Bottrop. Ein bekanntes Fachgeschäft verlässt die Bottroper Innenstadt: Das Musikforum schließt Ende des Jahres. Droht hier der nächste Leerstand?

Es ist das Ende einer Ära. Das legendäre Musikforum am Pferdemarkt in der Innenstadt schließt zum Ende des Jahres – nach 43 Jahren. Inhaber Heribert Matschey hört auf.

Er ist 65, nach einem langen Berufsleben wartet der Ruhestand. „Es gibt keinen Nachfolger“, sagt er. Der Mietvertrag ist gekündigt und endet zum 31. Dezember. Nach den Herbstferien ab Montag, 16. Oktober, beginnt der große Räumungsverkauf. Ab diesem Zeitpunkt soll alles raus. Schulen, Kitas und Kindergärten aus Bottrop können sich gerne bei ihm melden. Es winken Sonderkonditionen.

Das Geschäft läuft ganz normal weiter. Bestellungen können weiterhin getätigt werden. Kunden sollten aber bedenken, dass die Ware oder Gutscheine bis spätestens zur Schließung abgeholt beziehungsweise eingelöst werden müssen.

Heribert Matschey hier zu sehen Anfang der 80er-Jahre auf der „Sound+Music-Messe“ in der Essener Grugahalle.
Heribert Matschey hier zu sehen Anfang der 80er-Jahre auf der „Sound+Music-Messe“ in der Essener Grugahalle. © Privat

Mit dem Aus droht ein neuer Leerstand in der Innenstadt an einer markanten Stelle. Das Musikforum am Pferdemarkt ist fester Bestandteil der Innenstadt. Es gibt kaum jemanden, der nicht mindestens einmal in seinem Leben dieses Fachgeschäft betreten hat.

Mal benötigte man ein Instrument. Zum Beispiel eine Blockflöte für den Musikunterricht in der Schule. Oder eine Gitarre, weil man in einer Band spielte. Oder weil man nur Eintrittskarten für Konzerte oder wie jetzt für die Kneipennacht am 4. November kauften wollte. Beliebt waren auch der Instrumentalunterricht und die Workshops.

Bottroper Musikforum 1980 gegründet

1980 wurde das „Musikforum“ von Bernd Wischermann gegründet. Es gibt alles, was das Musikerherz erfreut: Instrumente wie Keyboard, Synthesizer, Piano und Gitarren, Noten, Zubehör und eine kompetente Beratung. In kürzester Zeit entwickelt sich das Geschäft zu einer wichtigen Anlaufstelle für Musiker und für die, die es werden möchten. 1991 fängt Heribert Matschey bei Bernd Wischermann an. „Damals war die Innenstadt voller Fachgeschäft. Von Haushaltswaren bis Spielwaren“, sagt Matschey rückblickend.

Mitte der 60er-Jahre beginnt Heribert Matschey mit Akkordeon spielen. Mit elf Jahren gewinnt er beim Wettbewerb „Jugend musiziert“.
Mitte der 60er-Jahre beginnt Heribert Matschey mit Akkordeon spielen. Mit elf Jahren gewinnt er beim Wettbewerb „Jugend musiziert“. © Privat

Die Musik ist sein Leben. Schon in der Kindheit verliert er daran sein Herz. Im Alter von sechs Jahren beginnt er mit dem Spiel auf dem Akkordeon. Mit elf ist er der Beste bei „Jugend musiziert“ auf Landesebene. Ab dem 14. Lebensjahr spielt er in der Big Band „Tanzorchester Münsterland“ und Rockband „Samm“. Bis heute spielt er in verschiedenen Bands und Ensembles, ist aber auch als Organist in der Kirchenmusik unterwegs.

Ein Höhepunkt seiner Musikerzeit: Er hat im August 2009 zwei Open-Air-Auftritte im Landschaftpark-Nord in Duisburg mit den Duisburger Symphonikern. Die Musiker begleiten dort die Stummfilm-Komödie „Goldrausch“ von und mit Charlie Chaplin. Heribert Matschey spielt den Solo-Part mit seinem Akkordeon.

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Nach seiner kaufmännischen Ausbildung arbeitet er ab 1981 zusätzlich als Experte in Musikfachgeschäften. Aber die Branche hat sich nach 40 Jahren längst verändert. Für kleine Fachgeschäfte wird es aus seiner Sicht immer schwieriger, sich am Markt zu behaupten. Die Kunden würden eher im Internet oder direkt bei den Herstellern kaufen. „Die fachliche Beratung wird immer weniger. Kein Geschäft kann das präsentieren, was man im Internet sehen kann“, sagt er.

Heribert Matschey im September 2010: Das Musikforum in Bottrop beging in dem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum.
Heribert Matschey im September 2010: Das Musikforum in Bottrop beging in dem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. © WAZ FotoPool | Franz Naskrent

Wenn er in Rente geht, dann geht er mit einem lachenden und weinenden Auge. Ab Januar bleibt nach mehr als 40 Berufsjahren mehr Zeit für das Privatleben. Die Sechs-Tage-Wochen sind dann Geschichte. Er kann sich vorstellen, nun tagsüber zu wandern oder zu joggen.

Weil er von Montag bis Samstag im „Musikforum“ für die Kunden da war, verlegte er diese Aktivitäten in den vergangenen Jahren in die Abendstunden oder auf den Sonntag. „Vielleicht spiele ich auch wieder in einer Band?“, überlegt er. Der Musik bleibt er jedenfalls treu. Denn zuhause besitzt er kleines Studio.