Kirchhellen. Galloway-Rinder aus Grafenwald haben bei der Bundesschau auf der Grünen Woche in Berlin Preise abgeräumt. „Nancy“ ist sogar Bundessiegerin.

Gar nicht schlecht für ein Züchter-Ehepaar, das erst seit neun Jahren dabei ist: Ursula und Olaf Hasenbein vom traditionsreichen Mayhof in Grafenwald haben mit ihren Galloways bei der Bundesschau in Berlin Preise in drei Klassen abgeräumt. Mutterkuh „Nancy“ ist zudem Bundessiegerin aller Klassen.

Siegerschleifchen, Preise und Pokale: Die Ausbeute von Ursula und Olaf Hasenbein von der Bundesschau in Berlin.
Siegerschleifchen, Preise und Pokale: Die Ausbeute von Ursula und Olaf Hasenbein von der Bundesschau in Berlin. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Grafenwälder Erfolgsgeschichte

Angefangen hat die Grafenwälder Erfolgsgeschichte mit der Frage: Wie halten wir die Weiden kurz und grün? Seit 2005 bewirtschaften Ursula und Olaf Hasenbein die 18 Hektar des Mayhofes am Vossundern mit einer Pferdepension. Wie unzählige andere Halter stellten sie fest, dass Pferde wählerisch sind beim Grünbestand auf der Weide. Einige Stellen fressen und stampfen sie so kahl, dass sich statt der Grasnarbe Unkraut festsetzt und verbreitet. Rinder dagegen weiden das Grünland gleichmäßiger ab und gehen beim Weiden auch näher an die Kotstellen der Pferde. „Optimal für die Nachbeweidung sind Galloways“, sagt Ursula Hasenbein. Deshalb haben die Nebenerwerbslandwirte 2011 die ersten beiden Rinder angeschafft. „Und dann sprang der Galloway-Virus über.“

Eine ordentlichen Anteil daran hatte Arno Molter. Auf seinem „Hof Grilseifen“ in Heidenrod im Rheingau-Taunus-Kreis züchtet er die robusten Rinder aus Schottland seit 30 Jahren und hat den Hasenbeins in einem Einsteigerseminar die Begeisterung für die Zucht vermittelt. Ergebnis: Bei der Grünen Woche standen die inzwischen befreundeten Lehrer und Schüler gemeinsam mit ihren Tieren auf dem Siegertreppchen.

Wird er der nächste Siegertyp? Jungbulle „Elmo“ wurde in Berlin „Junior Reserve Champion“.
Wird er der nächste Siegertyp? Jungbulle „Elmo“ wurde in Berlin „Junior Reserve Champion“. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Premiere aus eigener Zucht: Paula

Das erste Kalb aus eigener Zucht war im Jahr 2014 „Paula“. Vier Jahre später wurde sie in Hamm zur „besten Kuh mit Kalb“ in NRW gekürt. Bulle „Emil“ holte bei diesem Wettbewerb sogar den Titel „Sieger er alle Rassen“. Jetzt folgten die Siege auf Bundesebene bei der Schau in Berlin unter dem Motto „Fleischrinder unter dem Funkturm“. Bulle „Elmo“ (21 Monate) holte zudem den Titel „Junior Reserve Champion“. Klingt schön, sagt Olaf Hasenbein, bedeutet aber schlicht: Platz zwei.

Gut, Galloways sind gute Futterverwerter und pflegen das Gras auf der Pferdeweide. Aber das kann nicht der einzige Grund sein, warum die Hasenbein-Herde inzwischen auf 36 Rinder angewachsen ist. „Galloways sind friedfertig, genügsam und widerstandsfähig“, sagt Olaf Hasenbein. Außerdem leben sie deutlich länger als auf Hochleistung gezüchtetes Milchvieh: „Die Kühe können bis zu 20 Jahre alt werden.“

Pferde und Rinder halten sich gegenseitig die Würmer vom Hals

Außerdem hat die Weidegemeinschaft mit den Pferden einen weiteren Vorteil: Pferde und Rinder halten sich gegenseitig die Würmer vom Hals. Details schmecken nicht unbedingt zum Frühstück, also belassen wir es bei der Aussage: „Wir haben sehr geringen Parasitenbefall.“

Zur Wahrheit über die Galloways aus Grafenwald gehört auch: Die Viecher schmecken einfach gut. Schon der römische Dichter Livius besang im zweiten Jahrhundert den Geschmack des Fleisches der schwarzen Rinder von der anderen Seite des Hadrianswalles. „Wir schlachten kein Tier, das jünger ist als vier Jahre“, versichert Olaf Hasenbein. Und: „Als Tierliebhaber versichern wir, dass unsere Tiere so schonend und stressfrei wie möglich geschlachtet werden.“ Ursula Hasenbein ergänzt: „Weil die Tiere so lange bei uns leben, wusste ich beim ersten Mal gar nicht, ob ich das Fleisch überhaupt essen konnte.“ Sie konnte.

Rinderzucht auf dem Traditionshof

Der Mayhof am Vossundern entstand nach den Recherchen des Arbeitskreises Grafenwald im Heimatverein 1876. Erbaut hat ihn Franz Gerhard May aus Rentfort, der 1856 den Grafenwald gekauft hatte. Zwischen 1860 und 1873 ist May nach Kirchhellen-Holthausen gekommen und hat 1876 auf dem Besitz seines früheren Kompagnons beim Waldkauf einen Neubau mit der Adresse „Holthausen 90“ errichtet.

Sein Sohn Franz May, 1847 in Gladbeck geboren und 1906 in Köln gestorben, setzte sich seit 1893 für den Bau einer Kirche in Grafenwald ein. Er wurde Mitglied im Kapellenbauverein, stellte das Grundstück für die Kirche zur Verfügung und bürgte für 20 000 Mark Baukosten. 1899 wurde die Kirche eingeweiht. Im Jahr 2016 holte der Arbeitskreis Grafenwald einen historischen Mühlstein von der Grafenmühle in die Ortsmitte und weihte den „Franz-May-Platz“ ein. Damit ehrte er den Mann, der „zumindest in Grafenwald zu kurz kommt“, sagt Arbeitskreis-Sprecher Peter Scheidgen.

Schon vor dem Kirchbau hatte Franz May einen Großteil seines Grafenwälder Besitzes, darunter auch den Mayhof, an den Rheinstahl-Konzern verkauft. Später wohnten auf dem Hof der 1914 von Wilderern in der Hohen Heide erschossene Förster Paul Töfflinger und das Grafenwälder Original Fritz Schlüter, der dem Hof eine Zeitlang seinen Namen gab.

Seit 1878 gibt es die „Galloway Cattle Society“ in Schottland. Laut den Herdbüchern der ältesten schottischen Züchter ist die preisgekrönte Hasenbein-Mutterkuh die 167. „Nancy“ des langen Stammbaums.