Wie es kommt, dass so viele Fußballer O-Beine haben, beschäftigt anlässlich der WM auch Dr. Carsten Raab, Chefarzt der Abteilung für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie am Helios-Klinikum Duisburg. Ob Gerd Müller, Paul Breitner oder Willi „Ente“ Lippens – sie alle hatten mehr oder weniger krumme Beine in ausgeprägter O-Form. Und auch heute tummeln sich eine Menge Profis mit der speziellen Beinfreiheit auf den Fußballplätzen. Sie lädt aber nicht nur den Gegner zum Tunneln ein, sondern ist rein medizinisch gesehen eine echte Fehlstellung – und manchmal bereitet sie ziemliche Probleme.

Vor allem unter 18-Jährige betroffen

„Die Form der Beine weicht dabei von der normalen Achse ab. Das belastet besonders das Knie und die äußeren Bänder“, erklärt Raab. Dabei hat fast jeder zu Beginn seines Lebens O-Beine. Säuglinge gewinnen so bei ersten Gehversuchen mehr Stabilität, während Kleinkinder später eher mit gelenkigen X-Beinen durchs Leben schreiten. Bei den meisten wachsen sich die Stellungen im Verlauf der Kindheit aus.

Über den genauen Zusammenhang von O-Beinen und gutem Fußball gibt es noch nicht allzu viele Untersuchungen, dennoch haben vereinzelte Studien nachgewiesen, dass besonders junge Fußballer unter 18 Jahren und Amateure betroffen sind. „Ob die O-Beine nun eine Folge des Fußballspielens sind oder Menschen mit O-Beinen besser Fußball spielen können und somit eher am Ball bleiben, ist allerdings noch nicht abschließend geklärt“, ergänzt Raab. Theorien gibt es dennoch: Fußballer belasten ihre Beinmuskulatur auf extreme Weise, und das nicht immer gleichmäßig. Dabei werden vor allem die sogenannten Adduktoren – die Muskulatur an der Innenseite der Oberschenkel – in Anspruch genommen. Sie verbinden Becken und Schenkel und ziehen das Spielbein zur Körpermitte, etwa beim Schusstraining. Da die meisten Fußballer überwiegend mit der Innenseite des Fußes schießen, sind die Adduktoren permanent im Einsatz, der Muskeltonus wird erhöht und es kann zu Verkürzungen kommen. Besonderes bei Jugendlichen kann das ein verlangsamtes Längenwachstum an der Beininnenseite zur Folge haben – die Hauptursache für O-Beine. Doch auch genetische Einflüsse spielen eine Rolle.

Die Fußballkünste der Spieler werden von krummen Beinen in der Regel nicht beeinflusst, für die Gelenke aber ist die dauerhafte Fehlbelastung ein Gräuel. Im schlimmsten Fall droht viel zu früher Verschleiß. Deshalb rät der Orthopäde: „Schon junge Fußballer sollten ausgleichend trainieren. Das heißt: Auch die Gegenspieler der Adduktoren, die sogenannten Abduktoren an der Beinaußenseite, müssen gefordert werden. Gleichgewichtsübungen und intensives Dehnen vor und nach dem Sport unterstützen Knochen und Gelenke.“