Bottrop. „Ohne uns kein Geschäft“: Am Netto-Standort in Bottrop-Boy streiken Lkw-Fahrer und Lagerarbeiter aus Bottrop, Bad Wünnenberg, Hamm. Die Gründe.
Der Bus, der die Streikenden aus Krefeld bringen sollte, ist kurzfristig ausgefallen. Aber aus Hamm und Bad Wünnenberg sind sie gekommen, streiken mit den Bottroper Kollegen vor dem Netto-Lager-Standort an der Weusterstraße. „Ohne uns kein Geschäft“, skandieren sie, lassen die Trillerpfeifen tönen. 120 bis 130 Lkw-Fahrer, Kommissionierer, Lager- und Versandmitarbeiter sind es nach Verdi-Angaben, die in der Tarifauseinandersetzung im Groß- und Außenhandel am Freitag ein Ausrufezeichen setzen.
Verdi: „Das sind die Menschen, die dafür sorgen, dass die Regale voll sind“
Denn sie bleiben nicht am Warenlager in der Boy – und damit im Grunde unsichtbar für die Öffentlichkeit. Sie ziehen mit Transparenten, Musik und unter lauten Rufen einmal ums Eck, vor die Netto-Filiale an der stärker befahrenen Straße „Im Gewerbegebiet“. „Das sind die Menschen, die dafür sorgen, dass die Regale hier voll sind“, ruft Azad Tarhan ins Mikrofon. Er ist der für den Bottroper Netto-Standort zuständige Gewerkschaftssekretär.
Seit Mai wird laut Verdi mit der Arbeitgeberseite um eine tragfähige Tariferhöhung verhandelt. Die letzte Verhandlungsrunde sei nach 13 Stunden abgebrochen worden. Verdi fordert eine Erhöhung der Entgelte von 13 Prozent, mindestens aber 400 Euro. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 250 Euro angehoben werden.
Das Angebot der Arbeitgeberseite habe sich offiziell nicht geändert: Sie bietet 5,1 Prozent ab 1. September dieses Jahres sowie eine weitere Erhöhung um 2,9 Prozent ab August 2024. Dazu soll es eine Inflationsausgleichsprämie geben: 700 Euro in diesem Jahr, 700 weitere im nächsten.
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Die Tarifverhandlungen werden am 1. Dezember fortgesetzt. Sollte auch diese Verhandlungsrunde ergebnislos bleiben, soll laut Verdi erst recht und mit noch mehr Leuten gestreikt werden – dann im Weihnachtsgeschäft. Allerdings: Bei den ersten Streiktagen in diesem Jahr hätten noch mehr Kollegen mitgemacht, berichten die, die heute da sind. Selten heißen Arbeitgeber Arbeitsniederlegungen willkommen. Für die Streikenden heute gibt es aber genug Gründe, für ihre Forderungen zu kämpfen.
Sie beklagen beispielsweise mehr Arbeitsaufwand bei gleichem Geld, fehlende Wertschätzung, die sich auch im Arbeitgeberangebot von 5,1 Prozent ausdrücke („das ist ein Witz!“), haben Sorge, wie sie bei der hohen Inflation noch mit ihrem Gehalt auskommen sollen.