Duisburg. NRW-Umweltminister Remmel will das Land in fünf Entsorgungsregionen einteilen. Das könnte auch Folgen für Duisburger Gebührenzahler haben.
In einigen Städten ist der Aufschrei groß: von „Kleinstaaterei“ und „ökologischen Irrsinn“ ist die Rede, der Kreis Neuss will gar klagen. Was die Politik aufschreckt und höhere Gebühren für die Bürger befürchten lässt, ist der neue „Abfallwirtschaftsplan“, mit dem NRW-Umweltminister Johannes Remmel das Land in fünf Entsorgungsregionen aufteilen will. Die Ziele des Ministers: Mülltourismus vermeiden, Abfall hochwertig verwerten und ortsnah beseitigen. Zudem hält Remmel die Kapazitäten der Müllverbrennungsanlagen um ein Drittel für zu hoch. Sie müssten angepasst werden; stattdessen Abfälle aus dem Ausland zu importieren, sei keine „tragfähige Strategie“. Der bisher vorliegende Plan trifft auch Duisburg: Die „Region V“ reicht zwar weit übers Ruhrgebiet bis Münster und Solingen hinaus, endet aber kurz hinter dem Rhein.
Das Problem: Auch der Kreis Kleve entsorgt in der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage Niederrhein (GMVA), an der die Wirtschaftsbetriebe Duisburg zu knapp 36 Prozent beteiligt sind. Kleve gehört allerdings zu einer anderen Region. Ebenso wie Städte in Westfalen, aus denen ebenfalls erhebliche Mengen in der GMVA Oberhausen verbrannt werden. Bedeutet: Sinken die Mengen, wird die Verbrennung teurer, die Anlage unwirtschaftlicher. Den Schaden haben dann entweder die Wirtschaftsbetriebe als Anteilseigner oder am Ende der Kette die Gebührenzahler.
Erst drei, dann fünf Regionen. Aber warum?
„Den Grund für diese Aufteilung hat der Minister nie erklärt“, sagt Thomas Patermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe. „Im ersten Entwurf sollten es drei Regionen sein, jetzt sind es fünf. Grundsätzlich gilt: je kleinteiliger, desto problemantischer.“ Dennoch will sich Patermann nicht in die vorderste Front der Kritiker einreihen: „Zum einen gelten die Regionen nur für die öffentlich-rechtliche Entsorgung des Hausmülls, aber nicht für die Gewerbemengen.“ In der Anlage in Oberhausen wird rund die Hälfte an Gewerbeabfällen verwertet, die vor allem über den privaten Partner Remondis einfließt und nicht betroffen wäre. „Bei den Kapazitäten ist die einseitige Betrachtung der Hausmüllmengen ein grundsätzlicher Mangel des Plans“, sagt Patermann.
„Zum anderen sollen aber auch bestehende Verträge ohnehin nicht betroffen und kommunale Kooperationen auch weiterhin über die Grenzen hinweg möglich sein. Damit wäre auch Kleve unproblematisch.“
Allerdings sind diese Regelungen bisher nicht festgeschrieben, laut Patermann gibt es entsprechende mündliche Aussagen aus dem Ministerium: „Sollten diese Punkte erfüllt werden, könnten wir mit der Situation leben, weil sich dann nicht viel ändern würde.“
Zweifel an Vereinbarkeit mit den EU-Gesetzen
GMVA-Geschäftsführerin Angela Sabac sieht Remmels Vorhaben noch aus einem anderem Punkt kritisch: „Man muss erst einmal schauen, ob es auch rechtlich hält“. Nicht nur das Kartellamt hatte bereits Bedenken geäußert, Sabac zieht auch die Vereinbarkeit mit dem EU-Wettbewerbsgesetz in Zweifel. Und die Debatte über Überkapazitäten hält sie nicht für zielführend: „Die Verbrennung von Gewerbeabfälle sorgt für eine bessere Auslastung der Anlagen“, was sich in der Folge auch positiv auf die Deckungsbeiträge bei den Hausmüllmengen auswirke.
Der neue Abfallwirtschaftplan soll ab 2016 in Kraft treten, die Regionen ohnehin erst ein Jahr später verbindlich werden. Obwohl der Plan auch ohne politischen Beschluss in Kraft tritt, geht die Debatte im Landtag weiter. „Es gibt noch jede Menge Diskussionsbedarf“, sagt der Duisburger Abgeordnete Frank Börner (SPD). Er sitzt im zuständigen Umweltausschuss. „Die offenen Punkte müssen geklärt werden, gerade im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit der Anlagen in kommunaler Hand“, so Börner.