Duisburg. . Sie reparierten in Duisburg ein Schiff. Auf ihren Lohn warten die rumänischen Werftarbeiter seit Monaten. Sie sind die Leidtragenden in einem Streit.
Die rumänischen Arbeiter leben in Duisburg von nur fünf Euro am Tag. Der Geschäftsmann Gica Berdila, ebenfalls aus Rumänien, holte sie nach Meiderich, damit sie ein Schiff in der Neuen Triton Schiffswerft reparieren. Seit knapp einem halben Jahr warten sie aber schon auf ihren Lohn, haben monatelang umsonst malocht. Dass Berdila ihre Gehälter nicht bezahlt, schiebt er auf die Triton-Werft, die seine Rechnungen nicht begleicht. Er besitzt weitere Firmen, sei aber zu arm, um seine fünf Arbeiter zu entlohnen. Das Tagegeld gibt er ihnen, „damit sie nicht verhungern“.
Den Streit mit der Triton-Werft trägt Berdila auf dem Rücken seiner Männer aus. Als Subunternehmer hatte er, der Inhaber der Firma Razvan B.B. Construct, 2013 erfolgreich für Triton arbeiten lassen. Darauf folgte ein weiterer einjähriger Werkvertrag ab Februar 2014. Nun streitet er sich mit der Werft um rund 80 000 Euro. Werftchefin Petronella Jacobs zahle geleistete Arbeitsstunden nicht. Er hat sie wegen Abrechnungsbetrugs angezeigt; die Polizei ermittelt.
"Fantasierechnungen" vorgelegt
Jacobs widerspricht dem Vorwurf. Ihr Subunternehmer stelle „Fantasierechnungen“ aus. Sie kann einen Werkvertrag mit Berdila über eine Pauschale von 126 000 Euro vorlegen. Den Firmenstreit können nur noch ordentliche Gerichte klären.
Hilfe suchen die fünf rumänischen Arbeiter jetzt bei der IG Metall. Allerdings wagen sie nicht recht, gegen ihren Chef vorzugehen. Aber sie hoffen. „Wir wollen den Lohn für unsere Arbeit haben“, sagt Constantin Boşcodeală. „Wir haben kein Geld für Essen und können nicht zurück nach Rumänien.“ Das wollen sie alle – aber noch nicht sofort, nicht ohne ihr Geld. Denn sie schämen sich, mit leeren Händen zu ihren Familien zurückzukehren.
Subunternehmer wirft Triton-Werft Sicherheitsverstöße vor
Indes wettert Berdila gegen die Werft: Das Leben seiner Leute habe Triton gefährdet, seine Liste mutmaßlicher Sicherheitsverstöße ist lang. Sein Urteil: „Menschenunwürdig!“ Warum hat er seine Männer trotzdem dort arbeiten lassen? „Sonst hätte ich ja kein Geld bekommen.“
Werftinhaberin Jacobs verärgern diese Anschuldigungen: „Frechheit, Unverschämtheit, ich könnte platzen.“ Das Schiff, das die Rumänen reparieren sollten – ein Auftrag über rund zwei Millionen Euro – wurde nicht fristgerecht im Dezember fertig; noch immer liegt der Tanker in Meiderich.
Festangestellte Schiffsbauer haben Arbeiten übernommen
Berdila habe ihr teils unqualifizierte Arbeiter geschickt. Dass er seine Leute außerdem nicht bezahlt, macht Jacobs ebenfalls für diese Verzögerungen verantwortlich. Festangestellte Schiffsbauer haben die Reparaturarbeiten seit April übernommen, bald ist endlich Abnahme. Danach wird die letzte Rate des Werkvertrags an Berdila bezahlt: 17 500 Euro. Abzüglich einer Konventionalstrafe. Jacobs will zudem die Miete für die beiden Montagewohnungen abziehen, die die Rumänen immer noch bewohnen.
Für Constantin Boşcodeală und seine Kollegen ist es jedoch noch schlimmer gekommen: Gica Berdila zahlt inzwischen selbst das mickrige Tagegeld nicht mehr. Als Petronella Jacbobs hört, dass die Rumänen in Duisburg festsitzen, will sie helfen: „Ich gebe jedem 250 Euro, damit er nach Hause fahren kann.“ Natürlich ziehe sie das von der letzten Rate an ihren Subunternehmer ab.
Gewerkschaft rät von Heimreise ab
Dagegen rät die Gewerkschaft eindringlich von einer Heimreise ab. „Sie müssen solange hierblieben, bis sie ihr Geld haben“, sagt Alexandru Zidaru von der DGB-Beratungsstelle Arbeit und Leben NRW. „Sonst sehen sie das Geld nie.“ Derzeit fordert die IG Metall Duisburg die ausstehenden Löhne von beiden beteiligten Firmen ein. Zidaru: „Nach dem Mindestlohngesetz ist auch die Triton-Werft haftbar.“
Auf dem Rücken der Schwächsten
Dieter Lieske, Chef der Duisburger IG Metall, ist empört über den Fall an der Neuen Triton Schifsswerft in Meiderich. „Die rumänischen Arbeitnehmer sind die Schwächsten der Schwachen und kennen nicht einmal annähernd ihre Rechte in Deutschland oder unsere Sozialstandards.“ Die IG Metall werde kämpfen, bis sie ihren Lohn für die geleistete Arbeit bekommen, ob von ihrem rumänischen Arbeitgeber oder von der Triton-Werft.
„Die zweifelhafte Vergabe von Werkverträgen an Subunternehmer sind keine Einzelfälle. Sie treten bundesweit und branchenübergreifend auf“, sagt David Minert, Vize-Chef der DGB-Beratungsstelle Arbeit und Leben NRW. In diesen Beschäftigungsverhältnissen seien oft „erhebliche Defizite bei Arbeitsschutz und Arbeitszeit, Entlohnung und Unterkunft“ festzustellen.
Systematische Ausbeutung
Eine „systematische Ausbeutung von Arbeitskräften aus Mittel- und Osteuropa“ sei jedoch in der Metallindustrie noch nicht so gut dokumentiert wie etwa in der fleischverarbeitenden Industrie. „Es würde mich aber nicht überraschen, wenn wir, gerade in Branchen, deren Bedarf an Arbeitskraft je nach Saison und Auftragslage stark schwankt, von solchen Fällen in Zukunft noch häufiger hören.“
Für Duisburg sind die Probleme rund um die Triton-Werft allerdings der erste gravierende Fall.