Duisburg. Die Angeklagte hatte Angst, Hilfe zu rufen. Stattdessen legten sie und ihre Schwester einen Mann mit einer Überdosis Drogen auf die Straße. Er starb.

Vor dem Landgericht wurde am Freitag der Prozess gegen eine 39-jährige Hombergerin fortgesetzt. Am 2. Januar 2014 hatte ein 57-jähriger Mann in ihrer Wohnung eine Überdosis genommen. Die Angeklagte verhinderte, dass Hilfe geholt wurde. Stattdessen war der Mann auf der Straße abgelegt worden.

Genau das gab die 39-Jährige am Freitag auch zu: Als ihre Schwester, die Freundin des 57-Jährigen, einen Krankenwagen rufen wollte, habe sie sie angeschrien: „Du bis ja wohl bescheuert. Wenn Rettung und Polizei kommen, gehen wir alle in den Knast.“ Sie habe panische Angst gehabt und deshalb falsch reagiert, so die Angeklagte. „Ich hatte Angst, weil ich noch unter Bewährung stand und Angst um meinen Freund, der die Spritzen gesetzt hatte.“

Zuckend zusammengebrochen

„Es tut mir Leid, was da passiert ist, und dass der Mann jetzt tot ist“, beteuerte die 39-Jährige. „Sie können sich nicht vorstellen, wie schrecklich das ist: Man feiert und hat Spaß, und dann bricht auf einmal jemand zuckend zusammen.“ Mühsam hielt sie die Tränen zurück.

„Es war das erste Mal, dass ich jemanden vor meinen Augen sterben sah.“ Die Angeklagte bestreitet allerdings, ihrer Schwester das Handy aus der Hand geschlagen zu haben, als die Hilfe rufen wollte. Und sie habe auch nicht die Wohnungstür abgeschlossen. „Das geht gar nicht, weil mein Türschloss defekt ist.“

Verständigung protokolliert

Vor der Einlassung der Angeklagten hatten die Verfahrensbeteiligten eine Verständigung protokolliert: Danach droht der 39-Jährigen bei glaubhaftem Geständnis nur noch eine Strafe von drei bis vier Jahren.

Ein Gerichtsmediziner machte noch einmal deutlich, wieso der Tod des 57-Jährigen der Angeklagten nicht angelastet werden kann und nur versuchter Mord angeklagt ist: Der Mann sei unzweifelhaft an einer hohen Drogendosis gestorben, die – wie bei Überdosen üblich – einen Atemstillstand ausgelöst habe. „Die Drogen wirken auf die Teile des Gehirns, über die auch die Atmung gesteuert wird. Der Körper vergisst zu atmen.“

Urteil am nächsten Mittwoch erwartet

Die Rettungskräfte hätten, als sie am Tattag schließlich doch noch alarmiert wurden, eine Zeitspanne benötigt, die der 57-Jährige möglicherweise ohnehin nicht überlebt hätte. Selbst der sofortige Notruf hätte ihn also nicht zwangsläufig gerettet.

Mit einem Urteil wird für kommenden Mittwoch gerechnet.