Duisburg. Ehemaliger OVG-Richter stellt Zuständigkeit des Duisburger Bauamts in Frage. Auch sieht der Baurechtsexperte die Polizei in größerer Verantwortung.

Ein neues, 139 Seiten starkes Gutachten zur Loveparade-Tragödie droht die Entscheidung über einen Prozess noch weiter zu verschieben. Wie der Wuppertaler Anwalt Michael Kaps auf Nachfrage bestätigte, hat er es eingereicht und gleichzeitig beantragt, dass das Verfahren gegen seinen Mandanten gar nicht erst eröffnet wird. Kaps vertritt einen Angestellten des Bauamts der Duisburger Stadtverwaltung.

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Angeklagt sind sechs Mitarbeiter der Verwaltung und vier des Veranstalters Lopavent. Die frische Expertise stammt von Bernd Schulte, bis zu seiner Pensionierung Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen und Mitverfasser mehrerer Fachbücher zum Bauverwaltungsrecht.

Bauamt sei gar nicht für die Wege und die Rampe zuständig gewesen

Für Kaps ist nach dem Gutachten klar, dass Mitarbeiter des Bauamts schon deshalb nicht auf die Anklagebank gehörten, weil die Nutzungsänderung, die sie genehmigt hatten, sich laut Schulte nur auf das Festgelände am Kopf der Rampe bezog. Dort habe man wegen der Nähe zur Autobahn einen Zaun bauen müssen. „Die Staatsanwaltschaft“, so Kaps, „hebt in ihrer Anklage auf mangelnde Sicherheitsvorkehrungen bei den Zu- und Abwegen zum Gelände ab, für dieses Stück ist aber nicht das Bauamt verantwortlich.“ Eine Verantwortung der Mitarbeiter für das Gedränge mit 21 Todesfällen vor fast fünf Jahren scheidet damit nach Auffassung von Kaps aus.

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Von Felix Laurenz, Peter Sieben

Zwar ist unter den Angeklagten kein Polizist, aber Schultes Gutachten sieht bei der Polizei dennoch eine größere Verantwortung als die Staatsanwaltschaft ihr beimisst. Diese sei „bei Auftreten konkreter Gefahren (...) zuständig“ gewesen.

Still-Gutachten sei "voll mit falschen Zahlen und Rechtsgrundlagen"

Das Landgericht wartet derzeit zudem immer noch auf die Beantwortung von 75 Fragen, die es dem britischen Panikforscher Keith Still zu dessen Gutachten gestellt hat. Es hat für die Ankläger fundamentale Bedeutung, für Verteidiger Michael Kaps ist es „Unfug, voll mit falschen Zahlen und mit falschen Rechtsgrundlagen“.