Bottrop-Kirchhellen. Spürhunde und ihre Besitzer üben in Feldhausen den Ernstfall: Im Freizeitpark Schloss Beck verschwindet ein Kind im Trubel.
Im Film sieht es wie immer viel einfacher aus, als es wirklich ist. Der Spürhund bekommt ein Kleidungsstück vorgehalten und den Befehl: „Such!“ Die Nase am Boden, macht sich der Hund schnurstracks auf den Weg und findet den Gesuchten in kürzester Zeit. Ja, wenn das mal so einfach wäre.
Auch interessant
„Die German Mantrailing Association (GMA) bereitet sich mit ihren Hunden darauf vor, Menschen in lebensbedrohlichen Situationen zu finden und zur Rettung beizutragen.“ So definiert Vereinssprecher Georg Bender den Auftrag, den sich die ehrenamtlichen Hundebesitzer und ihre Trainer gegeben haben. Im Freizeitpark Schloss Beck probt die Ortsgruppe Niederrhein, die gerade aufgebaut wird, den Ernstfall: Im Trubel des Freizeitparks haben Eltern ihr Kind verloren und können es nicht wiederfinden. Die Spürhunde müssen ran.
+++ Nachrichten aus Bottrop direkt ins Postfach: Hier geht es zum Bottrop-Newsletter +++
„Wir arbeiten gern mit Kindern, denn das macht die Aufspüren für die Hunde schwerer“, sagt Hundetrainerin Melanie Hormann, Chefin der „Hundeschulmacher" in Hamminkeln. Kinder und alte Menschen sind für Hunde schwerer aufzuspüren, weil sie noch nicht oder nicht mehr soviel menschentypischen Schweiß absondern. Gibt es Hunderassen, die sich als Spürhunde besonders gut eignen? Für die Jagd gezüchtete Hunde haben natürlich einen Vorteil. Aber: „Unsere 15 Mitglieder arbeiten alle mit den Familienhunden“, sagt sie. „Eigentlich ist jeder Hund geeignet.“ Im Prinzip stimmt das, sagt Ortsgruppenführer Heinrich Schreurs. Wenn das Training stimmt.
Der Spruch ist nur ein wenig übertrieben, sagt Schreurs: „Die Ausbildung des Hundes dauert ein Jahr, die des Hundeführers drei Jahre.“ Die GMA arbeitet mit den Methoden des 2017 verstorbenen Mantrailer-Ausbilders Kevin Kocher. Und der hat den Führern immer wieder gesagt: Der Hund ist nur so gut wie die Rituale, mit denen ihr ihn auf die Spur setzt.
Schauen wir mal, wie Bert und seine Lara es machen. Sie werden auf die Spur gesetzt von Jakob, der sich im Freizeitpark in einem Fahrgeschäft versteckt hat. Vorher haben er und die anderen Kinder sich an einen Tisch vor dem großen Herrenhaus des Freizeitparks gesetzt und sich mit bunten Tüchern über Gesicht und Hände gewischt. So sind die Geruchsproben entstanden, die die Hunde auf die richtige Spur führen sollen.
Aber nicht sofort. Bert führt Lara erst mal auf eine Orientierungsrunde durch den Park. „Das kann gern eine große Pinkelrunde sein, die auch eine halbe Stunde dauern darf“, sagt Hundetrainer Scheurs. „Dabei hat der Hund alle Gerüche gescannt, die ihm unter die Nase gekommen sind.“ Die zweite, kürzere Orientierungsrunde um den Startpunkt, an dem schon das Geschirr und die Geruchsprobe liegen, zeigt dem Hund: Gleich geht’s los.
Was dann folgt, ist ein ganz wichtiges Ritual: Beim Anlegen des Geschirrs sagt Bert immer das Gleiche, lässt Lara noch einmal an der Probe riechen und gibt das Startsignal. Dann muss die Geruchsprobe unbedingt in der Tasche verschwinden, damit Lara nicht irritiert wird. Der Trainer sagt Bert, was er jetzt machen muss: „Leine mit beiden Händen halten, bloß keine Richtung vorgeben.“
Spürhunde trainieren im Kirchhellener Freizeitpark
Lara spürt los Richtung Herrenhaus. In diese Richtung sind die Kinder tatsächlich gelaufen, dann aber über den Mühlenbach abgebogen. Lara dreht eine kurze Runde und zeigt Bert an: Hier rieche ich nichts mehr. Also wechselt sie die Richtung. An der Imbissbude hält sie inne und stöbert. Tausende von Bratwürsten sind hier verkauft worden und haben ein wahres Geruchsparadies für Hunde geschaffen. Aber Bert erinnert Lara: Du hast hier einen Job zu machen.
Gehorsam lässt die Malinois-Hündin ab von den verlockenden Düften und konzentriert sich wieder auf Jakobs Spur. Die führt in den östlichen Teil des Parks zu den Fahrgeschäften. Lara hat die Spur jetzt fest in der Nase, Bert kommt kaum hinterher. Noch eine Runde ums Fahrgeschäft, dann springt Lara mit einem Riesensatz über die Balustrade und begrüßt den vermissten Jakob.
Lesen Sie weitere Berichte aus Kirchhellen:
- Overhagen:Großer Andrang beim Mondscheinpflücken
- Grafenmühle: Zigarettenautomat gesprengt
- Herbstferien:Hier gibt es freie Plätze
- Auf nach Athen:Kirchhellener Freundinnen laufen die Mutter aller Marathons
Auftrag erledigt, Job beendet? Von wegen. „Eine Personensuche ist für einen Hund Hochleistungssport“, erklärt Bender. „Nach zwei Kilometern ist er kaputt.“ Und deshalb bekommt er zum Tagesabschluss noch eine Übung zum Austoben. „Intensity Trail“ hat Kocher dieses Ritual genannt: eine ganz kurze Suche mit Laras Lieblingsfutter als Belohnung. Noch beim Loben nimmt Bert ihr das Geschirr ab und Lara weiß: Ich habe alles richtig gemacht und freue mich schon aufs nächste Mal. „Aufhören, wenn es am schönsten ist“, beschreibt der Hundetrainer das Ritual. Und sagt über Bert und Lara: „Noch ein Jahr, dann können sie in die Prüfung“.