Duisburg. . Duisburger Zoll prüft nicht nur auf die Arbeitserlaubnis, sondern auch auf den neuen Mindestlohn. Letztes Ziel der Ermittlungen war jetzt die Taxibranche
Wer schon einmal einen „Tatort“ im Fernsehen gesehen hat, kennt sie: die Einsatzbesprechung. Die Luft knistert vor Spannung, das Team ist entschlossen, den entscheidenden Schlag gegen das Verbrechen zu landen. Weniger dramatisch, dafür aber um Einiges organisierter geht es im Besprechungsraum des Duisburger Zolls vor. Die Beamten der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ (FKS) werden, gemeinsam mit Mitarbeitern des Ordnungsamts, für einen Einsatz in der Duisburger Taxibranche gebrieft. Während es für das Ordnungsamt um die Verkehrstauglichkeit der Fahrzeuge geht, sind die Zollbeamten auf der Suche nach Schwarzarbeitern – und Taxifahrern, denen der Mindestlohn von 8,50 Euro nicht gezahlt wird.
Deshalb sitzt noch ein weiteres Team im Besprechungsraum, das die Duisburger Taxizentralen unter die Lupe nehmen wird. Das klingt alles eher unspektakulär, trotzdem erinnert Einsatzleiter Haci Altan daran, „die Schutzwesten zu tragen“. Paris ist auch an den Zollbeamten nicht spurlos vorübergezogen.
Wo findet der Einsatz statt?
Die Kontrolle startet mehreren Stellen gleichzeitig: Am Hauptbahnhof bei den Taxen, und parallel in den Taxizentralen. Den Fahrern und Unternehmern soll keine Zeit bleiben, sich untereinander zu warnen. Ein paar Minuten nach Einsatzbeginn wissen dank Handys natürlich trotzdem alle Bescheid – wer sich seiner Schuld bewusst ist, steuert den Hauptbahnhof vorerst nicht mehr an. „Das lässt sich nicht vermeiden, wir haben natürlich damit gerechnet“, erklärt Pressesprecher Norbert Schiwon.
Das gute Dutzend Taxifahrer, das am Ostausgang des Bahnhofs auf Kunden wartet, wird dennoch überprüft. Den Mitarbeitern des Ordnungsamts geht es vor allem ums Auto selbst: Verbandskasten, Warndreieck, auch eine altmodische Stadtkarte aus Papier müssen mit an Bord sein, genauso wie der Quittungsblock.
Neben dem Personalausweis, dem Führer- und dem Fahrzeugschein ist für die Ordnungsbeamten natürlich vor allem der Personenbeförderungsschein von Bedeutung. Den haben heute alle Fahrer dabei – was aber nicht immer so sei, berichtet ein Mitarbeiter, der namentlich nicht genannt werden möchte. „Ab und zu fahren Freunde oder Verwandte. Auf die ist der Beförderungsschein aber nicht ausgestellt“, erklärt er, selten seien sogar Fahrer ohne Führerschein anzutreffen.
Wonach fragen die Zöllner?
Nur den Personalausweis der Taxifahrer wollen die Zöllner sehen. Aber sie haben auch noch einige Fragen an die Droschkenkutscher auf Lager. Ist der Fahrer angestellt oder Freiberufler, fährt er Vollzeit oder als Nebentätigkeit, gibt es einen schriftlichen Arbeitsvertrag, und wie wird eigentlich der Lohn ausgezahlt? Auf die meisten Fragen sind die Fahrer vorbereitet, bei einigen brauchen sie ein wenig Bedenkzeit. Nur die Antwort auf eine Frage kommt stets wie aus der Pistole geschossen: wie hoch der Verdienst bei wie vielen Arbeitsstunden ist, wissen alle Taxifahrer ganz genau.
Kein Wunder, wie Zollbeamtin Claudia Goncalves erklärt: „Die Taxiunternehmer wissen natürlich genau, dass wir neben der Schwarzarbeit auch auf den Mindestlohn überprüfen“. So gibt ein Fahrer einen Verdienst von 450 Euro bei 50 Arbeitsstunden im Monat an – das sind neun Euro Stundenlohn, also exakt 50 Cent mehr als vorgeschrieben.
Ob diese Aussage mit der Realität deckungsgleich ist, wird sich erst im Laufe der Ermittlungen zeigen, dann nämlich, wenn auch die Unterlagen des jeweiligen Arbeitgebers überprüft wurden.
Was sagen die Taxifahrer?
Zunächst einmal, dass der Mindestlohn für die Taxibranche eher Fluch als Segen ist. Das sagt Ali Güner, dessen Frau ein Taxiunternehmen betreibt, bei dem er arbeitet. „Man hat viele Wartezeiten, die bezahlt werden müssen, und bei 1,80 Euro pro Kilometer vor 20 Uhr ist der Mindestlohn nur schwer einzuhalten“. Eine Taxikonzession mussten er und seine Frau aus finanziellen Gründen schon abgeben, nächstes Jahr werden wahrscheinlich zwei weitere folgen. Hilfreich seien lediglich mehr Aufträge – bei einer Preiserhöhung würden die Kunden eher auf Bus und Bahn umsteigen.
Die Bilanz des Einsatzes
106 Taxifahrer und acht Taxizentralen sind durchsucht worden, „belastbare Zahlen gibt es erst, nachdem die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen abgeschlossen hat“, erklärt Norbert Schiwon, während sich im Zollamt in Ruhrort die Beamten aufwärmen und sich auf den nächsten Einsatz am Abend vorbereiten. Im Jahr 2014 wurden bei insgesamt überprüften 12.709 Arbeitnehmern und 1629 Arbeitgebern 846 Straftaten und 561 Ordnungswidrigkeiten ermittelt. Das wiederum führte insgesamt zu einer Geldstrafe von 263.930 Euro – und einer Summe von 35,5 Jahren Freiheitsstrafe.