Castrop-Rauxel. . Die EU-Kennzeichnung für Bioprodukte gilt ab diesem Sommer nach einer zweijährigen Einführungsfrist verpflichtend. Die Verbraucherzentrale machte dazu jetzt Stichproben im Handel.

Auf einen Blick soll der bewusst einkaufende Kunde erkennen können, ob er zu einem Bioprodukt oder zu einem herkömmlichen greift. Seit dem 1. Juli gilt dazu eine neue Regelung: Alle verpackten Biolebensmittel, die innerhalb der Europäischen Union produziert und verkauft werden, müssen jetzt mit dem Aufdruck des EU-Biosiegels gekennzeichnet werden.

EU-Öko-Verordnung: Zeichen steht für Einhaltung der Anforderungen

Verpflichtend vorgeschrieben ist das Logo bereits seit Juli 2010 für alle verpackten Bioprodukte. Allerdings galt bis Sommer dieses Jahres eine Übergangsfrist zur Einführung des neuen Siegels. Das Bio-Siegel soll garantieren, dass bei der Herstellung und Kontrolle der Produkte die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung erfüllt wurden.

Zu erkennen ist das neue EU-Biosiegel an einem Emblem mit zwölf weißen Sternen auf grünem Grund, die ein stilisiertes Blatt bilden.

Die neue Kennzeichnungspflicht ist allerdings noch nicht flächendeckend im Handel angekommen, bemängelt die Verbraucherzentrale NRW nach einer Stichprobe in verschiedenen Läden. Dabei solle das übergeordnete europäische Siegel dazu dienen, den Überblick bei der Vielzahl existierender Zeichen zu behalten.

Waren, die noch auf Lager liegen, tragen noch das alte Siegel

Auch im Bioladen „Löwenzahn“ an der Lönsstraße springt dem Besucher an jeder Ecke ein Biosiegel entgegen. Das bisher gültige sechseckige mit der Aufschrift „Bio nach EG-Öko-Verordnung“ sowie das neue mit den weißen Sternen auf grasgrünem Grund. „Die Frist bezieht ja auf verpackte Lebensmittel“, verdeutlicht Löwenzahn-Inhaber Ludger Vollmer. Und diese Lebensmittel müssten eben seit Mitte dieses Jahres das neue Siegel tragen, sobald sie das Werk, in dem sie verpackt werden, verlassen.

„Wenn ich jetzt aber beispielsweise Nudeln, die lange haltbar sind, noch im Lager habe, dann räume ich natürlich erstmal die mit dem älteren Siegel nach“, macht der Bio-Händler deutlich. Das tue der Qualität schließlich keinen Abbruch. Generell beurteilt Ludger Vollmer das EU-Siegel als erste Orientierungshilfe im weiten Bio-Lebensmittel-Dschungel. Allerdings setzt er in seinem Laden zusätzlich auch auf andere, weiterführende Kennzeichnungen. In seinen Augen greifen die EU-Richtlinien nicht weit genug, sagt der Castrop-Rauxeler, der seit 30 Jahren den Bioladen „Löwenzahn“ in der Altstadt betreibt. „Unsere Anbauverbände, wie Bioland oder Demeter, schreiben eine viel strengere Deklaration vor und sind dadurch noch kompromissloser“, erläutert der Fachmann.

Unterschied zwischen EU-Siegel und Deklarationen bei Demeter und Co.

Der Unterschied sei, so Vollmer, dass Verbände wie etwa Demeter von Anbauer-Seite gegründet worden seien – also mit einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu kontrolliert biologischen Anbau – das EU-Bio-Siegel hingegen auf Initiative der abnehmenden Industrie eingerichtet worden sei und sich daher stark an der Markttauglichkeit der Produkte orientiert. Dadurch, so Vollmer, wurden gerade mal die unteren gesetzlichen Normen erfüllt. Beispiel gefällig?

Nach der EU-Verordnung sind 30 000 Hennen und mehr je Stallgebäude gestattet, nach den Bioland-Richtlinien sind es maximal 3000 Hennen. Oder nehmen wir Tomaten: Die Erzeugergemeinschaft, von der Vollmer die knallroten Leckereien aus Spanien bezieht, setzt nicht nur auf naturverträglichen Anbau, greift also zur Bewässerung das Grundwasser nicht an, das in der heißen südlichen Region rar ist, sondern hat auch ihre Mitarbeiter im Blick. „Die Sozialverträglichkeit der Beschäftigung spielt eine große Rolle“, so Vollmer – Mindestlöhne sowie Arbeits- und Gesundheitsschutzvorschriften seien dort selbstverständlich, andernorts eher eine Seltenheit.

Wegen der Unterschiede zwischen der EU-Verordnung und den tiefergehenden Zertifizierungen der Anbauverbände, auf die er zurückgreift, sieht Ludger Vollmer im EU-Bio-Siegel keine Konkurrenz. Im Gegenteil: „Es ist gut, dass es das Siegel und die anderen Kennzeichnungen gibt. So kann jeder erkennen, wo er dran ist und selbst entscheiden“ Der Kunde hat es – wortwörtlich – selbst in der Hand.