Dortmund. Unter Kindern geht die Scharlach-Welle um. Aber Eltern haben oft ein Problem: Es gibt kaum Penicillin. Geht Scharlach auch ohne Medikamente weg?
Die Zahl der Scharlach-Fälle bei Kindern zieht stark an. Eigentlich kein Problem, denn die Symptome bei Scharlach sind relativ leicht zu erkennen – und die Heilung per Antibiotikum geht schnell. Aber Eltern in NRW haben ein ganz anderes Problem: In vielen Apotheken ist Penicillin ausverkauft.
[UPDATE: Inzwischen sind auch andere Antibiotika häufig ausverkauft. Der Mangel betrifft nicht mehr nur Penicillin. Oft gibt es die Medikamente für Kinder auch nur noch als Tabletten, nicht mehr als "süßen Saft" – was oft zu Dramen bei der Einnahme führt.]
Gemeinsam mit Dr. Prosper Rodewyk (Hausarzt in Dortmund und KVWL-Bezirksstellenleiter) beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um Scharlach.
Wieso haben gerade so viele Kinder in NRW Scharlach?
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Die Scharlach-Welle ist längst in Nordrhein-Westfalen angekommen, bestätigt Dr. Rodewyk. In seiner Hausarztpraxis sitze gerade jeden Tag ein Scharlach-Fall – sonst sei es nur einer pro Woche. Und nicht nur Kinder seien betroffen, sondern auch Erwachsene: "Scharlach ist nicht mehr nur die klassische Kinderkrankheit." Die steigende Infektionszahl führt er (wie schon bei den RS-Viren, die ganze Kinderkliniken lahmlegten) auf das Ende der Maskenpflicht zurück.
Scharlach-Symptome: Wie erkenne ich Scharlach bei Kindern?
Scharlach-Symptome sind recht gut zu erkennen, decken sich aber teils mit den Symptomen einer Mandelentzündung, weiß Dr. Rodewyk. Es treten auch nicht immer alle Symptome auf. Zu den typischen Symptomen bei Scharlach gehören:
- Fieber, Kopfweh, Halsschmerzen,
- knallroter Rachen, eitrige Stippen auf den Mandeln
- brennende Zunge – erst dick belegt, später flächig rot mit vielen kleinen Knübbelchen ("Himbeerzunge“)
- starker Mundgeruch
- Hautausschlag, beginnend in Achsel- oder Leistenregion
- rotes Gesicht, außer um den Mund herum
Wie steckt man sich mit Scharlach an?
Die Ansteckung mit Scharlach ist eine klassische Tröpfcheninfektion. Allerdings seien Bakterien erheblich größer als Viren, erklärt Dr. Rodewyk – deshalb "fliegen" sie nicht so weit durch den Raum. Während Grippeviren beim Niesen weit gestreut werden, müssen Menschen bei Scharlach schon die Köpfe zusammenstecken, um sich zu infizieren. So hoch wie bei einer Erkältung ist die Ansteckungsgefahr also nicht.
Kann man sich mehrfach mit Scharlach anstecken?
Leider ja. Der Körper bilde keine generellen Antikörper gegen Scharlach, erklärt Dr. Rodewyk. Daher kann man sich wieder und wieder mit der Krankheit anstecken. Abwehrkräfte bildet man nach einer Infektion nur gegen ganz bestimmte Typen.
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Muss ein Kind wegen Scharlach zur Ärztin?
Unbedingt, meint Dr. Rodewyk. Beim geschulten Blick in den Rachen lasse sich Scharlach sofort diagnostizieren und von anderen Erkrankungen wie etwa einer Mandelentzündung unterscheiden. "Diese 30 Sekunden sollte man dem Arzt schon geben."
Geht Scharlach von alleine weg – ohne Antibiotikum?
"Die Menschheit hat sich auch vor der Erfindung von Antibiotika weiterentwickelt", meint der Dortmunder Hausarzt. Natürlich geht Scharlach auch von alleine weg, das dauert allerdings mehrere Wochen. Aber Dr. Rodewyk rät dringend davon ab, Scharlach ohne Medikamente auskurieren zu wollen.
Was ist gefährlich an Scharlach?
Wird Scharlach nicht mit Antibiotika behandelt, kann es in seltenen Fällen zu akuten Problemen kommen (Hirnhautentzündung, Mittelohrentzündung, toxischer Schock...). Diese Scharlach-Folgen können lebensbedrohlich sein. Es gebe aber auch Langzeitfolgen, warnt Dr. Rodewyk: Bestimmte Herz- oder Nierenerkrankungen als Folge einer Scharlachinfektion treten oft erst Monate später auf.
Antibiotika gegen Scharlach sind knapp. Gibt es Alternativen?
Lieferengpässe gebe es nur bei Penicillin, erklärt der Dortmunder Arzt. Bei anderen Antibiotika wie Amoxicillin oder Azithromyzin sehe es in Apotheken weit besser aus. Und auch sie helfen gegen Scharlach. Penicillin sei bei Scharlach zwar das Mittel der Wahl – aber nicht wegen der besseren Wirkung, sondern um Resistenzen gegen andere Antiobiotika zu verhindern.
Welche Hausmittel helfen gegen Scharlach?
"Gurgellösungen helfen nicht gegen Scharlach, sondern allenfalls gegen die Symptome", sagt Dr. Rodewyk. Die Krankheit selbst werde von ihm immer mit Antibiotika behandelt. Mit Schmerzmitteln oder Halspastillen lassen sich nur die Symptome überdecken.
Kann man sich als Erwachsener mit Scharlach anstecken?
Ja, genauso wie als Kind. Die Ansteckungsgefahr sei fast genauso hoch wie bei Kindern, erklärt Dr. Rodewyk – allerdings stecken Erwachsene seltener ihre Köpfe so nah zusammen wie Kinder. Zudem spüren Erwachsene oft nur wenige Symptome wie Halsweh oder Fieber.
Gibt es eine Impfung gegen Scharlach?
Leider nicht. Scharlach ist eine bakterielle Erkrankung, gegen die bisher keine Impfung möglich ist. Die gibt es nur gegen Viren-Erkrankungen.