Duisburg. . Wegen eines langwierigen Streits um Investitionen und Betriebskosten droht die Selbstständigkeit von Mursin Kaya als Bausachverständiger zu scheitern.

Selbstständigkeit kann ein Weg sein, der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Mursin Kaya hat das mit Hilfe des Jobcenters als Bausachverständiger versucht. Doch gerade als er die schwierige Anlaufphase überstanden glaubte, gab’s kein Geld mehr von der Behörde.

Wegen Meinungsverschiedenheiten über Anerkennung von Ausgaben stellte sie nach neun Monaten im April 2014 ihre Unterstützung ein – der Rheinhauser steht deshalb vor dem beruflichen Aus. „Und das gerade jetzt, als mein Geschäft zu laufen begann“, bedauert der 37-Jährige.

Holpriger Start in der Selbstständigkeit

Architektur hat Mursin Kaya studiert bis 2008, doch danach keinen festen Job gefunden. „Ich konnte immer nur sehr kurz arbeiten, für den Bezug von Arbeitslosengeld hat es nie gereicht“, berichtet er. Das Angebot des Jobcenters, sich zum Bausachverständigen weiterzubilden, habe er deshalb gern akzeptiert. Er kennt sich aus in der Branche, nach der Schule hatte er eine Ausbildung zum Stahlbetonbauer bei Holzmann gemacht. Vier Monate dauerte die Ausbildung im „Hochschul-Team“ für arbeitslose Akademiker, vom Jobcenter finanziert. „Das hat rund 12 000 Euro gekostet“, schätzt der Rheinhauser.

Im Juni 2013 machte er sich selbstständig in einer Krefelder Bürogemeinschaft mit anderen Akademikern. Das Jobcenter sagte weitere Unterstützung zu, ohne zeitliche Befristung, wie Kaya sagt. Der Start sollte sich als schwierig erweisen. Die ersten Monate verliefen mit Werbung in eigener Sache, sich bekannt zu machen. Die 750 Euro, die ihm die Behörde gezahlt habe für Miete, Krankenkasse und Lebensunterhalt habe er durch Einkünfte aus Aufträgen nicht verdienen können.

Schwebendes Verfahren

Beim Duisburger Jobcenter hat die WAZ angefragt, warum eine Verständigung über die Frage, welche Ausgaben abgerechnet werden können, nicht beizeiten möglich war.

Zu einem schwebenden Verfahren werde man sich nicht äußern, so eine Sprecherin. Gewinnmindernde Ausgaben würde aber von Steuer- und Sozialrecht anders bewertet.

Warten auf die Justiz

Nach acht Monaten habe er Hoffnung geschöpft. „Die ersten Aufträge kamen, nachdem ich mich dem Sachverständigen-Verband ‘Bauexperts’ angeschlossen hatte.“ Für ihn unvermittelt habe allerdings dann das Jobcenter seine Zahlung eingestellt. Mietrückstände seien zunächst als Begründung angeführt worden, sein Widerspruch samt Beleg über die Mietzahlung ohne Erfolg geblieben. Ständig habe er mit wechselnden Sachbearbeitern zu tun gehabt, beklagt Mursin Kaya, das habe eine Verständigung erschwert. Sein Eindruck: „Die arbeiten eher gegen mich, als für mich. Dabei wollen sie mich doch loswerden.“

Die Folgen: Das Büro musste er kündigen, zusätzlich hat er Probleme, einen kfw-Kredit über 12 000 Euro zu bedienen, den er für notwendige Geräte aufnehmen musste. Bei dieser Art von Ausgabe vermutet sein Anwalt Mike Marcinowski die Wurzel der Meinungsverschiedenheiten. „Es geht um Investitionen und Betriebskosten“, erklärt der Jurist. Einen Teil der Ausgaben erkennt das Jobcenter nicht an.“ Die Grundlage, eine einstweilige Anordnung beim Sozialgericht zu erwirken, gebe es nicht, erklärt Marcinowski. So mahlen nun die Mühlen der Justiz: Mursin Kaya wartet auf die Entscheidung über sein Widerspruchsverfahren, das der Anwalt im vergangenen August angestrengt hat und die Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter, die er im Januar eingereicht hat.