Duisburg. Aktion von Eltern und Kindern führt zum Sitzungsabbruch im Duisburger Rathaus. Mütter und Väter klagen über Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung.
Als Dieter Lieske am Donnerstag gegen 15.15 Uhr bei der Ausschuss-Sitzung für Arbeit, Soziales und Gesundheit im Rathaus zum Mikrofon greift, da erlebt er ein Novum: „Die Sitzung wird vertagt, da kein ordnungsgemäßer Ablauf möglich ist“, gibt der Ausschuss-Vorsitzende zu Protokoll. So etwas habe er noch nicht erlebt, sagt er anschließend.
Und wohl auch noch nicht einen solchen Protest von Eltern gegen den seit rund drei Wochen andauernden Streik an den kommunalen Kindergärten, was zum vorzeitigen Ende der Sitzung führt. Denn gegen die lautstarken Proteste, Schreie und Pfiffe der rund 70 Kinder und Eltern von den Zuschauerrängen kommt Lieske nicht an.
„Schwer für Eltern ohne Familie hier“
Damit hat Helena Ossow, die die Aktion mit Elternaufrufen organisiert hat, ein Ziel erreicht: eine breite Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu schaffen, dass der Kita-Streik möglichst bald zu Ende geht. „Die Beteiligten sollen sich ein Beispiel an der Bahn nehmen und miteinander verhandeln“, meint sie. Mittlerweile sei das Verständnis von Kollegen und Chefs für berufstätige Eltern erschöpft, wenn diese sich für die Kinderbetreuung immer frei nehmen müssten. Ossow: „Das ist auch ein finanzielles Risiko.“
Getroffen hatten sich Kinder und Eltern vor dem Rathaus – auch Erzieher und Erzieherinnen hatten sich eingefunden, um für Verständnis für ihre Sache zu werben. Auf Schildern der Eltern und Kinder steht: „Kita auf sofort“, „Kommt endlich zu Potte“ oder „Ich vermisse meine Freunde“. Um 15 Uhr macht sich der Tross dann in die Ausschuss-Sitzung auf.
Zwischendurch zu den Eltern bringen
Kita-Beiträge zurückzahlen
In manchen Ruhrgebietsstädten wie Gladbeck oder Oberhausen sollen Eltern ihre Kita-Beiträge für die Dauer des Streiks zurückerhalten. In Duisburg gibt es dazu auch Überlegungen: Die Fraktionen der SPD und der FDP fordern nun eine Entschädigung für die Eltern.
So sagte die jugendpolitische Sprecherin der SPD-Ratsfraktion, Ellen Pflug: „Wir wünschen uns, dass hier im Sinne der Eltern entschieden wird. Die Stadt sollte das Gespräch mit der Kommunalaufsicht suchen und ihr die Problematik noch einmal deutlich vor Augen führen.“ Ihrer Einschätzung nach stehe einer Erstattung der Kita-Beiträge nichts im Wege, „sobald der städtische Haushalt von der Bezirksregierung genehmigt wurde“.
Auch die FDP teilte mit, der Rat der Stadt solle beschließen, „denjenigen Eltern, deren Kinder aufgrund des Streiks der Erzieherinnen nicht in den städtischen Kindertagesstätten betreut werden können, die Elternbeiträge für die Tage, an denen eine Betreuung streikbedingt nicht möglich ist, aus Fairnessgründen und auf freiwilliger Basis zu erstatten.“
Auch Vanessa Kruber ist mit ihrem Sohn Lennox dabei. Er besucht die Kita an der Obermarxloher Straße. Beziehungsweise wohl nicht mehr, denn er ist als „Maxi-Kind“ im letzten Kindergartenjahr. Sollten die Erzieher und Erzieherinnen wie angekündigt bis zu den Sommerferien streiken, hätte Lennox dann vor drei Wochen seinen letzten Tag in der Kita gehabt. Seine Mutter verweist auch auf die Probleme bei der Kinderbetreuung für viele Eltern – trotz einiger Kita-Notgruppen, die es in Duisburg gibt. „Bei mir geht es noch mit der Betreuung, aber andere Eltern verlieren ihren Job, wenn sie sich frei nehmen müssen“, so Vanessa Kruber.
Und eine andere Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte, wirft ein: „Ich kann mein Kind zwischendurch zu meinen Eltern bringen. Aber auch nicht immer. Dann muss ich mir bei der Arbeit frei nehmen – oder mich krank melden, anders geht’s nicht.“
Link bot Gespräch an
Auch Saskia Thomas ist sauer. „Der Streik ist ganz schwer für Eltern, die hier keine Familie haben. Ich arbeite bei meinem Mann mit und muss jetzt immer meinen Sohn Silas mitnehmen, was nicht einfach ist“, sagt sie. Als besonders schlimm empfindet sie, dass ihr Sohn als Maxi-Kind nun wohl keine „Highlights“ wie Sommerparty oder Abschiedsfest erleben kann.
Mit dem Donnerstag ist der Protest aber noch nicht vorbei: Vor der Sitzung hatte Oberbürgermeister Sören Link angeboten, Montagmittag mit einer Elterndelegation zu sprechen. Am Donnerstag war er im Urlaub.