Dortmund. Weil immer mehr Haustiere ausgesetzt werden, will die Tierschutzpartei Dortmund eine Tierklappe einführen. Doch die Idee hat auch Schattenseiten.

Immer wieder werden Tiere ausgesetzt, weil die Halterinnen und Halter überfordert sind. Insbesondere die Corona-Pandemie schien für zahlreiche Familien der perfekte Zeitpunkt, um sich ein Haustier anzuschaffen. Cafés, Schwimmbäder und Kinos waren geschlossen, Eltern arbeiteten im Homeoffice und Kinder nahmen zu Hause am Unterricht teil – jede Menge Zeit für eine Fellnase!

Doch nicht immer wurden Hund oder Katze fester Bestandteil der Familie. Schon zu Beginn der Sommerferien im vergangenen Jahr stießen zahlreiche Tierheime an ihre Grenzen. Weil auch immer mehr Haustiere ausgesetzt werden, hat ein Tierheim im niedersächsischen Peine eine anonyme Tierklappe eingeführt. Seit Anfang August vergangenen Jahres wurden dort zahlreiche Hunde, Katzen und Kleintiere abgegeben. Auch in Dortmund wird über ein solches Projekt nachgedacht:

„Grundsätzlich gibt es zwei Umstände, in denen Halterinnen und Halter ihr Tier abgeben müssen“, sagt Sebastian Everding von der Tierschutzpartei Dortmund. Er war selbst einige Jahre im Vorstand eines Tierheims aktiv. „Das eine sind plötzliche und tiefgreifende Veränderungen der Lebensumstände durch schwere Krankheit, Trennungen oder Todesfälle.“ Auf der anderen Seite gebe es leider häufig Menschen, die sich eher unüberlegt ein Tier angeschafft haben und mit der Haltung schlichtweg überfordert seien. In beiden Fällen sei die Abgabe und eine Vermittlung in ein geeignetes neues Zuhause der richtige Weg.

Heike Brakemeier, Leiterin des Peiner Tierheims in Niedersachsen, zeigt die Tierklappe.
Heike Brakemeier, Leiterin des Peiner Tierheims in Niedersachsen, zeigt die Tierklappe. © BZV | Bettina Stenftenagel

Für März sind nun umfangreiche Lockerungen der Corona-Regeln vorgesehen. Auch die Homeoffice-Pflicht soll wegfallen. Um zu vermeiden, dass zahlreiche Haustiere ausgesetzt werden, fordert die Tierschutzpartei Dortmund die Einrichtung einer Tierklappe.

Lesen Sie hier: Angst vor Rückgabewelle: Tierheime kommen an ihre Grenzen

Tierklappe: Tierheim in Niedersachsen stößt an Kapazitätsgrenze

Über die sozialen Netzwerke seien die ehrenamtlich Aktiven auf die Idee gestoßen: eine Art Babyklappe, aber eben für Vierbeiner. Seit August 2021 bietet das Tierheim Peine in Niedersachsen die Tierklappe an. Dort können Haustierhalterinnen und -halter ihre unlieb gewordenen Tiere anonym abgeben. Aber auch Fundtiere und verletzte Wildtiere wie Igel und Tauben können rund um die Uhr in die Klappe gesetzt werden.

Lesen Sie hier: Hagen: Haustier-Boom – Tierärztin sieht mehrere Probleme

Lesen Sie hier: Haustier-Boom: Hundetagesstätten sind gefragt wie nie

Und das Angebot wird sehr intensiv genutzt: Allein bis Ende Januar wurden nach Angaben des Tierheims 27 Hunden, 25 Katzen und 25 Kleintieren abgegeben. Die Folge: Anfang Januar stieß die Einrichtung an ihre Kapazitätsgrenzen – und musste die Klappe kurzzeitig wieder schließen. In nur einer Nacht seien 19 Rassekatzen abgegeben worden, erzählt die stellvertretende Einrichtungsleiterin Jennifer Semmler. Dazu kamen ihr zufolge noch Hunde, von denen auch einige Problemtiere waren. Mit ein paar Kleintieren sei die Platzgrenze überschritten und die Schließung der Klappe nötig gewesen.

Auch interessant

In Dortmund gibt es bislang keine Möglichkeit, Haustiere anonym abzugeben. „Durch die enge Zusammenarbeit mit Dortmunder Tierschutzvereinen hören wir regelmäßig davon, dass Tiere oftmals irgendwo angebunden oder ausgesetzt werden und dann erst nach Stunden gefunden werden, oder im schlimmsten Fall durch Orientierungslosigkeit in einen Unfall verwickelt sind“, sagt Angelika Remiszewski, Kreisvorsitzende der Tierschutzpartei in Dortmund. Der Scham der Halterinnen und Halter sei oftmals zu groß, die Tiere offiziell abzugeben. Auch die vom städtischen Tierheim erhobene Abgabegebühr stelle für viele Menschen vermutlich eine zu große Hürde dar.

Tierklappe birgt Probleme: „Es wird den Leuten zu einfach gemacht“

Doch eine Tierklappe birgt auch Probleme. „Es wird den Leuten zu einfach gemacht“, gibt Melissa Schneider vom Tierheim Bochum zu Bedenken. Denn genau in dem Vorteil der Tierklappe – ihrer Anonymität – liege zugleich ihr Schwachpunkt: Wer sich das mit dem Haustier vor der Anschaffung nicht wohl überlegt habe, könne es so schnell wieder loswerden – ohne sich der damit verbundenen Verantwortung stellen zu müssen. Im schlimmsten Fall aber könnten auch andere Vierbeiner darunter leiden. „Wird ein Tier anonym abgegeben, haben wir keinerlei Informationen zu ihm“, sagt Schneider, weder zu seinem Gesundheitszustand noch darüber, wie es sich gegenüber anderen Tieren oder Menschen verhält.

Den ehrenamtlichen Politikerinnen und Politikern der Tierschutzpartei in Dortmund sei durchaus bewusst, dass eine derartige Tierklappe die Abgabeschwelle senken würde, heißt es in einer Mitteilung. Weiterhin könne eine Tierklappe die Einnahmen des Tierheims senken, wenn die Abgabegebühren entfallen. Aufgrund der „hohen Anzahl an positiven Argumenten“ solle die Idee aber dennoch über die gemeinsame Fraktion „Die Linke+“ mit den Linken und den Piraten in den Dortmunder Stadtrat eingebracht werden, fordert die Dortmunder Tierschutzpartei.