Kopenhagen/Stockholm. Angesichts des Anstiegs schwerer Erkrankungen bei Kindern nach einer Streptokokken-Infektion ruft die WHO zur Wachsamkeit auf. Offenbar stellt sich durch die langen Pandemie-Beschränkungen nun ein Nachholeffekt ein.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die EU-Gesundheitsbehörde ECDC haben angesichts einer Häufung schwerer Erkrankungen von Kindern nach Infektionen mit A-Streptokokken zur Wachsamkeit aufgerufen. Das geht aus einer gemeinsamen Mitteilung hervor.
Frankreich, Irland, die Niederlande, Spanien, Schweden und Großbritannien hatten demnach für 2022 einen Anstieg von Fällen der als iGAS (invasive Gruppe-A-Streptokokken-Infektion) bezeichneten schweren Erkrankung bei Kindern im Alter unter 10 Jahren gemeldet.
Gleichzeitig seien auch mehrere Todesfälle in dieser Altersgruppe im Zusammenhang mit den Streptokokken-Infektionen bekannt geworden. In Großbritannien und Frankreich sei die Zahl der schweren Erkrankungen um ein Vielfaches höher als im Vergleichszeitraum vor der Pandemie, hieß es in der Mitteilung weiter.
In der Regel nur milde Erkrankungen
Eigentlich lösen Streptokokken-Infektionen in der Regel nur milde Erkrankungen aus, wie beispielsweise Scharlach, und können durch Gabe von Antibiotika gut behandelt werden. Doch in seltenen Fällen kann es zu schweren Komplikationen kommen.
Vorläufigen Erkenntnissen zufolge gehen die WHO-Experten nicht davon aus, dass der Anstieg durch eine neue Variante der A-Streptokokken ausgelöst wurde. Auch Antibiotika-Resistenz sei wohl nicht die Ursache.
Stattdessen gilt als wahrscheinlich, dass die Häufung damit zu tun hat, dass die Infektionen mit A-Streptokokken durch die Kontaktbeschränkungen in der Pandemie geringer waren und sich nun eine Art Nachholeffekt einstellt. Zu einer größeren Zahl schwerer Erkrankungen könne es auch kommen, weil derzeit viele andere Viren zirkulieren, die in Verbindung mit den Streptokokken die Erkrankungen verstärkten.
Ärzte und Öffentlichkeit mit Kampagnen aufklären
Obwohl die WHO-Experten das Risiko für die Allgemeinheit bisher als gering einschätzen, rieten sie allen europäischen Ländern, auf eine ähnliche Entwicklung zu achten. Gesundheitsbehörden sollten in Erwägung ziehen, Ärzte und die Öffentlichkeit mit Kampagnen über die iGAS-Erkrankung zu informieren. Eltern und Erziehungsberechtigte sollten über besorgniserregende Symptome in Kenntnis gesetzt werden. Auch zu Tests, Corona- und Grippeimpfungen wurde geraten.
Die Länder sollten „ihre Wachsamkeit erhöhen, vor allem wenn Atemwegserkrankungen hervorrufende Viren bei Kindern weit verbreitet sind“, sagte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge.