Bottrop. Kontrollen der Stadt zeigen, dass bei den in Bottrop eingesetzten Wachdiensten kaum alles in Ordnung ist. Die Stadt sucht Auswege aus der Misere.
Die von der Stadt beauftragten Sicherheitsdienste, die in Bottrop etwa Flüchtlingsunterkünfte oder städtische Dienststellen überwachen, machen nach Ansicht einer ganzen Reihe von Ratsvertreterinnen und Ratsvertretern einen zu schlechten Job. Auch Kontrollen des Ordnungsamtes hatten dafür Belege geliefert. „Dadurch sind durch die Bank große Mängel bei der Erbringung der geforderten Dienstleistung erkennbar geworden“, bedauerte SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Buschfeld.
Über Auswege aus dieser Misere sind sich die Ratsparteien zwar nicht einig, doch im Hauptausschuss erhielt die Verwaltung jetzt den Auftrag, die Gründung eines eigenen Sicherheitsdienstes unter städtischer Regie eingehend zu prüfen. Der Vorschlag kommt aus der SPD. Allein FDP-Chef Andreas Mersch stimmte dagegen. Nicht nur die SPD-Vertreter aber stören die oft schwer durchschaubaren Geflechte zwischen den Sicherheitsfirmen, die sich um die Aufträge der Stadt bewerben.
„An einem Sub-Sub-Sub-Wettbewerb nicht beteiligen“
Auch die prekär erscheinenden Beschäftigungsverhältnisse stoßen auf Kritik. „An einem solchen Sub-Sub-Sub-Wettbewerb sollten wir uns nicht beteiligen“, sagte Matthias Buschfeld. Die Stadt habe aber nun einmal spätestens seit der Corona-Pandemie und durch die Flüchtlingsunterkünfte einen höheren Bedarf an Sicherheitskräften. Die Kosten dafür gehen in die Millionen, hielt etwa auch ÖDP-Ratsfrau Marianne Dominas fest.
Die SPD zweifelt allerdings auch an der Seriosität bestimmter Sicherheitsbetriebe. „Es ist erkennbar, dass sich ein Klientel mit Angeboten an den Ausschreibungen der Stadt beteiligt, bei denen klar ist, dass eine Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben ist“, kritisierte SPD-Ratsherr Buschfeld. Das führe wiederum zu womöglich irregulären Beschäftigungsverhältnissen. „Belege zeigen uns ganz deutlich, dass es dort nach den Erfordernissen des Arbeitsschutzgesetzes nicht zugehen kann“, sagte Buschfeld.
Klage über Unzulänglichkeiten bei den Sicherheitsdiensten
Linke-Ratsherr Niels Schmidt sprach daher auch davon, dass unter den Firmen in der Sicherheitsbranche viele schwarze Schafe seien. Es könne bei aller guten Absicht doch keine Lösung sein, dass die Stadt die von ihr beauftragten Sicherheitsfirmen auf eigene Kosten auch noch anlernen und in deren Aufgaben einführen müsse, kritisierte er. Den Verstoß der SPD, dem Ganzen mit einem städtischen Sicherheits-Eigenbetrieb ein Ende zu bereiten, unterstützte er.
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„Sehr vernünftig“, stimmte Schmidt der SPD-Idee zu. „Völlig richtig“ nennt auch Irmgard Bobrzik (DKP) das Ansinnen und pochte auf Tariftreue sowie gerechte Löhne für die Beschäftigten. Auch die CDU legt darauf wert. Fraktionschef Hermann Hirschfelder prangerte Unzulänglichkeiten bei den Sicherheitsfirmen ebenfalls ausdrücklich an. Bei der Gründung eines eigenen Sicherheitsbetriebes bleibt die Union aber skeptisch. Wie die FDP wiesen CDU-Vertreter darauf hin, dass es in NRW eine Menge seriöser privater Sicherheitsunternehmen gebe.
„1000 Prozent nach Preis, null Prozent nach Leistung“
Die Stadt solle vielmehr ihre Ausschreibungen ändern. „Angebote, die nicht auskömmlich sind, dürfen nicht berücksichtigt werden. Der Mindestlohn muss erfüllt sein“, sagte Hermann Hirschfelder. Die Grünen ringen erkennbar noch um eine Haltung zu der SPD-Idee und enthielten sich ebenso wie die CDU-Ratsleute der Stimmen. Die AfD befürwortet den Prüfauftrag zur Gründung des Sicherheitsbetriebes dagegen. Fraktionschef Patrick Engels kritisierte die Auftragsvergaben der Stadt ebenfalls. „Tausend Prozent nach Preis und null Prozent nach Leistung“, spitzte er seine Kritik zu.
Deshalb will die SPD bei einer Gründung eines Sicherheitsbetriebes unter städtischer Regie auch die Arbeitsförderungsgesellschaft Gafög einbinden. Diese sollte dann für eine professionelle Ausbildung des Sicherheitspersonals und damit für eine höhere Qualität der Sicherheitsdienste sorgen. „So etwas macht die Gafög ja jetzt schon“, unterstrich SPD-Fraktionschef Matthias Buschfeld.
Gelsenkirchen verdoppelt Personal des Ordnungsdienstes
So ist die Stadt Gelsenkirchen dabei, das Personal ihres Kommunalen Ordnungsdienstes schrittweise auf bis zu 100 Beschäftigte zu verdoppeln. Bis 2024 sollen 50 zusätzliche Kräfte eingestellt werden. Die Gafög trägt dazu bei, dass dem KOD in der Nachbarstadt gut ausgebildete Kräfte zur Verfügung stehen und bietet die erforderlichen Lehrgänge an. Zig Absolventinnen und Absolventen der Gafög-Umschulungen hätten inzwischen bei Kommunalen Ordnungsdiensten ihre Jobs, heißt es.
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Der SPD-Vorstoß zur Gründung eines eigenen Sicherheitsbetriebes kommt auch nicht von ungefähr. Einen ähnlichen Prüfauftrag erhielt vor gut zwei Jahren auch die Stadt Dortmund. OB Thomas Westphal legte im Rat der Westfalenmetropole inzwischen Pläne zur Gründung einer Servicegesellschaft vor, die sich für die Stadt Dortmund um Sauberkeit, Sicherheit und Ordnung kümmern soll. Fünf Prozent der Anteile von „Service21“ soll die Stadt halten, 95 Prozent sollen bei den Dortmunder Stadtwerken liegen.
Dortmunder Sicherheits-Projekt löste Proteste aus
Das Projekt löste unter Sicherheitsfirmen und Reinigungsbetrieben Proteste aus und wurde im Dortmunder Rat wiederholt von der Tagesordnung genommen. Zwar gibt es auch in Bottrop solche Eigenbetriebe wie die Best oder den Sport- und Bäderbetrieb, das Beispiel Dortmund aber zeigt: Wer unter städtischer Regie einen Sicherheitseigenbetrieb gründen will, braucht einen längeren Atem. ÖDP-Ratsfrau Dominas bat auch schon darum, dass die Verwaltung den Ratsparteien auch Hinweise darauf geben sollte, ob und wie lange der hohe Bedarf an Sicherheitskräften vorhanden sein dürfte.