Duisburg. Mancher Mensch schafft es allein nicht mehr vor die Tür. Dann kommt Edith Jungmann für die AWO auf einen Kaffee und ein Schwätzchen vorbei.

Ursula Eichel möchte allein nur ungern vor die Tür. Die 70-Jährige leidet unter Panikattacken, die neurologisch bedingt sind. Vor einigen Jahren wurde sie von einem Stalker verfolgt, seitdem hat sie ihre Wohnung nur noch selten verlassen. Aber vereinsamen wollte sie auf keinen Fall, und weil sonst so wenig Besuch kam, wandte sie sich an den AWO-Besuchsdienst.

Der kommt in Gestalt von Edith Jungmann seit zwei Jahren einmal in der Woche auf einen Kaffee, eine Zigarette und einen Schwatz vorbei. Zusammen mit Edith Jungmann traut sich Ursula Eichel mehr zu, dann brechen beide auch schon mal zu Spaziergängen in Richtung Hamborner Markt auf. Alleine bestünde dann die Gefahr, dass Ursula Eichel Atemnot und Schwindelanfälle bekäme. Zusammen mit ihrer Begleitung ist alles in Ordnung. Die Besuche dauern immer zwei Stunden, wobei die Zeit nicht in Stein gemeißelt ist, es geht auch ab und zu darüber hinaus.

Ehrenamtlich engagiert seit 25 Jahren

Edith Jungmann engagiert sich ehrenamtlich schon seit ihrem 25. Lebensjahr. Damals besuchte sie Sträflinge in einer Justizvollzugsanstalt, engagierte sich im Verband der Kriegshinterbliebenen und ist jetzt mit 65 Jahren bei der AWO gelandet. „Ich kann ja nicht die ganze Zeit nur aus dem Fenster gucken“, sagt sie lachend. Im Berufsleben arbeitete die frühere Jungdemokratin als Sekretärin im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium und später beim Flughafen. 2010 ging sie in Altersteilzeit, „aber ich glaube, dass ich einfach immer eine Struktur im Tagesablauf brauche“, sagt Jungmann. Und da reichten ihr Bücher und Spaziergänge mit ihrem Hund Bruno Schimanski einfach nicht aus. Als ihr Mann Jürgen sich einen Mini-Job bei der AWO besorgte, kam der Kontakt zum Besuchsdienst zustande.

„Man sollte schon fähig zu Empathie sein“, meint Edith Jungmann. Zu Ursula Eichel hat sie ein sehr gutes Verhältnis, wohnt nahe bei ihr. Es gab sogar schon Gegenbesuche, bei denen die beiden Frauen zusammen in der Küche Jungmanns gebacken haben. „Ich habe bei dieser Arbeit viel Freude, und solange es gesundheitlich geht, werde ich das mit Sicherheit auch weitermachen“, sagt sie. Das hofft auch Ursula Eichel: „Sie ist mir eine große Hilfe. Und wir rauchen gerne zusammen. Das macht ja kaum noch jemand“, meint sie lachend. Nur das mit dem Duzen wird wohl nichts mehr. Aber das haben Delling und Netzer auch nie gemacht. Und die haben sich trotzdem immer gut verstanden.

36 Ehrenamtliche sind für den AWO-Besuchsdienst im Einsatz 

Den ehrenamtlichen Besuchsdienst der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gibt es seit 2004. Dabei besuchen Mitarbeiter alte oder behinderte Menschen, die allein wohnen und nur selten Gäste empfangen. In Duisburg sind derzeit 36 Ehrenamtliche im Alter zwischen 28 und 85 Jahren im Einsatz. Insgesamt leisten sie 28 Menschen in ihren Wohnungen und vereinzelt auch in Seniorenheimen Gesellschaft.

Rudolf Lührs koordiniert den Besuchsdienst: „Wir freuen uns natürlich immer über Zuwachs, sowohl bei den Mitarbeitern als auch bei den Menschen, die gerne besucht werden möchten“, sagt der ehemalige Abteilungsleiter einer Softwarefirma.

Ehrenamtler sind nicht pflegerisch im Einsatz

Nachdem er mit 60 Jahren in den vorgezogenen Ruhestand gegangen war, gründete Lührs auf AWO-Initiative mit seinem Kollegen Fred Groß das Angebot. Dabei geht es nur um Besuche, pflegerisch sind die Ehrenamtler nicht im Einsatz. Die AWO erhebt einen kleinen Obolus von den besuchten Menschen, um die Fahrtkosten für ihre Mitarbeiter ausgleichen zu können. Eine Stunde Besuch kostet drei Euro, alles, was darüber hinaus geht fünf Euro.

In unregelmäßigen Abständen können die Mitarbeiter sich bei Vorträgen etwa über Demenz fortbilden. Wer an Besuchen oder einer Mitarbeit interessiert ist, kann sich telefonisch melden unter Telefon 0203/3095 630.