Duisburg. Duisburgs Schulverwaltung will die Unterrichtsbegleitung von Kindern mit Förderbedarf neu ordnen. Hintergrund ist die Auflösung von Förderschulen.

Kinder mit Behinderungen haben – abhängig vom Grad ihrer Einschränkung – bei der Teilnahme am Schulunterricht Anspruch auf einen Inklusionshelfer. Diese Begleiter, rund 350 in Duisburg, werden gestellt von etwa 20 unterschiedlichen Trägern. Mit Blick auf die Auflösung von ersten Förderschulen und dem verstärkten gemeinsamen Besuch von Regelschulen will die Stadt die Unterrichtsbegleitung neu ordnen. Eine schwierige Diskussion: Es geht um die künftige Qualität des Unterrichts, die Qualifikation der Begleiter und nicht zuletzt auch um viel Geld. Derzeit kostet der Einsatz der ­„I-Helfer“ die Stadt und 10 Millionen Euro pro Jahr.

Bei öffentlichen Diskussionen zur Inklusion warf Thomas Krützberg den Stein ins Wasser, der nun Wellen schlägt: „Wir wollen nicht, dass künftig mehr Helfer als Schüler in der Klasse sitzen“, so der Dezernent für Jugend und Bildung, „wir wollen ab Beginn des zweiten Quartals mit den Trägern über das Verfahren sprechen“. Der Einsatz der Helfer, so Krützberg weiter, „ist ein Markt, der bedient werden will.“ Die Qualifikation reiche dabei von Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahrs (FSJ) bis zum ausgebildeten Sozialarbeiter. Sein Ziel sei eine „Poolbildung“ für die Helfer, so Thomas Krützberg, ohne diesen Vorschlag zu konkretisieren.

"Dauerhafte Anstellungen sind schwierig"

Rund 125 Inklusionshelfer sind beim Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung (VKM) beschäftigt. Eine bunte Gruppe, erklärt Rita Watermeier, im Verein zuständig für die Schulintegration. Frauen, die nach der Kindererziehung wieder arbeiten möchten, Studenten, Alltagsbegleiter und Erziehungsassistenzen, die von der Agentur für Arbeit qualifiziert wurden. Sie alle arbeiten in „Midi-Jobs“ mit steuerbegünstigten Gleitzonen-Verträgen. „Dauerhafte Anstellungen sind sehr schwierig, wir können nur Jahresverträge anbieten, weil wir den Bedarf nicht kennen“, bedauert Anette Käbe.

Das System auf neue Beine stellen

Das werden schwierige Verhandlungen. Es gilt, die Beziehungen zwischen den Trägern der Inklusionsbegleitung, die ihr Stück vom Kuchen verteidigen wollen, und der Stadt, die um die Begrenzung ihres immer weiter ausufernden Jugendhilfeetats ringt, neu zu regeln. Gleichzeitig muss die Schulverwaltung mit Hochdruck eine Schule für alle planen, für die sie mit dem Land um Lehrerstellen und Kosten für Weiterbildung ringen muss.

Dabei scheint es geboten, das System, das derzeit für alle Beteiligten unbefriedigend ist, auf neue Beine zu stellen. Damit einhergehen muss wohl eine Professionalisierung der Schulbegleitung, auf die ein gesetzlicher Anspruch der Eltern bestehen bleibt. Trotz all dieser Zwänge ein taugliches System zu schaffen, das ist die Kunst. Es sollte nicht nur den Kindern mit Förderbedarf, sondern allen gerecht werden. Martin Ahlers

„Natürlich müssen wir eine Diskussion über Qualität führen“, sagen beide, „aber das ist nicht zuletzt eine Frage der Bezahlung“. Derzeit vergüte die Stadt 20 Euro pro Stunde. Der Verwaltung müsse klar sein, dass sich an die Auflösung der Förderschulen mit den Schwerpunkten Lernen sowie Soziale und emotionale Entwicklung) viele Fragen knüpften für den Unterricht in den Regelschulen. „Da kommen Schüler, die sehr schwierig sind“, so Rita Watermeier, die selbst 25 Jahre lang im Schuldienst tätig war. „Alle in eine Klasse, das wird nicht gehen“, glaubt sie. Um die Qualität des Unterrichts auch für die Kinder ohne Förderbedarf zu sichern, brauche es Konzepte, sagt Watermeier: „Man müsste einen Hilfeplan machen.“ Eine Inklusionsbegleiter mit professioneller Ausbildung, glaubt sie, „könnte dann vielleicht auch drei oder vier Kinder betreuen und die regelmäßigen Berichte verfassen, die vom Kostenträger erwartet werden.“

VKM kritisiert das komplizierte Antragsverfahren 

Das Verfahren für die Genehmigung der Begleitung für ihre Kinder sei für Eltern ein alljährlicher Hürdenlauf, kritisiert der VKM. Anträge müssten beim Amt für Jugend und für Soziales und Wohnen gestellt werden, zusätzlich alljährliche Gutachten und Arztberichte selbst für Schwerstbehinderte. „Warum stellt man da nicht die Bewilligung bis zum Ende der Schullaufbahn aus?“, fragt Anette Käbe.

Gleichzeitig führe das derzeitige Verfahren zu großer Verunsicherung: Weil die Genehmigung nicht rechtzeitig vorliegt, weil ungewiss ist, ob der vertraute Begleiter auch erhalten bleibt. „Die Bedeutung der Inklusionshelfer wird unterschätzt“, sagt Rita Watermeier vom VKM. „Besonders bei Schülern, die sich nicht selbst mitteilen können, sind sie nicht nur Mittler zwischen Schule, Kind und Eltern, sondern auch Kontakt- und Vertrauensperson.“ Die Begleiter selbst müssten sich neben ihrer Aufgabe dabei auf völlig gegensätzliche Erwartungen in diesem Dreiecksverhältnis einstellen.