Duisburg. Seit diesem Schuljahr sind die ersten 53 Jungen auf dem ehemals reinen Mädchen-Gymnasium St. Hildegardis. Gemeinsam verbringen sie nur die Pausen.
Ein bisschen wild, manchmal ein wenig frech und forsch. Aber ansonsten nett – und sogar ein kleines bisschen spannend: Die Fünftklässlerinnen des St. Hildegardis-Gymnasiums im Dellviertel sind ein wenig skeptisch und begeistert zugleich von den Jungs. Einerseits sind sie froh, dass sie in einer reinen Mädchenklasse sind, doch andererseits sind sie ja doch interessant, die kleinen Herren der Schöpfung. 53 Jungs gehen seit Beginn des Schuljahrs auf das Gymnasium, wo seit über 110 Jahre ausschließlich Mädchen unterrichtet wurden.
Treffen auf dem Pausenhof
Die Jungs sind froh, dass sie im Sportunterricht unter sich sind und auch sonst besser toben können. Denn obwohl jetzt bi-edukativ unterrichtet wird, bleibt vieles an der Einrichtung beim Alten: „Es gibt in dem neuen Jahrgang zwei Jungenklassen und drei, in denen nur Mädchen sind“, erklärt Schulleiter Christoph Oster. „Lediglich beim Unterricht von Religion und Musik werden sie gemischt.“ Ab der achten Klasse kommt der Wahlplichtbereich hinzu, wo die Trennung ein weiteres Mal aufgehoben wird.
Einander kennenlernen sollen die Kinder sich vorher hauptsächlich in den Pausen. „Natürlich sollen sie einander begegnen“, sagt Oster. „So sind ja auch die Mittagsbetreuung und der Ganztag gemischt.“ Die zehnjährige Laura würde darauf eher verzichten: „Die Jungs machen doch schon sehr viel Blödsinn und ärgern uns oft. Das war schon der Grundschule so und gefällt mir nicht“, sagt sie.
„Ich hätte sehr gerne Mädchen in der Klasse"
Dabei sind die Buben recht angetan von den Mädels: „Ich hätte sehr gerne Mädchen in der Klasse“, findet beispielsweise Emil (10). „Nur beim Sport lieber nicht. Mädchen stehen doch nur im Weg, wenn wir Basketball spielen“, meint Jona (10). Entsprechen ausgelassen stürmen die Jungs beim Sportunterricht durch die Turnhalle, werfen sich die Bälle zu. Sie müssen keine Rücksicht auf Mädchen nehmen, die nicht ganz so wild nach Bällen sind.
Dass Jungs lauter und lebhafter sind, beobachtet auch das Lehrpersonal: „Sie sind wilder, aber nicht im negativen Sinne“, sagt Mathelehrer Sebastian Albiez. „Sie brauchen nur eine klare Struktur.“ Der Inhalt des Unterrichts für Mädchen unterscheide sich von dem für die Jungen, erklärt Simone Wolf-Hein: „Jungs kann man motivieren, indem man einen Beamer anschließt“. Außerdem, so erklärt sie, wählen die Lehrer jetzt je nach Geschlecht anderen Unterrichtsstoff. Jungs dürfen sich über Piratengeschichten in Deutsch freuen, Schülerinnen dafür über Pippi Langstrumpf.