Duisburg. Die Fotografin Susan Feind hat sich Hennen angeschafft und hält sie im Hinterhof. Für ihre Porträt-Serie hat sie sogar einen Preis gewonnen.
Drei Jahre lang hat Susan Feind den Abriss der Mercatorhalle fotografisch begleitet. Sie hat schwarze Löcher gestrickt, hinter denen sich Menschen verstecken können, Distanz zu ihrer Umwelt aufbauen und trotzdem alles mitbekommen. „Mich interessieren Räume und Wirkung. Menschen eher nicht. Die meisten wollen auf Bilder gut aussehen.“ Nun hat die Hochfelderin neue Foto-Objekte gefunden. Die Künstlerin, die in einem Atelier an der Goldstraße arbeitet, hat sich Hühner angeschafft. „Ich wollte testen, wie viel Raum ein Huhn braucht“, erklärt sie, und sieht die Tiere als konsequente Fortsetzung ihrer künstlerischen Linie.
Sie baute ein Gehege im Hinterhof des Atelierhauses, funktionierte einen Kaninchenstall um, informierte sich beim Rassegeflügelzuchtverein Essen-Burgaltendorf, welche Rassen sich eignen. „Ich brauchte Tiere, die nicht viel flattern und nicht so viel Platz brauchen.“ Sie entschied sich für Chabo-, Seiden- und Seramahühner. Die sind relativ klein. Auf einen Hahn verzichtete Susan Feind bewusst – sie wollte die Nachbarn im Dellviertel morgens nicht zu sehr strapazieren. Fünf Quadratmeter misst das Zuhause des Federvieh. An dem kleinen Zaun steht: „Die Hühner sind Kunst. Bitte nicht füttern oder fotografieren.“
Die ersten 350 Eier hat die Kommunikationsdesignerin abgelichtet, und als Duo für fünf Euro verkauft. „Die Leute sollten ihr Frühstücksei wieder genießen und nicht so einfach konsumieren.“ Die wertvollen Ovale gingen richtig gut weg. Die restlichen verzehrt sie nun selbst oder verschenkt sie. „Ich hab’ allerdings noch nicht festgestellt, dass eigene Eier anders schmecken als die im Supermarkt“, gibt sie zu. Im Schnitt legt eine ihrer Hennen 160 Eier pro Jahr. Zum Vergleich: Bei den Artgenossen in Legebatterien sind es doppelt so viele. Dafür bekommen die Tiere nicht nur Körner, sondern auch Gurke als Luxusfutter. „Die Züchter vom Verein belächeln mich ein bisschen. In ihren Augen verhätschel’ ich die Tiere.“ Mit einem Huhn übt Susan Feind sogar das Flattern.
Projekt wird sie begleiten
Natürlich haben ihre Kunstobjekte Namen. Sie heißen etwa „Vorzüglich“, „Unglaublich“ oder einfach „Kunst“. Die Hennen stehen ihr regelmäßig Modell. Sie posieren aufgeplustert, majestätisch, manchmal sehen sie etwas zerrupft aus. „So würde natürlich niemand seine Tiere fotografieren, der schöne Fotos haben möchte. Aber das sind eben nicht meine Haustiere.“ Trotzdem hat sie schon Anfragen bekommen, ob sie nicht auch andere Vögel fotografieren möchte. „Da macht man jahrelang tolle Kunstprojekte, aber für diese Arbeiten bekomme ich die meiste Aufmerksamkeit.“ Sogar den Bildsprachenpreis vom „Pixel-Projekt“ hat sie für die Fotoserie gewonnen. Und Bekannte überlegen nun ernsthaft, ob sie sich nicht auch ein paar Hühner anschaffen wollen. Die 45-Jährige sieht sich bestätigt: „Man braucht nicht viel, um Hühner zu halten – und jedes Ei, das nicht aus Legebatterien stammt, ist gut.“
Auch wenn sich Susan Feind demnächst wieder einem anderen Thema widmen möchte – die Hühner werden sie begleiten, solange sie leben. In den Topf kommt die Kunst garantiert nicht.
Glückselikeit für 65 Cent am Tag
Rund 65 Cent kostet ein Huhn pro Tag – das hat Susan Feind ausgerechnet. Darin enthalten sind sämtliche Kosten, etwa das Geld für Futter, Tierarztkosten, Rücklagen für die Erneuerung der Ställe.
Im Rahmen ihrer Ausstellungen verkauft sie „Glückseligkeitsanteilsscheine“ für eben jene 65 Cent. Wahlweise kann man einen Tag im Leben von „Vorzüglich“ oder „Unglaublich“ finanzieren. „Einer hat sogar einen ganzen Monat gekauft. Die beiden sind jetzt für einen Monat durchgefüttert“, freut sich Susan Feind über den Erfolg. Nähere Infos im Netz: www.gensheimerfeind.de.