Duisburg. Vor 40 Jahren floh die Rumänin Elena Wende selbst nach Deutschland und erlebte Unterstützung und Ablehnung. Jetzt will die Zahnärztin selbst helfen.

Elena Wende will helfen. Die gebürtige Rumänin floh vor 40 Jahren nach Deutschland. Dass sie ausgerechnet in Duisburg landete, war Zufall. Eigentlich träumte sie immer von Australien. Sie hatte Bekannte, die wiederum Deutsche kannten und versprachen, ihr beim Start zu helfen. Über die Gründe, warum sie in die Bundesrepublik kam, mag die heute 66-Jährige nicht reden, „aber ich bin bestimmt nicht für Marlboro und Mercedes geflohen.“ Dass sie am Ende in Duisburg blieb, hat auch mit ihrem späteren Ehemann zu tun, den sie hier kennenlernte.

Ihr erstes Zimmer, ein zwei mal zwei Meter großer Kellerraum kostete 50 Mark und wurde vom Amt bezahlt. Deutsch hatte sie schon ein bisschen in Rumänien gelernt. In Duisburg besuchte sie noch eine private Sprachschule. Der Empfang, „den Deutschland bereitete, war kalt.“ Nicht nur die Temperaturen waren frostig, auch die Menschen. Zum Glück hielten sich die Bekannten an das Versprechen, bei der Ankunft zu helfen. Sie regelten den Papierkram, stellten den Kontakt zu einem Meidericher Zahnarzt her, der Elena Wende zunächst als Helferin anstellte. „Die Arbeit ist in beiden Ländern gleich. Wir haben alle 32 Zähne“, erzählt sie lächelnd. Nach einigen Monaten wurde ihr rumänischer Abschluss anerkannt, sie durfte als Ärztin weiterarbeiten. Sie kam gut mit den Patienten klar. Nach neun Jahren eröffnete sie dann ihre eigene Praxis.

Asylbewerber versorgt

„Die Asylbewerber, die heute kommen, haben es leichter, ihnen wird viel mehr geholfen“, sagt Elena Wende. Beschweren will sie sich dennoch nicht. Ursprünglich wollte sich die Zahnärztin für die Flüchtlinge, die bald in Neudorf an der Memelstraße einziehen, engagieren. Ihnen bei Zahnschmerzen helfen und die Beißer der Kinder untersuchen. Doch medizinisch werden die Asylbewerber versorgt, weiß Dr. Dieter Weber, Leiter des Gesundheitsamts. Aber es gebe genügend Menschen in Duisburg, die keine Chance haben, zum Arzt zu gehen, wenn sie krank sind. Schätzungsweise 10 000 Personen, darunter Zuwanderer aus Südosteuropa und Obdachlose, sind nicht krankenversichert.

Weber brachte Elena Wende auf die Idee, sich mit Pater Oliver vom Petershof in Verbindung zu setzen. Zudem steht die Zahnärztin in Kontakt mit anderen Dentisten, die ebenfalls ehrenamtlich untersuchen wollen. „Wir haben eine Reihe Patienten, die nicht Wartezimmer fähig sind, die aber große Probleme mit den Zähnen haben“, weiß Weber. Er meint beispielsweise Alkoholisierte, die von einigen Ärzten Hausverbot erteilt bekamen, weil sich andere Patienten belästigt fühlten.

Flüchtlinge brauchen Menschlichkeit

„Mein damaliger Chef hat auch immer Menschen geholfen“, nimmt sich Elena Wende nun ein Vorbild. Ihre eigene Praxis hat sie inzwischen abgegeben, hätte aber die Möglichkeit, neue Räume in der Stadtmitte samt Inventar und Zulassung zu übernehmen. Dort würde sie, eventuell mit einem Kollegen, auch versicherte Patienten behandeln. „Anders kann man so ein Engagement nicht finanzieren, so viele Spenden kommen nicht zusammen.“

Dr. Dieter Weber freut sich über die Initiative. „Damit ist vielen Menschen geholfen. Allerdings brauchen wir künftig Möglichkeiten, dass sich die Zuwanderer krankenversichern und wir nicht dauerhaft ein paralleles System aufbauen müssen.“ Allen, die Sorgen äußerten, weil Flüchtlinge an der Memelstraße einziehen, gibt Elena Wende mit auf den Weg: „Alles, was diese Menschen brauchen ist ein bisschen Menschlichkeit.“