Castrop-Rauxel. . Eine deutsch-türkische Familie in Castrop-Rauxel sieht sich mit ausländerfeindlichen Sprüchen in ihrer Nachbarschaft konfrontiert. Mit einem provozierenden Plakat sieht die Familie nun eine Grenze überschritten. Die Familie hat Anzeige erstattet, die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt.

Familie I. fühlt sich gekränkt, sie fühlt sich angegriffen. Ihr Nachbar diffamiert sie mit ausländerfeindlichen Sprüchen, die er auf Schilder schmiert und deutlich sichtbar an seinem Gartenhaus anbringt. „Run Türken out“, stand da zunächst geschrieben. Die Polizei entfernte das Plakat mit jener Parole, doch davon ließ sich der Mann nicht abhalten: Schnell hing ein zweites, ein drittes Plakat. „Auf – Auf ab in eure Heimat, sie warten schon auf euch, bestimmt. Gut Flug.“ Eine ganz üble Provokation.

Schon seit einigen Jahren macht der Nachbar der deutsch-türkischen Familie das Leben schwer. Seit ihrem Einzug in die Doppelhaushälfte im Stadtteil Schwerin – das war 2009 – soll er immer wieder Streit suchen. Es kam bereits zu juristischen Auseinandersetzungen und sehr vielen unschönen Begegnungen.

Opfer sind fassungslos: „Wie kann man so hässlich sein?“

„Nachdem wir die Polizei wegen des Plakats informiert hatten“, erzählt Frau I., „muss er mir am darauffolgenden Samstag zum Supermarkt gefolgt sein.“ Beim Einparken habe er ihr zugerufen: „Türken dürfen hier nicht einkaufen.“

Sie sei sprachlos, sagt die 59-Jährige. „Wie kann man so hässlich sein?“ So etwas sei ihr in all den Jahren, in denen sie nun in Deutschland lebe, noch nicht widerfahren. 1964, erzählt Ahmet I., sei er hierher gekommen, seine Frau 1972. „Ich habe als Berglehrling angefangen, danach ein Studium zum Bergbauingenieur absolviert und bin später Grubensteiger geworden.“ Gemeinsam mit seiner Frau hat der 63-jährige Rentner drei erwachsene Kinder. Der jüngste Sohn studiert noch, während der ältere Filius und die Tochter ihre akademische Ausbildung bereits erfolgreich abgeschlossen haben.

Auch alte Akten werden gesichtet

Die gesamte Familie sei fassungslos, so könne es nicht weitergehen, betont das Ehepaar. Er fügt hinzu: „Wir wollen doch nur Ruhe und Frieden.“ Statt dessen aber sind sie in ständiger Sorge, was als nächstes passiert.

Anzeige hat die Familie bereits erstattet, zugleich hat auch die Polizei ein Verfahren von Amts wegen eingeleitet. Derzeit prüft die zuständige Staatsanwaltschaft in Dortmund, ob der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sei. „Die Kollegen aus der politischen Abteilung werden dabei aber auch in die alten Akten schauen“, sagte Oberstaatsanwältin Dr. Ina Holznagel. Es gebe einen Vorgang aus dem Jahr 2011. Holznagel: „Da ging es darum, dass die beiden Nachbarn verbal aneinander geraten waren.“

Für den SPD-Bundestagsabgeordneten Frank Schwabe liegt ganz klar ein Fall von Volksverhetzung vor. Gestern stellte er per Fax einen entsprechenden Strafantrag bei der Staatsanwaltschaft. „Da ist eindeutig eine Grenze überschritten worden“, betont er. Schwabe drängt zudem darauf, dass das Ordnungsamt das Plakat entfernt.

„Zunächst mal handelt es sich um ein Privatgrundstück“, sagt Stadtsprecherin Maresa Hilleringmann. „Derzeit klären wir aber, ob eine Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorliegt.“ Sollte es sich um einen solchen Verstoß handeln, werde eine Ordnungsverfügung erfolgen. „Dann wird dem Nachbarn eine Frist gesetzt, in der er das Plakat entfernen muss“, so Maresa Hilleringmann. Sie fährt fort: „Ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes wird auch bei dem Mann vorbeischauen, um ihn dazu zu bewegen, das Plakat abzuhängen.“ Das sollte gestern geschehen.

Anti-Diskriminierungs-Kurse an der Ickerner Gesamtschule

Mit Akribie und Begesiterung haben die 15 bis 16-jährigen Jugendlichen gemalt.
Mit Akribie und Begesiterung haben die 15 bis 16-jährigen Jugendlichen gemalt. © WAZ
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Symbole für den Frieden © WAZ
Frieden ist international.
Frieden ist international. © WAZ
Bilder in allen Größen und Faben: Grenzen waren den Gesamtschülern nicht gesetzt
Bilder in allen Größen und Faben: Grenzen waren den Gesamtschülern nicht gesetzt © WAZ
Romina genießt den Zusammenhalt in ihrer Klasse.
Romina genießt den Zusammenhalt in ihrer Klasse. © WAZ
Die Förderklasse der Gesamtschule präsentiert die Ergebnisse ihres Unterrichts von Lehrer Helmut Buth (im hintergrund)
Die Förderklasse der Gesamtschule präsentiert die Ergebnisse ihres Unterrichts von Lehrer Helmut Buth (im hintergrund) © WAZ
Thorsten Schnelle leitet die Agora, in der die Anti-Diskriminierungs-Workshops stattfanden.
Thorsten Schnelle leitet die Agora, in der die Anti-Diskriminierungs-Workshops stattfanden. © WAZ
Hand in Hand gegen Rechtsradikalismus - die Förderklasse stellt sich als Einheit dar.
Hand in Hand gegen Rechtsradikalismus - die Förderklasse stellt sich als Einheit dar. © WAZ
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