Am 30. Mai 1914 wurde der Revierförster von Wilderern erschossen. Am Samstag erinnert der Verein für Orts- und Heimatkunde in Grafenwald an den Mord am Waldrand

Der Mord liegt 100 Jahre zurück, bleibt aber unvergessen: Mit einem Vortrag am Samstag um 15 Uhr im Pfarrheim Heilige Familie Grafenwald erinnert der Verein für Orts- und Heimatkunde an den 100. Todestag des Revierförsters Paul Töfflinger; Angehörige der Familie kamen gestern Abend zu einer Feierstunde am Gedenkstein an der Töfflingerstraße.

Töfflinger, Vater von neun Kindern, war Pfingsten 1914 als preußischer Förder in Diensten der Industriellenfamilie Thyssen auf dem Rückweg von einer Jagd mit einem Thyssen-Direktor auf zwei bewaffnete Wilderer gestoßen. Einer ergab sich sofort, der andere flüchtete. Er muss den Förster verfolgt haben: Aus 150 Metern schoss er Töfflinger in den Rücken. Ein Sohn des Bauern Riesener hörte den Schuss und sah, wie zwei Männer die Leiche in den Wald schleppen wollten. Als sie ihn sahen, flüchteten sie. Töfflingers Freund Theo Weiß brachte den toten Förster nach Hause und überbrachte der Witwe die Todesnachricht. Zehn Tage später brachte sie ein Mädchen zur Welt, das Pauline getauft wurde. So viel Anteilnahme wie bei Töfflingers Beisetzung, schrieb Theo Täpper 1975, „hatte Kirchhellen noch nie erlebt“.

Die beiden mutmaßlichen Täter starben unter ungeklärten Umständen. Bereits einen Tag nach der Tat, am 31. Mai 1914, wurde der Wilderer Brüggemann festgenommen. Im Bottroper Gerichtsgefängnis fand man ihn wenig später mit seinem Hosenträger erhängt. Der Wilder Fahnenbrock flüchtete nach England. Bei seiner Rückkehr 1919 wurde er verhaftet, aber im Prozess freigesprochen, weil er alle Schuld auf den toten Wilderer Brüggemann geschoben hatte. Im Zuge des Spartakusaufstandes 1919 wurde er in Oberhausen erschossen. An den ermordeten Förster erinnerten seit 1914 mehrere Gedenkkreuze und -Steine, der Heimatverein setzte sich ein für die Straßenumbenennung.