Duisburg. . Auseinandersetzungen unter Jugendlichen werden zu oft bagatellisiert, bedauern Fachleute. Dabei seien klare Regeln und Sanktionen erforderlich.
„Mit dem Thema Cybermobbing sind alle Schulen ständig beschäftigt“, sagt Veronique Fuchs. Die Statistik gibt der Konrektorin der Gustav-Heinemann-Realschule recht. Verbale Gewalt, Ausgrenzung und Beleidigung über den Nachrichtendienst WhatsApp und Internet-Netzwerke haben 40 Prozent der Jugendlichen schon als Opfer oder zumindest als Zeugen erlebt.
Den Titel „Cybermobbing – Auf dem Weg zur Normalität“ hat der Arbeitskreis „Sucht- und Gewaltprävention an Schulen“ deshalb bewusst gewählt. Fast 70 Lehrer, Schulsozialarbeiter und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit waren der Einladung ins Gertrud-Bäumer-Berufskolleg in Neudorf gefolgt.
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„Thematisieren Sie Cybermobbing im Unterricht“, forderte der Medienpädagoge Tobias Schmölders die Pädagogen auf. Er verweist etwa auf das Abschiedsvideo der jungen Australierin Amanda Todd, dass sie vor ihrem Selbstmord auf YouTube eingestellt hatte. „Es sensibilisiert für die Opferperspektive, weckt Mitgefühl, das es in der virtuellen Welt nicht zu geben scheint und regt an zum Nachdenken über die Frage: Was richte ich da an?“
Zu oft scheuten sich Lehrer noch, die Beleidigungen und Ausgrenzungen per Internet-Chat anzusprechen, bedauert nicht nur Schmölders. Von „Hass-Gruppen“ spricht Sandra Karlsson vom Duisburger Mädchenzentrum Mabilda. Das führe in Extremfällen zu gehackten Nutzer-Konten und Fälschungen von Opfer-Profilen, die Anrufe von gänzlich Unbekannten nach sich ziehen. Karlsson: „Die Abmeldung ist schwierig, oft mit Wechsel der Handy-Nummer verbunden.“
Cybermobbing noch zu selten Thema in Schulen
„Das Thema ist noch nicht präsent genug“, sagt auch Uwe Bauer, der beim Jugendamt die Schnittstelle Jugendhilfe/Schule betreut. „Es geht darum, die schweigende Mehrheit zu aktivieren, Zivilcourage zu erzeugen bei den Jugendlichen, damit sie das nicht zulassen.“
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„Auch Nichtstun ist Mobbing“, betont Klaus Kemper vom Opferschutz der Polizei. Es bedürfe klarer Regeln und Grenzen, um der „psychischen Körperverletzung“ Einhalt zu gebieten. „Wichtig ist zunächst, dass sich die Jugendlichen mit Schule und Eltern in Verbindung setzen können“, sagt Kemper.
„Wöchentlich“ erreichen Jörg Bialon Anfragen von Schulen zum Thema Cybermobbing. „Sie sollten zunächst ihre eigenen Instrumente zur Sanktion nutzen“, empfiehlt er. Strafrechtlich sei Cybermobbing als solches kein Tatbestand, wohl aber Beleidigungen und Verletzungen des höchstpersönlichen Lebensbereiches, die dafür in der Regel Voraussetzung sind. Er warnt auch davor, mögliche zivilrechtliche Haftungsansprüche zu unterschätzen. Bialon zitiert einen Fall, in dem zwei 13-Jährige zu 5000 € Geldstrafe für das Einstellen diffamierender Bilder ins Internet verurteilt wurde.