Castrop-Rauxel. . Erzieherinnen und Erzieher – kaum ein Berufszweig ist derzeit so gefragt wie dieser. Wer die Ausbildung erfolgreich absolviert hat, kann sich die Stellen quasi aussuchen. Die Agentur für Arbeit in Recklinghausen zählt derzeit 95 offene Stellen. Um den Mangel an Fachkräften etwas zu lindern, arbeitet sie jetzt mit dem Berufskolleg in Castrop-Rauxel zusammen. Ihre Zielgruppe: Wiedereinsteiger.
In anderen europäischen Ländern muss man ein Studium absolvieren, um sich beruflich mit kleinen Kindern im Vorschulalter befassen zu dürfen. In Deutschland ist der Weg weit komplizierter. Fred Nierhauve, Leiter des Berufskollegs in Castrop-Rauxel, malte allein vier Bildungsgänge auf, die alle die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern zum Ziel haben. Ob in der Oberstufe des Gymnasiums, in Voll- oder Teilzeit an der Fachschule oder neben dem Beruf in Abend- und Wochenendkursen: Es ist eine Wissenschaft für sich, all die Bildungsgänge auseinander halten zu können.
Hohe Durchfallquote
Noch komplizierter ist es bisher für Personen, die derzeit arbeitslos sind oder wieder ins Berufsleben einsteigen möchten. Sind sie auf Zahlungen der Agentur für Arbeit oder des Job-Centers angewiesen, dann konnten sie bisher die vier oben aufgeführten Bildungsgänge praktisch nicht nutzen. Denn für die Erzieherinnen-Ausbildung an einem Berufskolleg durfte die Agentur für Arbeit keinen Bildungsgutschein ausstellen, sprich: Sie durfte den Lebensunterhalt nicht finanzieren, weil das Kolleg nicht zertifiziert war.
Das sind nur Privatschulen, von denen es zum Beispiel eine in Essen gibt. Ihr Nachteil: Die Absolventen müssen am Ende der Ausbildung eine Prüfung ablegen, die wiederum nur am Berufskolleg möglich ist. So ließen sich zuletzt sechs Privatschüler am Berufskolleg prüfen, doch nicht einmal die Hälfte bestand den aufwendigen Test.
Auch wenn diese Zahlen nicht repräsentativ sind, wie Dieter Vortmann als Koordinator der praxisintegrierten Erzieherausbildung (PIA) am Berufskolleg betont, so zeigen sie ein Dilemma auf: Das System ist alles andere als perfekt.
Angebote für Wiedereinsteiger
Deshalb erlaubt die Landesregierung jetzt den Berufskollegs, sich zertifizieren zu lassen, um damit auch Wiedereinsteigern Angebote machen zu können. „Es wird eine finanzielle Sicherheit geschaffen für Berufsrückkehrer oder auch Berufsfremde“, sagt Karsten Schnacke von der Arbeitsagentur, die Lehrgangsgebühren, Fahrtkosten und der Lebensunterhalt übernimmt. Von einem Ansturm geht er dennoch nicht aus: „Wenn ein Dutzend die Ausbildung beginnt, sind wir schon zufrieden.“
Schulleiter Fred Nierhauve geht nach dem bisher vorliegenden Anmeldezahlen davon aus, im August drei Klassen zu je 28 Schülern bilden zu können. Dazu kommt noch eine Teilzeitklasse in Abendform.