Bottrop. Die IG Rathausviertel war früh im städtischen Markt-Team vertreten. Die Firma ihres Geschäftsführers bekam den Auftrag fürs neue Marktkonzept.

Wie sehen die beiden Wochenmärkte in der Bottroper Innenstadt in Zukunft aus? Erste Antworten werde die Werbeagentur CK Media & Events voraussichtlich am kommenden Freitag, 3. November, im Ratsausschuss für Wirtschaftsförderung geben, teilte Geschäftsführer Holger Czeranski der WAZ mit. Fertig sein soll das neue Wochenmarktkonzept bis Ende des Jahres, kündigte er an. Den Auftrag zur Erarbeitung des Marktkonzeptes hatte die Stadt der Bottroper Agentur nach Aufbereitung durch das städtische Amt für Wirtschaftsförderung erteilt. Die schon länger schwelende Kritik an der Art und Weise der Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Firma flammte wieder auf.

Die Vorarbeiten an der Zukunftsgestaltung der Bottroper Innenstadtmärkte begannen Monate bevor die Verwaltung sich auf die Suche nach Auftragnehmern für das zukünftige Wochenmarktkonzept gemacht hatte. CK Media & Events-Geschäftsführer Holger Czeranski teilte der WAZ per E-Mail allerdings mit: „Wir haben bis zur Auftragsvergabe lediglich aktiv mit den IG’s gesprochen. Unser Team steht täglich mit Akteuren der Innenstadt, zu denen Gastronomen, Einzelhändler, Markthändler und Handwerker gehören, im Austausch.“

Markt-Team band Rathausviertel-Vertreter vorher ein

Das Wirtschaftsförderungsamt hatte jedoch bereits im Januar auch ein sogenanntes Wochenmarkt-Team gebildet. Die Ausschreibung für das Wochenmarktkonzept erfolgte dann Ende Juni. In dem Wochenmarkt-Team fanden sich außer für Märkte zuständigen Verwaltungsbeschäftigten auch Markthändler sowie Vertreter der Interessengemeinschaften im Marktviertel und im Rathausviertel wider. Gemeinsam sei ein Maßnahmenkatalog erarbeitet worden, heißt es.

Holger Czeranski ist jedoch nicht nur Geschäftsführer der inzwischen mit der Ausarbeitung des Marktkonzeptes beauftragten Agentur, der Bottroper führt auch die Geschäfte der IG Rathausviertel, die in dem Markt-Team der Stadt vertreten war.

Aus seiner Doppelfunktion macht Holger Czeranski auch kein Geheimnis. Er bringe „auch dadurch ein hohes Interesse am Geschehen und der Entwicklung der Innenstadt“ mit, lässt der Bottroper wissen. Wie die Stadt mitteilt, hatte sich auch die Bottroper Online-Zeitung vier Tage vor Fristende für die Ausschreibung des Marktkonzeptes interessiert. Das Wirtschaftsförderungsamt habe die am 10. August gestellte Presseanfrage beantwortet. Einer der Herausgeber der Internetzeitung ist Holger Czeranski.

Ratsherr spricht von einem Klima der Intransparenz

Linken-Ratsherr Sven Hermens wirft der Verwaltung vor, ein Klima der Intransparenz geschaffen zu haben. Die Verwaltung lässt erklären: Der Auftragsvergabe an die CK Media Events GmbH sei ein den rechtlichen Vorgaben entsprechendes Vergabeverfahren mit öffentlicher Ausschreibung vorausgegangen. „Dieses war auch Gegenstand medialer Berichterstattung“, erwähnt Sprecherin Sarah Jockenhöfer. Insofern sei auch der sich aus den rechtlichen Vorgaben ergebenen Transparenz Rechnung getragen worden.

Welchen Eindruck erweckt die Stadt aber, wenn sie und auch einige ihrer Tochtergesellschaften immer wieder Aufträge an ein Unternehmen vergeben, für deren Publikationen der städtische Pressesprecher als Kolumnist tätig ist? Wie wirkt es nach außen, wenn das städtische Amt für Wirtschaftsförderung den Auftrag für das Marktkonzept vorbereitete? Tätig wurde dabei ja jenes Amt, dessen stellvertretende Leiterin sich in den Räumlichkeiten der inzwischen beauftragten Agentur vor deren Firmenlogo fotografieren ließ.

Beim Bottroper Stadtfest „Bottrop Original“ hilft regelmäßig eine Reihe von Sponsoren mit: Firmen wie die GBB, die Sparkasse, die Best, die Wasserwerksgesellschaft zahlen jeweils vierstellige Beträge.
Beim Bottroper Stadtfest „Bottrop Original“ hilft regelmäßig eine Reihe von Sponsoren mit: Firmen wie die GBB, die Sparkasse, die Best, die Wasserwerksgesellschaft zahlen jeweils vierstellige Beträge. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Umstrittenes Foto und Interview einer Wirtschaftsförderin

Die Verwaltung gibt an, dass das kritisierte Fotos ihrer Abteilungsleiterin Dorothee Lauter vor dem Firmenlogo der CK Media Events im Internet nicht zu finden war. Auffindbar ist es dennoch, zum Beispiel in der archivierten Druckausgabe der von der Firma CK Media & Events herausgegebenen Bottroper Zeitung vom März 2022. Jenes Foto diente zur Illustration eines Interviews, mit dem die stellvertretende Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung als eine der ganz wenigen Beschäftigten der Verwaltung auf zwei Seiten vorgestellt wird.

Dabei ließ sich diese auch auf die Frage ein, ob sie irgendwann nicht die Amtsleitung übernehmen wolle. „Die Stelle steht ja gar nicht zur Disposition. Aber natürlich ist die Leitung der Wirtschaftsförderung eine hoch spannende Aufgabe, auch weil ich wirklich sehr gerne dort und in dem Team arbeite“, lautete ihre Antwort. Ratsherr Sven Hermens sieht durch den in Sachen Marktkonzept durch das Amt für Wirtschaftsförderung an die Firma CK Media & Events vergebenen Auftrag daher die Compliance-Richtlinie der Verwaltung verletzt.

Mahnung vor Kollision von Privatinteressen mit Dienstpflichten

Darin werden Beschäftigte der Stadt aufgefordert: Vermeiden Sie jedwede Handlung und Verhaltensweise, die auch nur den Anschein einer Befangenheit auslösen kann. Der Verhaltenskodex der Stadtverwaltung zur Korruptionsprävention wiederum fordert dazu auf: Prüfen Sie, ob Ihre Privatinteressen zu einer Kollision mit Ihren Dienstpflichten führen.

In der städtischen Dienstanweisung zur Vermeidung und Bekämpfung von Korruption schließlich wird erläutert, dass es nicht allein um materielle Vorteile gehe, sondern auch um Verhaltensweisen, durch die Amtsträgerinnen und Amtsträgern „sich oder Dritten immaterielle Vorteile verschaffen oder verschaffen lassen“.

Die Stadt lässt sich die Erstellung des Wochenmarktkonzeptes bis zu 17.850 Euro kosten. Zusätzlich dazu übernimmt die Verwaltung auch Druckkosten, teilte sie mit. Zwar gab die Firma CK Media & Events nicht das preislich beste Gebot ab, den Auftrag erhielt sie dennoch. „Da aber in der Ausschreibung ein Höchstpreis angegeben werden musste, sind die preislichen Unterschiede hier nicht entscheidend gewesen“, erklärt Stadtsprecherin Sarah Jockenhöfer.

Bottroper Firma um einen Punkt besser beurteilt

Der Auftrag an eine externe Firma sei aufgrund der engen personellen Kapazitäten in der Verwaltung erteilt worden. „Die Agentur erarbeitet das Konzept in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung“, erklärte die Stadtsprecherin. Zwar gibt die Stadtverwaltung keine Auskunft über die preislichen Gebote der drei konkurrierenden Interessenten. Nach Information der WAZ waren diese jedoch in einem Fall genauso hoch und in zwei Fällen um einige hundert Euro niedriger als das Angebot der Bottroper Werbeagentur.

Von der inhaltlichen Qualität her waren die Angebote bis auf das einer weit abgeschlagenen Firma alle fast gleichwertig. Die Qualität von Konzepten wird zumeist anhand eines Punktesystems geprüft. Dazu sollen die Interessierten kurze Beschreibungen ihres Vorgehens einreichen, um zu sehen, ob damit die geforderten Leistungen erbracht werden. Die Bewertungsskala reicht von null bis drei Punkten, je besser die Erwartungen erfüllt scheinen.

Marketing als Aufgabe des Wirtschaftsförderungsamtes

CK Media & Events lag – mit dem schlechteren Preis – konzeptionell letztlich um einen Punkt vorn. Warum die Bottroper Agentur den Vorzug erhielt, erklärte gegenüber der WAZ die stellvertretende Leiterin der Wirtschaftsförderung so: „Das Konzept der Auftragnehmer hat aufgrund eines hohen Anteils an analoger Beteiligung der Akteure und Händler überzeugt. So werden unter anderem auch Fragebögen in Fremdsprachen angeboten, um auch die migrantische Bevölkerung mitzunehmen.“

Ratsherr Hermens wirft der Vize-Chefin der Wirtschaftsförderung vor, dass sie sich nun anlässlich der Auftragsvergabe an die Firma CK Media & Events gemeinsam mit den Geschäftsführern der Werbeagentur auf einem Foto zeige.

Marketing gehöre zum zugewiesenen Aufgabenbereich der Wirtschaftsförderung, kommentiert die Pressestelle der Stadt gegenüber der WAZ die kritisierten Fotos. Dies gelte insbesondere für die Weiterentwicklung des Wochenmarktkonzeptes. Inwieweit Aussagen über Karriereziele und Bilder mit Vertretern einer kleinen Firma oder vor deren Firmenlogos das Ansehen der Stadt fördern, lässt sie allerdings offen.

Auch andere Ratsvertreter kritisierten die enge Kooperation

Die Linken kritisieren die enge Kooperation der Verwaltung mit der Agentur CK Media & Events nicht zum ersten Mal. Schon im März kam es deshalb zu einer kritischen Debatte im Stadtrat. Die Ratsgruppe stand dabei mit ihrer Kritik nicht allein. Auch in Reihen der ÖDP gab es kritische Stimmen, und FDP-Vorsitzender Andreas Mersch sprach von Geschmäckle und fragte schon vor Monaten vergeblich: „Was sagt eigentlich der neue Compliance-Beauftragte dazu?“

Die umstrittene Kolumne des städtischen Pressesprechers in dem Anzeigenmedium sieht die Verwaltung durch das im Grundgesetz verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung sogar geschützt. Es handele sich bei den Kolumnen um Äußerungen des Bottroper Bürgers Andreas Pläsken, heißt es in einer von OB Bernd Tischler unterschriebenen Antwort auf eine Anfrage der Linkspartei. Der Verwaltungschef räumt allerdings ein, dass „selbstverständlich mitschwingt, welcher beruflichen Tätigkeit der Schreiber nachgeht“.

OB Tischler verteidigte Kolumnistentätigkeit des Sprechers

Tischler hielt in seiner Antwort schon vor gut einem Jahr fest, dass sich „bisher kein anderes Medium an dieser Kolumne gerieben hat – erst recht nicht mit dem Vorwurf, hier werde etwas exklusiv lanciert“ und erklärte, dass der Pressesprecher auch für andere Medien als Kolumnist tätig würde, wenn gewünscht. Für die WAZ verfasste Andreas Pläsken als Gastautor zum Beispiel einmal einen Bericht über seine Radtour auf dem Kirchhellener Olympia-Weg.

Der jetzige 17.850 Euro-Auftrag an die Werbeagentur CK Media & Events ist nicht der einzige. So zahlte das Kulturamt nach Angaben der Verwaltung beim Pferdemarkt 10.000 Euro für die technische Ausstattung an die Agentur und übernahm auch die Müllgebühren. Im Jahr davor flossen vom Kulturamt allerdings auch etwas mehr als 5900 Euro für das Stadtfest an die Firma.

Außerdem zahlte das Amt 2001 mehr als 2550 Euro für das Anbringen einer Weihnachtsbeleuchtung an die Firma „4 Points Event“ als Ausrichter des Weihnachtsmarktes. Vom Amt für Wirtschaftsförderung erhielt „4 Points Event“ außerdem 10.500 Euro für den Weihnachtsmarkt. Zwei der drei 4-Points-Event-Geschäftsführer sind die Geschäftsführer bei CK Media & Events.

Sie hatten schon mehr Spaß, etwa beim Eisstockschießen auf dem Weihnachtsmarkt in Bottrop: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes für Wirtschaftsförderung.
Sie hatten schon mehr Spaß, etwa beim Eisstockschießen auf dem Weihnachtsmarkt in Bottrop: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes für Wirtschaftsförderung. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

An Agentur und Veranstalterfirma flossen schon ziemliche Summen

Welche Summen von Unternehmen, an denen die Stadt beteiligt ist, an die Agentur flossen, sagt die Verwaltung nicht. Aus einer Reihe von Schreiben, die die Verwaltung den Ratsfraktionen und Ratsgruppen zur Kenntnis gab, geht allerdings hervor, dass es ordentliche Summen waren. Von der Sparkasse zum Beispiel kamen jeweils 4000 Euro als Sponsoring der Stadtfeste oder beim Weihnachtsmarkt 2400 Euro für den Kauf von Tassen mit ihrem Logo. Zu weiteren Aktivitäten äußert sich die Sparkasse unter Berufung auf das Bankgeheimnis nicht.

Die Zahlungen der Best als Stadtfest-Sponsor und CK Media-Kunde und 4-Points-Event-Sponsor gingen 2021 sprunghaft in die Höhe und beliefen sich allein in den Jahren 2021 und 2022 auf mehr als 16.300 Euro für Sponsoring, Anzeigen und PR-Texte.

Auch die Gesellschaft für Bauen und Wohnen war demnach schon Sponsor des Stadtfestes und zahlte 3540 Euro für Werbung in der Bottroper Online-Zeitung und ihre Leute verteilten Getränkegutscheine im Wert von nicht ganz 900 Euro. Für solche Werbung aus Anlass des Weihnachtsmarktes 2021 zahlte die GBB demnach 2380 Euro und kündigte Zahlungen bis zu 3000 für den Weihnachtsmarkt im Jahr darauf an.

Auch die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) hals schon als Sponsor: Mal waren nach Mitteilung des Unternehmens an die Verwaltung 1600 Euro für einen Weihnachtsmarkt, 1500 Euro für das Stadtfest 2022 und 2000 Euro für die Beach-Party, im selben Jahr im Stenkhoffbad. Die Emscher-Lippe-Energie (Ele) tritt ebenfalls als Sponsorin beim Stadtfest und Weihnachtsmarkt auf, das Unternehmen unterliege darüber allerdings einer Verschwiegenheitspflicht, teilte sein Sprecher der Stadt mit.