Dortmund. Im Prozess um den BVB-Anschlag sollte Aubameyang als Zeuge aussagen - hat sich jedoch krank gemeldet. Droht ihm nun eine Geldstrafe?
Am fünften Verhandlungstag im Prozess um den Bombenanschlag auf die Mannschaft von Borussia Dortmund sorgt Pierre-Emerick Aubameyang für Ärger. Der Spieler sollte als Zeuge aussagen - blieb der Verhandlung allerdings fern. Der BVB-Mannschaftsarzt hat ihm offenbar ohne nähere Angaben von Gründen ein entsprechendes Attest erteilt. In einer Erklärung vom Montagmorgen bescheinigt das Klinikum Westfalen Aubameyang „aus medizinischen Gründen“ die Verhandlungsunfähigkeit. Staatsanwalt Dombert hält die knappe Entschuldigung für „überhaupt nicht aussagefähig“. Er ergänzt: „Das sollte die Justiz sich so nicht bieten lassen.“ Richter Peter Windgätter sieht das ähnlich: „Am Samstag war er noch 90 Minuten auf dem Platz.“
Maßnahmen behielt das Gericht sich zunächst vor. Ein paar Möglichkeiten hat die Justiz, wenn ein Zeuge sich zu kommen weigert. Ordnungsgeld bis 1000 Euro beeindruckt einen Millionär vielleicht nicht so. Aber Ordnungshaft gibt es auch. Oder sie lässt den unwilligen Zeugen durch die Polizei vorführen – vorausgesetzt, er ist noch in Deutschland.
Aubameyang steckt seit Wochen in einem anhaltenden Transferpoker, bei dem am Montagabend eine Entscheidung fallen könnte. Am vergangenen Samstag stand er beim Heimspiel gegen den SC Freiburg (2:2) noch auf dem Platz.
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Bartra: „Ich hatte Todesangst, fürchtete um mein Leben“
Aubameyangs Mitspieler Marc Bartra, der bei der Explosion schwer verletzt wurde, hatte zuvor eindrucksvoll als Zeuge bewiesen, worum es bei dem Verfahren geht.
„Ich hatte Todesangst, fürchtete um mein Leben“, sagte der 27-Jährige. Zunächst habe er die Attacke gar nicht einordnen können und unter Schock gestanden. Im Krankenhaus hatte er den Ärzten sogar erzählt, der Bus sei von Hooligans attackiert worden.
Der Täter wollte die BVB-Spieler nur "erschrecken"
Tatsächlich war es der Angriff eines Einzelgängers. Sergej W. (28) muss sich seit dem 21. Dezember vor dem Landgericht Dortmund wegen 28fachen versuchten Mordes verantworten. Nach eigenen Worten hatte er durch den Anschlag auf einen rapiden Kursverfall der BVB-Aktie gesetzt, um durch entsprechende Spekulationsscheine bis zu 500.000 Euro zu kassieren. Im Gegensatz zur Anklage bestreitet der Elektrotechniker aus Rottenburg am Neckar aber jede Tötungsabsicht. Er habe die Spieler nur erschrecken wollen, sagte er vor Gericht.
Bevor Marc Bartra aussagt, bittet dessen Nebenklageanwalt Alfons Becker ums Wort. Der Spieler sei nicht in der Lage, zusammenhängend auszusagen, behauptet er. Das liege daran, dass er im Gerichtssaal auf den Angeklagten treffen müsse. Mit Panik habe Bartra darauf reagiert. Deshalb, so Beckers Vorschlag, wolle er eine schriftliche Erklärung verlesen.
Es ist eine Gerichtsverhandlung, aber das Ganze erinnert an eine Pressekonferenz des BVB – oder eines anderen Bundesligavereins. Ungewöhnlich dieses Vorgehen, doch das Gericht geht darauf ein. Opfer von Sexualdelikten oder anderer übler Gewalttaten wären froh, wenn Gerichte sich darauf einlassen würden.
Das Geschoss hätte Bartra auch tödlich treffen können
Nach der Erklärung, in der die Tat aus Sicht des Opfers und dessen Empfinden geschildert wird, stellen die Prozessbeteiligten dem Spieler dennoch Fragen. Und der Spanier zeigt, dass er sehr wohl zusammenhängend reden kann. Sein Gesicht schirmt er oft mit der Hand nach links ab, wo der Angeklagte sitzt. Bewegend, mit vielen Gesten schildert er, wie er den Knall hörte, ein Schmerz seinen Arm durchzuckte. Er sah, wie seine Mitspieler sich auf den Boden des Busses legten. „Wir fürchteten einen weiteren Angriff“ sagt er. Auch er legte sich hin. Später ging er auf eigenen Beinen zum Rettungswagen, gestützt auf die Physiotherapeutin, die ihn noch im Bus versorgt hatte.
Wie knapp Bartra mit dem Leben davongekommen ist, machte der Bericht der Chirurgen deutlich, die ihn zuerst behandelt hatten. Ein fester harter Gegenstand muss es demnach gewesen sein, der zunächst die Haut des Spielers verletzt und dann den Unterarmknochen brach. Welcher Gegenstand das ist, kann der Arzt nicht sagen. Aber es spricht wohl viel dafür, dass es eine der Metallschrauben aus dem Sprengsatz ist, der vom Knochen abprallte und später in der Kopfstütze neben Bartra gefunden wurde.
Sicher kann der Chirurg aber schildern, dass der Anschlag auch tödlich hätte enden können, wenn die Schraube ein wenig höher gelandet wäre: „Dann hätte der Gegenstand die Halspartie getroffen und tödlich sein können.“
Entschuldigung gehört - und ignoriert
Bartra schwächte ein wenig die Leidensschilderungen aus der schriftlichen Erklärung seines Anwaltes Becker ab. Er sei mental stark, versichert er, fühle sich perfekt. Als Staatsanwalt Dombert nachfragt, ob der Leistungsabfall des Spielers mit dem Anschlag zusammenhänge, wehrt der sofort ab. Nein, sagt er. Und: „Ich spiele auf gutem Niveau.“ Direkt nach dem Anschlag, so räumt er ein, sei das anders gewesen: „Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt in meinem Leben.“
Zum Schluss der Aussage ergreift der Angeklagte das Wort: „Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen. Es tut mir leid.“ Bartra hört es sich an, sagt kein Wort – und geht.