Ruhrgebiet. Im Interview warnte der Chef der Polizeigewerkschaft vor kriminellen Jugendbanden. Jetzt legt er nach und erklärt, welche Viertel betroffen sind.

Das Bild, das Arnold Plickert malt, ist düster: Jugendbanden, die ganze Stadtviertel kontrollieren und Polizisten deutlich machen: Hier haben wir das Sagen, hier gilt kein deutsches Recht. "Verhältnisse wie in Berlin-Kreuzberg" seien das, sagte der Chef der Polizeigewerkschaft NRW im Interview mit unserer Redaktion.

Jetzt legt Plickert nach und erklärt, welche Viertel er meint: In Bochum der Stadtteil Stahlhausen und ein paar Straßen hinter dem Hauptbahnhof. In Duisburg Marxloh, Laar und das Pollmann-Eck, in Essen das Nordviertel. Die Dortmunder Nordstadt hatte Plickert schon zuvor als Beispiel angeführt, außerdem nennt er noch Dorstfeld, wo es häufig zu Problemen mit der rechten Szene komme.

Keine "No-Go-Areas" in NRW

Das seien keine "No-Go-Areas", in die Polizisten sich nicht mehr hineinwagten, stellt Plickert klar. Doch es seien keine Einzelfälle, dass Polizisten dort beleidigt oder attackiert würden.

Mit konkreten Beispielen tut Plickert sich schwer: In Dortmund hätten Jugendbanden Polizisten den Weg zu einem Überfallopfer versperrt, der Fall liegt aber schon über ein Jahr zurück. In Aachen sei eine Festnahme gescheitert, weil die Beamten von einer größeren Gruppe bedroht worden seien. Die Polizisten rückten ab.

"So schlimm ist es nicht"

In den Vierteln ist man sich der Probleme bewusst. Aber man verwehrt sich gegen Pauschalurteile, Übertreibungen und den Vergleich mit Kreuzberg. "Dass hier Polizeieinsätze abgebrochen werden mussten, höre ich zum ersten Mal" heißt es etwa aus dem Quartiersmanagement der Dortmunder Nordstadt. "So schlimm ist es tatsächlich nicht", sagt eine Mitarbeiterin des Bochumer Vereins für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe (IFAK), der auch den Stadtteiltreff in Stahlhausen betreibt.

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Diejenigen, die es wissen müssen, schweigen: Eine Anfrage an die Dortmunder Polizei blieb bis zum Nachmittag unbeantwortet. Gewerkschafts-Chef Plickert ist die Sache ernst: "Gerade am Wochenende fahren die Kollegen in diesen Gegenden nur noch mit mehreren Streifenwagen zu Einsätzen", sagt Plickert. Schon häufiger sei es vorgekommen, dass Jugendliche via Handy "Verstärkung" herbeigerufen hätten: Binnen zehn Minuten stünden die Polizisten dann nicht mehr zwei, sondern zehn oder zwölf Menschen gegenüber.

Polizei reagiert mit Einsatztrupps

In mehreren Städten hat die Polizei auf die Lage reagiert: In Essen patroulliert die "Einsatzgruppe Nord" in den sozialen Brennpunkten im Norden der Stadt. In Düsseldorf gibt es die Einsatztruppe "Prios": Präsenz und Intervention, die sich verstärkt in Problemvierteln zeigt.

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"Es wäre fatal, wenn sich die Polizei aus solchen Gebieten zurückziehen würde", sagt Plickert. Das würden die Kollegen auch nicht tun. Doch sei es für die Polizisten eine enorme Belastung, wenn sie angeschrien und bedroht würden. "Das müssen gar keine körperlichen Angriffe sein."