in kurzen Abständen weiter erhöht werden und wir zusätzliche finanzielle Lasten zu schultern haben.“ Eine „anhaltende Unsicherheit“ erschwere Investitionen oder verhindere sie sogar. Die IHK werde nicht aufhören, auf „gesicherte Perspektiven“ bei Finanzen und Steuern zu drängen.
Sorge bereitet der Wirtschaft auch der Zustand der Verkehrsinfrastruktur, von Brücken bis zu Schleusen. Die viel zu langen Planungs- und Bauzeiten bei notwendigen Ersatzbaumaßnahmen passten nicht zu einem Industriestandort, mahnte Landers.
Rede zu "Akademisierungswahn"
Modernste Infrastruktur brauchten Unternehmen in Form von leistungsfähigen „Datenautobahnen“. Der Kammerpräsident eindringlich: „Wir brauchen mehr Glasfasernetze.“ Und er blickte auch auf die Kehrseite des rasanten Fortschritts bei den Informationstechnologien: Der Online-Handel blühe, und „Innenstädte und Stadtteilzentren, sie stehen in der Gefahr zu veröden“.
Noch in diesem Frühjahr will die IHK „Willkommenslotsen“ in die Betriebe schicken, um Rat und Hilfe zur Flüchtlingsthematik anzubieten, und die Kammer will nach konkreten Angeboten für Praktika und Ausbildungsplätzen für die Neuankömmlingen fragen.
Prominenter Gastredner des Abends war Prof. Julian Nida-Rümelin, Ex-Kulturstaatsminister der Bundesregierung. Sein Thema war der „Akademisierungswahn“, der junge Menschen lieber studieren lässt, als eine Lehre zu beginnen. Eine Entwicklung, die laut Landers schon jetzt die Wirtschaft schrecke, die künftig mehr Facharbeiter benötige als Uni-Absolventen.