Duisburg. . Volker Witzel ging mit Frau und zwei Kindern in ein Land voller Widersprüche. Er arbeitet im „Share und Service Center“ für DB Schenker in Nanjing.
„Ehe man sich versieht, steht man mit zwei Köfferchen am Flughafen“, sagt Volker Witzel fast etwas lapidar über einen großen Schritt für ihn und seine Familie. Der Duisburger ging Anfang 2013 mit seiner Frau und seinen Kindern nach China, arbeitet und lebt dort in einer völlig fremden Kultur in der Stadt Nanjing. Die Witzels trieb die Abenteuerlust ins Land des Lächelns und der Chinaböller. Nach knapp zwei Jahren sind sie richtig angekommen und fühlen sich wohl.
„Das Land ist voller Widersprüche“, fällt Volker Witzel als erstes ein, wenn er über China nachdenkt. „Große Armut auf der einen, riesiger Reichtum auf der anderen Seite.“ Die kommunistische Staatsform stehe einem „Turbo-Kapitalismus“ gegenüber. Und: „Oft ist die Antwort auf die Frage, ob etwas so oder so sei, dass beides richtig ist“, hat Witzel festgestellt. Die Chinesen hätten sich an das Leben mit Gegensätzen gewöhnt.
Die Entscheidung fiel leicht
Volker Witzel arbeitet für DB Schenker, bei denen die Transport- und Logistikaktivitäten der Deutschen Bahn abgewickelt werden. Beruflich war der IT-Fachmann schon immer viel unterwegs. In ganz Europa, den USA oder Singapur. Richtig lang war er dabei jedoch nie in einem anderem Land. 2010 dachte Witzel mit seiner Frau Sandra zum ersten Mal darüber nach, länger ins Ausland zu gehen. Die Idee war geboren. Als sich im Februar 2013 die Chance bot, griffen die Witzels zu.
„Eigentlich viel uns die Entscheidung recht leicht“, erzählt Witzel. „Wir haben noch eine Nacht darüber geschlafen und dann gesagt, wir machen es.“ Nach knapp zwei Jahren hat sich die Familie längst eingelebt. „Als wir zum ersten Mal wieder in Deutschland waren, ist uns aufgefallen, wie leer es eigentlich zu Hause ist. Die Städte in China sind extrem voll. Und trotzdem ist alles im Fluss“, sagt er.
Unterschied zwischen den Mentalitäten
Im „Share und Service Center“ von DB Schenker in Nanjing ist Witzel für alle sechs IT-Abteilungen mit etwa 220 Mitarbeitern verantwortlich. Witzel hat einen Unterschied zwischen der deutschen und chinesischen Mentalität am Arbeitsplatz ausgemacht. „Die Chinesen reden um Probleme eher herum. Jeder soll sein Gesicht wahren können“, erklärt Witzel.
Gerade am Anfang hätten ihm die Kollegen eher indirekt aufgezeigt, wenn er auf dem „Holzweg“ war. „Sie haben mir dann eine Geschichte erzählt, wie ein anderer Kollegen die ein oder andere Situation gelöst hätte“, beschreibt er mit einem Grinsen den weichen Weg der Chinesen.
Keine langfristigen Pläne
Wie lange die Familie noch in China bleibt ist unklar. Bis Juli 2015 läuft der jetzige Vertrag. „Langfristige Pläne zu machen, haben wir uns abgewöhnt“, zeigt sich Witzel entspannt. „Der 30. Juni ist aus heutiger Sicht ja auch noch ein bisschen weiter weg.“
Eventuell heißt es erneut Abschied nehmen. Die Zeit des Aufbruchs aus Deutschland beschreibt Witzel als eine dynamisch Phase mit vielen administrativen Aufgaben. „Kisten mussten gepackt und Papierkram erledigt werden.“ Und am Ende: „Steht man mit zwei Köfferchen am Flughafen.“ Diesmal dann in China.
Die Kinder lernen schnell
„Die größte Frage war: Wie kommen wir als Familie mit dem Umzug klar“, erinnert sich Volker Witzel. Die beiden Sprösslinge, die Zwillinge Ida und Levi, waren beim Aufbruch nach China zehn Jahre alt. „Die Begeisterung war zuerst groß.“ Jedoch hätten sie anfangs geglaubt, in zwei Wochen wieder zu Hause zu sein.
„Das Schwierigste war natürlich, die Freunde und das Umfeld zu verlassen. Aber auch die Freude auf etwas Neues begleitete den Abschied“, blickt Witzel zurück. In Nanjing gehen die Geschwister auf eine internationale Schule, auf der ausschließlich Englisch gesprochen wird. „Sie wurden getrennt, damit sie nicht Deutsch miteinander sprechen“, sagt ihr Vater. „Nach einem halben Jahr haben sie fließend Englisch gesprochen“, ist er stolz. „Ida hat sogar einen kanadischen Akzent, weil die Lehrerin dort her kommt“, schmunzelt er.
Keine Arbeitserlaubnis für die Ehefrau
Sandra Witzel hat für das Abenteuer ihren Job in Deutschland aufgegeben. Eine Arbeitserlaubnis in China zu bekommen, sei für die Ehepartner schwer, meint Witzel. „Meine Frau engagiert sich aber stark in der Schule der Zwillinge und bietet seit Sommer 2013 Yogakurse für Kinder an.“ Auch sie nutzt die Zeit, um ihr Englisch zu verbessern.
In diesen Weihnachtsferien sind die Witzels zu einem Erkundungstrip in Asien unterwegs. Kambodscha und Vietnam stehen auf dem Reiseplan. „Der etwas andere Urlaub“, sagt Witzel lächelnd.