Castrop-Rauxel. . Wenn eine Gurke nur noch 19 Cent kostet und gleichzeitig mal wieder ein Lebensmittelskandal die Bevölkerung aufrüttelt, dann läuft etwas falsch - meint Ludger Vollmer. Der Castrop-Rauxeler betreibt den Bioladen “ Löwenzahn“ und wünscht sich mehr Respekt für gute Nahrung.
„Bio ist nicht zu teuer, die anderen sind zu billig“, sagt Ludger Vollmer mit Blick auf die ewig währende Diskussion über die Preisgestaltung bei Lebensmitteln. Dabei, so meint der Castrop-Rauxeler, der seit 30 Jahren den Bioladen „Löwenzahn“ in der Altstadt betreibt, trügen die immens niedrigen Discountpreise zur Entwertung der Nahrung bei.
„Da geht doch der Respekt verloren, wenn eine Schlangengurke 19 Cent oder ein Suppenhuhn nur 1,99 Euro kosten“, sagt Ludger Vollmer. Viele Verbraucher hätten nach wie vor eine Schere im Kopf, wenn es um Ausgaben für das tägliche Wohl gehe, hat der Bioladen-Betreiber die Erfahrung gemacht.
Größenordnungen der Lebensmittelindustrie sind vielen nicht bekannt
„Versuchen Sie mal, einem Autoliebhaber, der teures Öl in seinen Motor kippt, zu erklären, dass hochwertiges Salatöl eben auch seinen Preis hat.“ Die Gewichtung fehle: Auf der einen Seite reiht sich ein Lebensmittelskandal an den nächsten und der Ruf nach reiner, kontrollierter Nahrung wird lauter, auf der anderen Seite sinken die Ausgaben für Lebensmittel.
Ludger Vollmer ist niemand, der mit erhobenem Zeigefinger predigen würde, dass nur Bio der richtige Weg sei, vielmehr befürchtet er, dass ein Großteil der Bevölkerung schlicht nicht Bescheid weiß über die Vorgänge in der Lebensmittelindustrie. „Viele wissen nicht, in welchen Größenordnungen sich etwa konventionelle Tiermast abspielt“, vermutet Vollmer.
Ethik und Gesundheit spielen gleichermaßen eine Rolle
Er kennt den Bauern persönlich, über den er die Eier für seinen Laden bezieht, regelmäßig besucht er den Hof im Münsterland – auch mit interessierten Kunden. „Da leben die Tiere draußen, sie können scharren und picken – das kann sich da jeder angucken“, erzählt der Bioladen-Betreiber. Kein Vergleich zur konventionellen Mast. Und selbst die EU-Öko-Verordnung, nach der etwa Bio-Eier im Supermarkt zertifiziert sind, greift für Ludger Vollmer nicht weit genug. Nach dieser Verordnung sind 30 000 Hennen und mehr je Stallgebäude gestattet, nach den Bioland-Richtlinien sind es maximal 3000 Hennen.
Da sei der ethisch-moralische Gesichtspunkt die eine Seite, die gesundheitlichen Folgen die andere, sagt der Mittfünfziger und warnt: „In Deutschland geht es uns ja eigentlich gut, aber wir haben richtig schlechte Lebensmittel.“ Immerhin seien über 90 Prozent der Masthähnchen mit Antibiotika belastet. Das bleibe heute keinem mehr verborgen, es tue sich etwas im Bewusstsein, hat Ludger Vollmer beobachtet. „Den typischen Müsli-Kunden gibt es nicht mehr“, so der Bioladen-Inhaber. Stattdessen sei seine Kundschaft heute bunt gemischt, jeder suche sich aus dem Sortiment, was zu ihm passe – und viele fragten auch kritisch nach. „Da sind wir ja dankbar, wenn sich die Leute Gedanken machen und sich damit beschäftigen, woher ihre Nahrung kommt.“
Chef fungiert als "Resteverwerter"
Seine Nahrung kommt nahezu komplett aus dem „Löwenzahn“-Angebot. Allerdings fungiert Ludger Vollmer da auch als eine Art Resteverwerter. Aus einer Papiertüte, die er für den Feierabend bereit gestellt hat, zieht er fast ein wenig verlegen: die Endstücke der Käselaiber, eine weich gewordene Mango, eine Gurke mit Druckstellen und einen Blumenkohl, der seine beste Zeit hinter sich hat. Vollmer erklärt: „Die Sachen können wir nicht mehr verkaufen. Aber Wegwerfen? Nie!“
Mit Vollmer unterwegs
Gerne nimmt Ludger Vollmer seine Kunden mit auf eine kleine Tour: Als nächstes geht es am 16. Juni zum Biohof Ostendorf in Bergkamen. Dort können die Besucher den ökologischen Betrieb und die artgerechte Tierhaltung kennen lernen. Außerdem veranstaltet der Bioladen Löwenzahn am 16. Mai, dem Tag des Waschens, eine Tauschaktion mit Waschmittel.