Bottrop.

Um Kleinkinder vor Gewalt und Vernachlässigung zu schützen, rief Bottrop 2008 das Projekt „Frühe Hilfen für Mutter und Kind“ ins Leben. Eine Bilanz: Jährlich werden rund 120 Kleinkinder und Säuglinge mit ihren Müttern betreut - meist über Monate.

Nach drei Jahren des Projekts „Frühe Hilfen für Mutter und Kind“ zieht Dr. Anita Sählbrandt, Kinderärztin im Gesundheitsamt, eine Bilanz: Jährlich werden rund 120 Kleinkinder und Säuglinge mit ihren Müttern zumeist über mehrere Monate betreut, weil den Müttern die Situation über den Kopf zu wachsen droht. Einige Kleinkinder - 2009 wurden 12 Fälle gezählt - müssen pro Jahr bei einem der Hausbesuche wegen akuter Gefährdung in Obhut genommen werden. Kerstin Stiewe, Abteilungsleiterin im Jugendamt, schildert eine solche Situation: ein freilaufendes und unbeaufsichtigtes Frettchen hatte ein Neugeborenes in die Wange gebissen.

Familienhebammen und (Kinder)Krankenschwestern

38 Betreuungen gab das fünfköpfige Team, bestehend aus Familienhebammen und (Kinder)Krankenschwestern, an niedergelassene Hebammen ab, weil die Kapazitäten erschöpft waren. Wegen des großen Bedarfs wurde die Stundenzahl der Mitarbeiterinnen einmal um insgesamt sechs Stunden aufgestockt; Dr. Sählbrandt hält eine weitere Aufstockung für sinnvoll.

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Von DerWesten

Die meisten Hinweise auf eine drohende Überlastung der Mutter erreichen die Mitarbeiterinnen aus der Kinderklinik und der Säuglingsstation des Marienhospitals und vom allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Jugendamtes. Klinik und ASD fragen die Mütter, ob Bedarf besteht an früher Hilfe. Willigt die Frau ein, erhält sie Besuch von Hebamme oder Kinderkrankenschwester. Meist stellt sich heraus, dass die Unterstützung längerfristig angelegt werden muss, sagt Dr. Sählbrandt. Oft sind es junge, unerfahrene Mütter, die Hilfe brauchen, aber auch die Geburt des dritten oder vierten Kindes kann eine Krise heraufbeschwören. Die Ärztin nennt Risikofaktoren: Psychische Erkrankungen, Sucht, geistige Störungen, aber auch Arbeitslosigkeit und unsichere Lebensverhältnisse können Mütter aus dem Gleichgewicht bringen. Kerstin Stiewe hat oft erlebt, dass Mütter ihren Kindern hilflos gegenüberstehen und nicht wissen, wie sie mit ihnen umgehen sollen. Baden, wickeln, Körperkontakt - die Hebamme führt praktisch vor, was gut ist fürs Kind, sie hat auf Fragen zu Pflege, Hygiene und Ernährung eine Antwort und sie kommt wenn nötig mehrmals in der Woche. Bei Bedarf setzt später die Kinderkrankenschwester die Betreuung der einjährigen Kinder und ihrer Mütter fort. Sie hat auch die Gefahren im Blick, die lebhaften Kindern in räumlich beengten Lebensverhältnissen drohen.