Bottrop. Der Kaffee im falschen Glas, keine Pizza beim Griechen: Bottroper Gastronomen leiden unter unfairen Google-Bewertungen. So hilft eine Firma.
„Der Kaffee ist richtig lecker, wird aber leider nicht in den richtigen Gläsern serviert“, schreibt Markus. Außerdem habe die Speisekarte Rechtschreibfehler. Zwei von fünf Sternen vergibt der vermeintliche Gast an das Mio 1889 auf der Bottroper Gastromeile. Bei insgesamt gut 100 Rezensionen wirkt sich das direkt auf den Durchschnitt aus. Ärgerlich für Betreiber Mario Grube – und viele andere Gastronomen.
Ob Markus wirklich im Mio war, ob er tatsächlich Kaffee getrunken und der in „falschen Gläsern“ serviert wurde, kann Mario Grube nicht wissen. Bei Google kann jeder rezensieren. So können Bewertungen manipuliert werden – in die positive wie auch in die negative Richtung. Menschen können Läden niederschreiben, ohne sie besucht zu haben, Betreiber können Rezensionen kaufen oder einfach Freunde bitten, sie positiv zu bewerten.
Google-Rezensionen: Eine schlechte Bewertung zieht runter
„Eine schlechte Bewertung zieht dich so runter, dass du 25 gute brauchst, um da wieder rauszukommen“, sagt Grube. Viele wüssten gar nicht, was sie den Gastronomen, „die viel Geld und Power in eine schwierige Branche stecken“, damit antun.
Natürlich gebe es auch berechtigte Kritik. „Wenn Sachen stimmen, sollen die Leute sie auch schreiben“, sagt der Mio-Betreiber. Er reagiert regelmäßig auf kritische Rezensionen, antwortet den Bewertungen-Schreibern bei Google. Lieber ist ihm aber der persönliche Austausch.
Kürzlich habe sich jemand beschwert, dass der Laden nicht sauber war. „Er hatte Recht, die Putzfrau hatte kurzfristig abgesagt“, sagt der Betreiber. Aber der Mann habe keine Bewertung, sondern eine E-Mail geschrieben. „Darauf kann ich antworten, ihn zum Frühstücken einladen und alles ist gut.“
Essener Firma „Dein guter Ruf“ macht Online-Reputationsmanagement
Um gegen schlechte, nicht richtige Bewertungen vorzugehen, hat Mario Grube bereits das Unternehmen „Dein guter Ruf“ engagiert. Die Firma mit Sitz im Essener Süden macht „Online-Reputationsmanagement“, hilft Firmen und Geschäften, ihren guten Ruf im Internet zu behalten.
„Google-Rezensionen sind für jeden relevant, der mit Endkunden zu tun hat“, sagt Christian Keppel, Geschäftsführer von „Dein guter Ruf“. Vor allem in der Corona-Zeit, als für viele die Laufkundschaft wegbrach, hätten die Online-Bewertungen noch mal an Bedeutung zugenommen – und wirken sich direkt auf das Geschäft aus. „Wenn jemand unter 4,0 Sterne rutscht, kann das wirtschaftliche Folgen haben.“
Das 2007 gegründete Unternehmen übernimmt das Löschen von falschen Rezensionen für die Auftraggeber – 89,95 Euro pro Google-Rezension. „Wir prüfen und bewerten das nicht selbst, sondern geben das an Google zur Überprüfung“, sagt Keppel. Es gehe nicht darum, die Meinungsfreiheit einzuschränken, aber den Bewertungen die Neutralität wiederzugeben.
Denn viele Rezensenten seien anonym unterwegs, nicht selten komme es zu Shitstorms. Wenn Google in die Prüfung geht, kontaktiert das Suchmaschinen-Unternehmen direkt die Kommentatoren. Können die nicht schlüssig darlegen, dass sie ein Lokal oder ein Geschäft tatsächlich besucht und negative Erfahrungen gemacht haben, wird die Rezension gelöscht.
Bottroper Gastronom: „Wir sind dem total ausgeliefert“
Auch Janni Gortsas, Chef des Pikilia und des Pikilia to go, ärgert sich regelmäßig über negative Bewertungen. Da habe einer nach Pizza bei Pikilia gefragt, nicht verstanden, dass er die im griechischen Restaurant nicht bekommt. Am nächsten Tag gab es zweimal einen Stern – von ihm und seiner Frau. Oder der Gast, der sich beklagt, dass es kein Gyros bei Pikilia gibt und kein Ouzo aufs Haus serviert wurde. Das Ergebnis: drei Sterne.
„Das ist ärgerlich“, sagt Janni Gortsas. „Wir sind dem total ausgeliefert.“ Jeden Tag schaut er in die neuesten Rezensionen, antwortet Kritikern, bleibt professionell, auch wenn es ihm manchmal schwerfällt, die Contenance zu wahren. Über 1340 Rezensionen hat das Pikilia bei Google, im Schnitt ist das Restaurant mit 4,7 Sternen bewertet.
Für Janni Gortsas ist das ein wichtiger Faktor. „Viele Gäste aus anderen Städten kommen zu uns, weil wir gut bewertet sind“, sagt der Gastronom. Umso ärgerlicher, wenn unbegründet eine Ein-Stern-Rezension vergeben wird. Janni Gortsas hat es für sich ausgerechnet: „Um die auszugleichen, brauche ich ungefähr 17 Fünf-Sterne-Bewertungen.“