Duisburg. Nach vier Meniskus-Operationen empfehlen Ärzte Sarah-Jane Roberts eine Transplantation. Doch ihre Krankenkasse, die Novitas BKK, will 4000 Euro Zusatzkosten nicht übernehmen.

Erst 24 Jahre jung ist Sarah-Jane Roberts, doch ihre Leidensgeschichte gleicht der eines Fußballers nach einer langen Profikarriere. Nach vier erfolglosen Knieoperationen raten Mediziner zur einer Meniskus-Transplantation. Die könnte zumindest die Arbeitsfähigkeit der gelernten Lageristin wiederherstellen. Doch ihre Krankenkasse, die BKK Novitas, lehnt die Übernahme der zusätzlichen Kosten in Höhe von rund 4000 Euro ab. Als einzige Alternative bliebe der jungen Meidericherin eine künstliche Knieprothese.

Es handele sich bei Meniskus-Transplantation „um eine neue Behandlungsmethode“, die zudem nicht durch den Leistungskatalog der Kasse gedeckt sei, argumentiert der medizinische Dienst (MDK) der Kasse. Der Nutzen sei „wissenschaftlich nicht gesichert“, so eine BKK-Sprecherin. „Bis heute fehlen hierzu aussagekräftige, kontrollierte klinische Studien“, so eine Sprecherin der Krankenkasse. Die BKK müsse sich „an Regeln halten, die für alle Versicherten gelten“. Die Abrechnung dieses Eingriffs sei aber durch das DRG-System (diagnosebezogene Fallpauschalen) nicht abgedeckt.

Empfehlungen mehrerer Fachmediziner

Von Empfehlungen mehrerer Fachmediziner lässt sich die BKK Novitas dabei nicht beeindrucken: Die Chirurgen des Marienkrankenhauses Kaiserswerth, dort wurde Sarah-Jane Roberts im Mai 2014 letztmalig operiert, empfehlen die „allogene Meniskus-Transplantation“.

Auch Orthopäden der Uni-Klinik Essen – dort stellte sich die Meidericherin vor, um ihren Widerspruch gegen die Ablehnung der BKK mit einer weiteren medizinischen Expertise zu stützen – bestätigte, dass die Implantation eines Spendermeniskus „sinnvoll und geboten“ sei. Man wolle der Patientin „natürlich helfen“, hält dem die BKK Novitas entgegen, „wir müssen aber auch die Risiken eines solchen Eingriffs bedenken“. Deshalb werde ein künstliches Kniegelenk „wohl die einzige Lösung sein“.

BGU-Sporttraumatologe: „Etabliertes Verfahren“

Ein ausgewiesener Fachmann für Meniskus-Verletzungen ist Dr. Christian Schoepp, Leiter der Sektion Arthroskopische Chirurgie und Sporttraumalogie an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Buchholz (BGU) und Mannschaftsarzt der MSV-Fußballer. Bei ihm wird sich Sarah-Jane Robert in der Hoffnung auf eine Lösung noch in dieser Woche vorstellen.

Die Implantation eines Kunst- oder Spender-Meniskus bei ansonsten kniegesunden Patieten bezeichnet er als „etabliertes Verfahren“. Schoepp: „Das ist keine experimentelle Chirurgie.“ Spezialisiert auf die Durchführung seien allerdings nur wenige Kliniken in Deutschland, erklärt er auf WAZ-Nachfrage. Die BGU verweise Patienten dazu nach Koblenz oder Heidelberg.

Davor fürchtet sich aber die 24-Jährige. Die Krankengeschichte der bis dahin begeisterten Gardetänzerin von Gelb-Schwarz Kasslerfeld beginnt 2005 mit einer OP an der Patellasehne, die Probleme mit der Kniescheibe beheben sollte. „Das Knie blieb aber instabil, ich hatte keinen Halt“, berichtet sie. Zwei weitere Operationen und eine MRT-Untersuchung später erfolgte im Januar 2014 die niederschmetternde Diagnose: irreparabler Meniskusschaden und beginnende Arthrose.

Zeitvertrag wurde nicht verlängert

Ihre Arbeit hat die Meidericherin, die seither krankgeschrieben ist verloren. Bei WM Logistiks im Freihafen hat sie Pakete sortiert, ihr Zeitvertrag, der im April auslief, wurde nicht verlängert. Gern würde sie in ihrem Beruf wieder arbeiten. „Aber um bis zu 30 Kilo schwere Pakete zu heben, brauche ich mein Knie“, sagt sie. Ihre Hoffnung ist, dass die Novitas einlenkt. „Ich möchte noch kein künstliches Knie“, sagt Sarah-Jane Roberts.