Kirchhellen. Willi Fockenberg aus Grafenwald leitet den Fachbereich Bergbautechnik. Davor arbeitete er auf den Zechen Sterkrade und Lohberg

„Einmal Bergmann – immer Bergmann“ ist eine alte Revierweisheit, doch für beinahe alle Revier-Kumpels endete die untertägige Arbeit am 21. Dezember 2018 mit der Schließung der letzten deutschen Steinkohlenzeche Prosper-Haniel. Aber nicht für den gebürtigen Grafenwälder Willi Fockenberg. Sein Arbeitsplatz zur Zeit: Ort 2, sein Büro – eine Steigerstube. Denn der 56-Jährige leitet den Fachbereich Bergbautechnik im Bochumer Bergbau-Museum.

„Wir nutzen die coronabedingte Zwangspause, um notwendige Arbeiten vorzunehmen,“ erklärt Fockenberg. Dazu gehört auch die gründliche bergmännische Überarbeitung des sogenannten Ortes 2 in 19 Meter Tiefe. Dabei verfügt das Museum mit dem markanten Wahrzeichen, dem einstigen Fördergerüst der ehemaligen Dortmunder Zeche Germania, längst über ein untertägiges Streckennetz von etwa zwei Kilometer Länge. Davon sind gegenwärtig aber nur 1200 Meter zugänglich.

Bewerbung blieb ohne Antwort

Das Museum präsentiert hier im Untertagebereich verschiedene Bergbaumaschinen. Abbau, Streckenvortrieb oder Transport werden dort den Besuchern meist von ehemaligen, ehrenamtlich im Museum tätigen Ex-Bergleuten auf Wunsch näher gebracht. Obwohl Willi Fockenberg in der Nähe von Prosper-Haniel-Schächten aufgewachsen ist und heute noch wohnt, ist er nie hauptberuflich in Bottrop angefahren.

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„Als ich 1982 die Schule verließ, wollte ich eigentlich eine Ausbildung auf Prosper-Haniel beginnen, erhielt aber nie eine Antwort auf meine Bewerbung, daher verschlug es mich damals zur Zeche Sterkrade,“ meinte der Grafenwälder. Als Willi Fockenberg 1982 seine Ausbildung zum Bergmechaniker begann, gab es noch 350 Azubis auf diesem Pütt. Im Rahmen seiner Ausbildung lernte der junge Grafenwälder 1984 natürlich auch den Untertagebetrieb kennen. Hier wurde er im Abbau und im Streckenvortrieb eingesetzt.

Wechsel in den Ausbildungsbetrieb

„Weil ich so schmächtig war, schien mein Untertageeinsatz zunächst gefährdet, doch zu Hause gab es in dieser Zeit ein paar Extra-Essensportionen,“ lacht Fockenberg, der nach der Ausbildung bald in den Ausbildungsbetrieb wechselte, und sich hier sehr wohlfühlte.

Doch dann kam das Aus für den Pütt in Sterkrade und Willi Fockenberg wechselte 1992 zur Zeche Lohberg, auch hier war er wieder Ausbilder. Kurz danach entschloss sich Fockenberg jedoch dazu, eine Technikerschule zu besuchen. „Eine harte Zeit, dreimal in der Woche nach Schichtende nach Bergkamen zu fahren, um dort die Schulbank zu drücken,“ unterstreicht er. Nach erfolgreicher Absolvierung der Schule blieb Fockenberg noch vier Jahre in Lohberg, um dann ab 2002 seinen Dienst als Bergbaumaschinenspezialist in Bochum anzutreten.

Ausgrabungen an historischen Bergbaustätten

„Diesen Schritt habe ich nie bereut,“ betont der Experte, der sich in den vergangenen Jahren sogar an Ausgrabungen historischer Bergbaustätten in Österreich und der Türkei beteiligt hat. „Bei diesen Einsätzen unter der Leitung unserer Experten wurde ich sogar zweimal fündig. Diese Exponate wurden danach von Spezialisten geborgen und zur Erhaltung für die Nachwelt präpariert,“ erzählt Fockenberg, der auch viele Jahre für den heimischen VfL aktiv war. Bereits 1970 trat er dem Verein bei, war Spieler – so einst mit dem ehemaligen RAG-Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Ludwig Ladzinski – und Trainer verschiedener Nachwuchsteams.

Als Abteilungsleiter Bergbautechnik hat Willi Fockenberg eine Vision: Er möchte einen Bergmann ausbilden. Die Chancen stehen nicht schlecht, denn wo kann ein Interessent heute noch eine Ausbildung zwischen Ort 2 und Steigerstube absolvieren – wohl nur noch im Bochumer Bergbaumuseum.

>>>Info<<<

Die Geschichte des Bochumer Museums beginnt bereits um 1860. Aber erst ab 1946 rückte diese Einrichtung richtig in den Fokus der Öffentlichkeit. Seitdem wird das Museum mit den Bereichen Ausstellung, Forschung und Montanarchäologie ständig erweitert. Im Museum sind 120 Mitarbeiter tätig. Der Abteilung Bergbautechnik und Logistik, die von Willi Fockenberg geleitet wird, gehören zehn Spezialisten an. Die Ausstellungsfläche des DBM beträgt rund 12 000 Quadratmeter. Rund 370 000 Besucher finden normalerweise pro Jahr den Weg in dieses Museum unterm Förderturm.