Duisburg. . Auf der Neumühler Bastenstraße „stolpern“ die Passanten über das Schicksal von Moses Fransmann. Seine Großnichte kam zur „Stolpersteins“-Verlegung.
„Moses’ Vater war eine Zeit lang auch Straßenpflasterer. Er hat sich durchgeschlagen mit mehreren Jobs“, erzählt Iris Haarland. Bildhauer Gunter Demnig kniet derweil auf dem Gehweg der Bastenstraße in Neumühl und ersetzt eine der Platten mit vier Pflastersteinen, in ihre Mitte legt er einen „Stolperstein“ und klopft ihn fest. Mit Messingtafeln wie dieser wird an Menschen erinnert, die während des Nationalsozialismus vertrieben, verfolgt, deportiert, ermordet wurden. An Menschen wie Moses Fransmann. Weil er Jude war.
„Für mich ist es wichtig, dass der Stein dort liegt“, sagt Iris Haarland. Moses Fransmann war ihr Großonkel. Die Wohnung an der Bastenstraße, in der er mit seiner Frau Flora und seinen Kindern lebte, sei der letzte friedvolle Ort vor der Flucht, der Internierung und Ermordung gewesen.
Hoffnung auf ein Leben in den Niederlanden
Schon früh wurde die Familie von den Nationalsozialisten traktiert. „Mein Opa war in Hamborn Polizist“, erklärt Haarland, seine Frau und damit ihre Oma war Moses Fransmanns Schwester. „Oma war Jüdin, Opa Katholik. Schon vor dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 1933 wurde seine Entlassung eingeleitet.“ Der ganzen Familie drohte – auch wegen anderer Schickanen und Angriffe – zu diesem Zeitpunkt der finanzielle Ruin, sie mussten neue Pläne fassen. Moses Fransmann verließ Duisburg im November 1933 und suchte mit seiner Frau und den Kindern Schutz in den Niederlanden – von dort war sein Vater um die Jahrhundertwende nach Deutschland emigriert. In Amsterdam lebten noch Verwandte, Moses Fransmann fand Arbeit, Sohn Siegbert begann eine Banklehre, „es sah aus, als wäre alles in Ordnung“, sagt Iris Haarland. Bis die Deutschen in die Niederlande einfallen.
Im Sommer 1942, hat Haarland recherchiert, wird Moses Fransmann, seine Frau und die beiden Söhne Siegbert und Julius über das Durchgangslager Westerbroek nach Auschwitz deportiert. Bis zum Januar wird Fransmann dort körperlich ausgebeutet, am 13. bringt man ihn zunächst in den Häftlingskrankenbau Buna, dann in das Stammlager Auschwitz I. Seine Todesurkunde unterschrieb am 14. Januar der Lagerarzt Friedrich Entress. „Der war bekannt für medizinisch-pharmakologische Experimente und Injektionen ins Herz“, erklärt Haarland. Seine Unterschrift sei ein Hinweis darauf, dass auch Moses Fransmann auf diese Weise ermordet worden sein könnte.
Nun stolpert man in Neumühl über diesen kleinen Stein. „Er erinnert daran, dass man auch in Zukunft keinen einzelnen Menschen vergessen darf“, sagt Iris Haarland. „Sind wir nicht damit fertig?“, mögen manche fragen. „Nein, sind wir nicht.“