Bottrop. . Die beiden Kabarettisten Ludger Stratmann und Benjamin Eisenberg merken, dass sich das Image ihrer Heimat wandelt. Doch sie wissen auch, dass es noch einiges zu tun gibt. Ein Interview mit den beiden Humorbotschaftern.
Äußerlich könnten die Unterschiede kaum größer sein. Lässig, mit schwarzer Lederhose und schwarzem Polo-Shirt sitzt Ludger Stratmann im Café. Daneben wirkt Benjamin Eisenberg mit seinem Hemd geradezu seriös, fast geschäftsmäßig. Doch schnell wird klar: Hier sitzen zwei beisammen, die sich kennen sich gegenseitig schätzen und überzeugte Bottroper sind. Im Gespräch mit WAZ-Redakteur Matthias Düngelhoff blicken sie deshalb auch zurück auf kommunale Entscheidungen und Themen im Jahr 2012.
Wenn Sie das Bottroper Jahr Revue passieren lassen, gibt es Themen, die Sie reizen, bei denen es juckt, sie kabarettistisch aufzugreifen?
Eisenberg: Wir würdigen bei Comedy im Saal ja regelmäßig Michael Wendler, der hier sein Kulturcafé am Südringcenter an der A 42 eröffnet hat. So viele Sachen bieten sich lokal nicht. Hier sind die Leute anständig, da tritt kaum ein Politiker zurück. Auf Bundes- oder Landesebene ist das ja nicht so. Aber was mich bewegt hat, ist die Geschichte mit dem Stenkhoffbad. Daher finde ich es gut, dass sich da jetzt der Förderverein gegründet hat. Sonst kann man nur Gutes sagen. Innovation City ist ein tolles Projekt, öffentlichkeitswirksam, die Wahrnehmung unserer Stadt hat sich verändert.
Stratmann: Die Zeiten, wo jeder Witze über die Stadt gemacht hat, sind vorbei. Der Kabarettist, der mit „Bottrop“ auf die Bühne geht und glaubt, Lacher zu kriegen, der hat sich vertan. Heute muss man schon mit „Herne“ oder „Castrop-Rauxel“ kommen. Ich kann mich mit dieser Stadt identifizieren, hier möchte ich wohnen bleiben, hier wird möglicherweise die Zukunft gestaltet, das finde ich gut.
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Also alles eitel Sonnenschein?
Stratmann: Bottrop müsste Bürger halten. Das geht nur, wenn ich denen was biete. Wenn ich zu meinen Haus fahre, dann überlege ich als eingefleischter SUV-Gegner manchmal, dass ich mir doch so einen Geländewagen kaufe. Unser Straßenzustand ist ‘ne Katastrophe. Und was sich an der Prosperstraße rund um meine ehemalige Praxis abspielt ebenfalls. Das wird ein Ghetto. Es gibt auch in Bottrop, obwohl die Stadt klein ist, vernachlässigte Stadtteile.
Was müsste getan werden?
Stratmann: Man muss ein bisschen die Infrastruktur ändern. Man sollte überlegen, vielleicht mal eine Kleinkunstbühne zu bauen. Warum muss er (deutet auf Eisenberg) in irgendwelche Schulen gehen oder warum muss Schmickler in der Aula des JAG auftreten? Wenn man den Saalbau anguckt, da gibt es schöne Säle.
Eisenberg: Ob sich der Saalbau noch lohnt, das ist die Frage. Und ich persönlich finde die Atmosphäre im großen Saal etwas kalt. Es verhallt alles.
Großes Thema war im vergangenen Jahr Wulff.
Eisenberg: Wulff ist durch, den will niemand mehr hören. Den habe ich noch mit einer kurzen Passage – vielleicht noch ein Satz – im Programm und als ich zuletzt in Niedersachsen nur den Namen genannt habe, machte sich Unmut breit. Der ist durch, genau wie Guttenberg.
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Bietet sich schon ein Nachfolger an?
Eisenberg: Auf dem Niveau bisher noch nicht.
Stratmann: Steinbrück vielleicht. Aber auch nur kurz.
Eisenberg: Wobei die Affäre ist auch schon fast wieder vorbei.
Stratmann: Manchmal denke ich bei politischen Kabarettisten auch, dass sie sich an etwas hochziehen. Jetzt hatten sie Steinbrück längst nicht so drauf, wie sie Wulff und Merkel als Dauerbrenner drauf hatten. Ich denke, dass das Rumgehacke auf Merkel – also Frisur und Hosenanzug – ein Dauerbrenner bleibt . Das ist meine Kritik am politischen Kabarett, dass es sich unheimlich oft wiederholt und solche eigentlich bedauernswerten Figuren wie Wulff und Guttenberg, so scharf rannimmt.
Sie haben beide vor Kurzem Jubiläen gefeiert. 100. Kneipentheater im WDR und 100. Show „Comedy im Saal“. Beachtet man solche Marken?
Stratmann: Ja, auf jeden Fall. Denn Kabarett im Fernsehen ist eine ganz kurzlebige Geschichte. Da sind zehn Jahre mit Quoten von bundesweit rund einer Million Zuschauern schon etwas Besonderes, darüber freut man sich auch. Auch darüber ,dass man samstagabends den Großen, also Gottschalk, Silbereisen und Co. eine Million abzwacken kann. Das hängt nicht mit meinen Texten zusammen, sondern es liegt daran, dass das Konzept einfach gut ist.
Eisenberg: Für uns ist es eine besondere Sache, dass die Show zwölf Jahre gehalten hat. Am Anfang hat keiner dran geglaubt. Und es hat irgendwie geklappt, es hat sich bewährt.