Duisburg. . Konzern in der Krise: Millionen-Hilfe der Stadt nötig. Im Gegenzug will DVV-Boss Wittig weiteres Sparpaket umsetzen: Umbau betrifft 620 Mitarbeiter.
Bei solch einer Summe, bekannte OB Sören Link am Mittwoch, habe er „auch erst einmal schlucken müssen“: Mit einer saftigen Finanzspritze von stolzen 200 Millionen Euro will die Stadt ihrer größten Tochtergesellschaft unter die Arme greifen. „Damit versetzen wir die DVV in die Lage bis 2019 wieder in die Gewinnzone zurückzukehren“, sagte Link, der zugleich DVV-Aufsichtsratsvorsitzender ist.
Das Problem: Seit Mitte 2012 schmälert die Energiewende die Stadtwerke-Gewinne, die den Verlust bei der Verkehrsgesellschaft DVG nicht annähernd mehr decken können. 2014 steht bei dem DVV-Dachkonzern noch ein Minus von 4,7 Mio Euro unter dem Strich, in den kommenden Jahren könnten es bis zu 30 Mio Euro werden.
Gewinne bei Energieversorgern brechen ein
„Die Probleme sind nicht hausgemacht“, so Link, auch bei anderen Stadtwerken und großen Energieversorgern brechen würden ein Drittel der Gewinne wegbrechen. Die Stadt wird die Summe als Investitionskredit aufnehmen, muss im laufenden Haushalt dann nur die Zinsen unterbringen. Laut Link gehe es um einen einstelligen Millionenbetrag. „Schnellstmöglich“ sollen Zins und Tilgung des Kredits dann aber durch die Rendite der DVV gedeckt werden.
Derzeit prüft die Kämmerei die rechtlichen Voraussetzungen, neben dem Rat muss auch die Bezirksregierung noch zustimmen.
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Die wenig sinnvolle Alternative: Die Stadt fängt in den kommenden Jahren die DVV-Verluste auf, muss diese dann aber im Haushalt vollständig gegenfinanzieren. Die DVV nutzt die Eigenkapital- Erhöhung für Investitionen und zum Verlustausgleich.
DVV soll ausgebaut werden
Im Gegenzug zur Finanzspritze will DVV-Boss Marcus Wittig den Konzern wie angekündigt in den kommenden drei Jahren weiter umbauen. Ein Paket mit 80 einzelnen Maßnahmen soll Einsparungen und zusätzliche Erlöse von 45 Millionen Euro bringen. Das Paket soll der Aufsichtsrat am 23. April beschließen.
Wie berichtet wird unter anderem das Kohlekraftwerk in Hochfeld Ende 2017 stillgelegt, die Werkstatt für den Fuhrpark aufgegeben, das Eintreiben von offenen Rechnungen an externe Anbieter vergeben, womöglich sogar der gesamte Abrechnungsbereich. Bei der DVG werden die „schwarzen Sheriffs“ eingespart, das Kundencenter Marxloh geschlossen.
Betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen
Das hat Folgen für die Mitarbeiter: Konzernweit werde man 624 Mitarbeiter „bewegen“ müssen, wie es Wittig formuliert: Ihnen soll ein anderer Arbeitsplatz angeboten werden, im Konzern oder auch extern, für rentennahe Jahrgänge böte sich die Altersteilzeit an. „Betriebsbedingte Kündigungen sind das letzte Mittel“, sagte der DVV-Boss, schloss diese aber auch nicht aus: „Es hängt vor allem von der Bereitschaft der Mitarbeiter ab.“ Womöglich könne man auch nicht jedem ein Angebot machen.
Es ist das zweite Sparpaket, das Wittig der DVV innerhalb von wenigen Jahren verordnet: Mit dem Programm „Repower“ hatte sich der Konzern bereits seit 2012 nachhaltig um 30 Millionen Euro verschlankt, dabei 100 Stellen über Altersteilzeit abgebaut. Auch damals half die Stadt aus, pumpte 20 Millionen Euro in die Restrukturierung.
Den Repower-Effekt hätten die Entwicklungen bei der Stromerzeugung und beim Nahverkehr jedoch schon wieder zunichte gemacht, erklärte Wittig. Bis 2019 drohen der DVV nach eigenen Berechnungen Verluste von 30 Millionen Euro pro Jahr. Solche Summen kann auch die Stadt nicht ausgleichen, daher sei der Umbau „alternativlos“, so Wittig. Ab 2019 will er mit der DVV dann ein positives Ergebnis erreichen: „Das entlastet auch den Haushalt der Stadt.“
Da muss nicht nur der OB schlucken - Ein Kommentar von Ingo Blazejewski
Dass die Stadtwerke bei der Lage auf dem Energiemarkt vor drastischen Veränderungen stehen, kommt nicht überraschend. Wohl aber die Höhe der Millionensumme, die die Stadt dafür locker macht. Da wird nicht nur der OB schlucken müssen. Zum Vergleich: Die Investitionskredite der Stadt liegen für 2015 bei gerade einmal 18 Mio Euro, insgesamt bei rund 400 Mio Euro. Jetzt kommt die Hälfte allein für die DVV hinzu. Das zeigt die Tragweite dieses Schritts.
Trotz der Millionen-Hilfe werden Jobs wegfallen, vor allem bei den Stadtwerken. Dass der Betriebsrat dabei weitgehend mitzieht, zeigt den Ernst der Lage — und wohl auch der Alternativlosigkeit.