Dortmund. Wende im Fall der 22 verwahrlosten Katzen in Dortmund: Das Amt ließ den Halter zwar gewähren – aber jetzt gibt er seine Tiere freiwillig ab.

>>> UPDATE 2. Juni 2023 (urprünglicher Text siehe unten):

Arche 90 hat die verwahrlosten Katzen aus Dortmund Hostedde befreit. Der Druck auf den Besitzer wurde zu groß, mutmaßt Arche-Sprecherin Gabi Bayer. Er hinterließ einen Hilferuf auf der Mailbox des Tierschutz-Vereins. "Zuerst versuchte er, die Situation herunterzuspielen", so Bayer. Die Ausreden seien ihm nicht ausgegangen. "Jeder andere ist schuld – nur er nicht." Aber am Ende lenkte er ein und überließ der Arche 90 die Tiere. Die Gartenlaube konnte er aber nicht selbst aufschließen. Er sei in Holland, sagte er. Stattdessen erlaubte er dem Verein, das Schloss zu knacken. Gemeinsam mit dem Dortmunder Katzenschutzverein holte die Arche 90 zehn Katzenbabys, zehn Katzen und sechs Frettchen aus der verwahrlosten Laube. Sie seien jetzt gut untergebracht, so Bayer. Leider kommen für Impfung, Wurmkur, Flohmittel und Co. hohe Kosten auf beide Vereine zu. Gabi Bayer bitte um Spenden: Infos zu Verein und Spendenkonto

>>> Urprünglicher Bericht vom 30. Mai 3023:

Beißender Geruch hat die Mieter eines Mehrfamilienhauses an der Flughafenstraße in Dortmund-Hostedde aufmerken lassen – nicht zum ersten Mal. Der Vermieter schloss am Pfingstmontag die leere Wohnung auf und machte eine schlimme Entdeckung: Sein ehemaliger Mieter hält noch immer 22 Katzen in einem selbstgemauerten Anbau. Dabei ist er längst ausgezogen.

  • Anm. d. Red.: Die Polizei hatte anfangs von "rund 50" verwahrlosten Katzen gesprochen.

Der Vermieter rief sofort die Tierschutzorganisation Arche 90 dazu. Die Ehrenamtlichen seien vor zwei Monaten schonmal dort gewesen, erklärt Arche-Sprecherin Gabi Bayer. "Damals konnten wir nicht rein, sondern haben nur Fotos durchs Fenster gemacht", erinnert sie sich. Dem Veterinäramt sei die Haltung der Tiere bekannt gewesen. Die Stadt Dortmund bestätigt das.

Tierquälerei in Dortmund – Das könnte Sie interessieren:

Am Montag war der Zugang zur Wohnung frei, so Bayer. Die Wohnung selbst war leer, sagt sie. Laut Polizei ist der Mieter schon "vor geraumer Zeit" ausgezogen. Seine Katzen aber ließt er zurück. Nur manchmal komme er zum Füttern vorbei, heißt es. Am Dienstagvormittag war von der Polizei noch zu hören, der Besitzer sei unbekannt verzogen und nicht zu erreichen. Das stimmt nicht – zum Glück.

Bis zu 30 Katzen leben in Dortmund-Hostedde in grenzwertigen Verhältnissen. Die Tierschutzorganisation macht dem Veterinäramt schwere Vorwürfe.
Bis zu 30 Katzen leben in Dortmund-Hostedde in grenzwertigen Verhältnissen. Die Tierschutzorganisation macht dem Veterinäramt schwere Vorwürfe. © Gabi Bayer/Arche 90

Aber die Katzen leben nicht in der Wohnung selbst, erklärt Gabi Bayer. Stattdessen hausen sie in einem schuppenähnlichen Anbau, der von der Erdgeschosswohnung aus begehbar ist – zwei offenbar selbstgemauerte Räume, einer davon fensterlos, beide ohne Frischluft. Teils lebten sie in Plastikboxen, teils in engen, gestapelten Kaninchenkäfigen.

Vor allem Katzenwelpen seien dort, so Bayer. "Alle verdreckt, verkotet, ohne Wasser und Licht." Sofort rief die Arche-Mitgründerin die Polizei. "Der Geruch ist so schlimm, dass die Polizisten immer wieder raus mussten", erklärt die Tierschützerin.

Arche 90 will Katzen in Obhut nehmen – darf aber nicht

Gabi Bayer und ihr ehrenamtliches Arche-90-Team hätten die Tiere sofort aufgenommen und auf die Mitglieder verteilt. "Wir waren bereit und hätten es auch geschafft – aber das Veterinäramt hat unser Angebot abgelehnt", sagt sie.

Bis zu 30 Katzen leben in Dortmund-Hostedde in grenzwertigen Verhältnissen. Die Tierschutzorganisation macht dem Veterinäramt schwere Vorwürfe.
Bis zu 30 Katzen leben in Dortmund-Hostedde in grenzwertigen Verhältnissen. Die Tierschutzorganisation macht dem Veterinäramt schwere Vorwürfe. © Gabi Bayer/Arche 90

Ihr fehlt dafür jegliches Verständnis. Vor allem ein Satz regt die Tierhelferin auf: "An den Geruch gewöhnt man sich doch", soll ein Mitarbeiter des Dortmunder Amtes gesagt haben. So schlimm sei es doch nicht. Das ernüchternde Ergebnis: Die Tiere bleiben dort – sie müssen weiter im Anbau leben. "Das Veterinäramt macht nichts! Wir sind ziemlich stinkig." Dabei hätte sich Bayer schon bei ihrem ersten Notruf vor zwei Monaten ein Eingreifen des Amtes gewünscht.

Nachbarn: Mann soll Kätzchen im Internet verkaufen

Ab und zu komme der Ex-Mieter vorbei und gebe den Katzen Futter, sagt Bayer. Das sagen zumindest die anderen Leute im Haus. "Er soll einen Katzenhandel betreiben, behaupten die Nachbarn. Manchmal nimmt er Tiere mit und stellt sie dann ins Internet." Beweise dafür habe sie aber nicht.

Nur sechs kleinen Kitten gelang am Montag die "Flucht" aus der mutmaßlichen Zucht. "Ein Kripo-Beamter hat sich sehr für die Tiere eingesetzt und lange auf den Amtsarzt eingeredet. Dann konnten zumindest diese paar Tiere zur Behandlung ins Tierheim gebracht werden", meint Gabi Bayer. Mehr sei nicht möglich gewesen.

Stadt sieht Haltung weniger schlimm: Nur "unhygienisch"

Die Stadt stellt den Fall weniger schlimm dar. Die Rufbereitschaft des Veterinäramtes habe in dem "gartenhausähnlichen Gebäude mit mehreren Anbauten" zwar 22 Katzen gefunden, aber dramatisch sei die Haltung nicht gewesen: "Die Haltungsbedingungen in diesem Raum waren unhygienisch, betreffend der Raumgröße jedoch nicht zu beanstanden" heißt es in einer Stellungnahme von Dienstagnachmittag. Den Katzen habe "zum Zeitpunkt der Kontrolle zwar ausreichend Futter, aber kein Wasser" zur Verfügung gestanden.

Insgesamt habe man acht erwachsene Katzen und 14 Katzenwelpen gefunden, bilanziert die Stadt – ausschließlich Europäisch Kurzhaar. Im fensterlosen Raum lebten fünf Welpen und eine erwachsene Katze in Käfigen, im anderen Raum "freilaufend" sieben erwachsene Katzen mit Bindehautentzündung und neun Kitten in einer Plastikbox.

Sechs Katzen im Käfig: Halter droht Bußgeld

Die sechs Tiere aus den Käfigen im ersten Raum seien "auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes" sofort ins Tierheim gebracht worden, schreibt die Polizei. Gabi Bayer dagegen hatte (siehe oben) von viel Zureden seitens der Polizei gesprochen. Dem Tierhalter droht wegen der Käfighaltung ein Bußgeld.

"Sofort wurde telefonisch Kontakt zum Tierhalter aufgenommen und eine Kontrolle angeordnet", schreibt die Stadt weiter. Daraus ergaben sich einige Auflagen für den Katzenhalter: Er muss die Räume reinigen, alle Katzen tierärztlich untersuchen und wenn nötig behandeln. Wie viel Zeit er dafür hat schreibt die Stadt nicht – es ist nur von einer "kurzen Frist" die Rede. Die Haltung werde "weiter engmaschig überprüft".

Februar: Polizei Dortmund beschlagnahmt 41 verwahrloste Hunde

Erst im Februar hatte die Polizei 41 verwahrloste Hunde in einer Wohnung in der Dortmunder Nordstadt gefunden. Alle Tiere kamen ins Tierheim an der Hallerey. Wie es mit ihnen weitergeht ist noch unklar – die Stadt strebt ein Haltungsverbot gegen die Besitzerin der kleinen Hunde an.

Wir berichten weiter!