Bottrop-Kirchhellen. In vielen Städten des Ruhrgebietes sind die Kiebitze in den letzten 15 Jahren fast verschwunden. Warum sie in Kirchhellen eine Zukunft haben.

2009 gab es in Bottrop noch 60 Kiebitzpärchen, dieses Frühjahr zählten die Vogelexperten der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet (BSWR) nur noch zehn in Kirchhellen. Aber für die nächsten Jahre gibt es zumindest Hoffnung auf weitere Pärchen der seltenen Vögel in besonders geschützten Gebieten.

Im April 2017 schien die Kiebitzwelt in Kirchhellen noch halbwegs in Ordnung – ganz im Gegensatz zum Rest des Ruhrgebietes, berichteten damals die BSWR-Vogelexperten Christine Kowallik und Tobias Rautenberg. „Der Norden von Essen, der Süden von Bottrop und der Süden von Duisburg haben die Art seit 2014 vollständig verloren. In Mülheim waren auf dem einzigen Brutplatz im Ruhrbogen noch vier statt vor drei Jahren sechs Paare anzutreffen. Der Duisburger Norden, 2014 noch Schwerpunkt der Kiebitzverbreitung, hat innerhalb dieser drei Jahre nochmals drei Viertel seines Bestandes verloren.“

2017 wurden in Kirchhellen deutlich mehr Kiebitzpärchen gezählt als 2014

Einzig positiv fiel der Trend in Kirchhellen aus. „Hier konnten mit 25 deutlich mehr Kiebitzpaare gezählt werden als 2014.“ Und vielleicht haben die ehrenamtlichen Zähler damals gar nicht alle Pärchen gefunden: „Es wurde nur in bekannten, ehemaligen oder lohnenden Gebieten kontrolliert, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass vereinzelte Ansiedlungen übersehen wurden.“ Sieben Pärchen zählte Tobias Rautenberg allein an der Dorfheide, heute ein Baugebiet.

Die Hoffnung auf eine Fortsetzung des positiven Trends hielt nur bis zur Zählung 2020: Da wurden in ganz Bottrop nur noch elf brütende Pärchen gesichtet, in diesem Frühjahr waren es noch zehn. Schlechte Zeiten für Kiebitze in Kirchhellen? Ja, aber es gibt Hoffnung, sagt Rautenberg.

Zehn Kiebitzpärchen zählten Vogelexperten dieses Frühjahr in Kirchhellen. Unser Archivbild entstand im März 2017 an der Dorfheide, das inzwischen schon Bauland ist.
Zehn Kiebitzpärchen zählten Vogelexperten dieses Frühjahr in Kirchhellen. Unser Archivbild entstand im März 2017 an der Dorfheide, das inzwischen schon Bauland ist. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Zum Beispiel in der Kirchhellener Heide zwischen Schlehdorn und Schleitkamp, wo die Boye unweit ihrer Quelle noch Kleine Boye heißt und wo die Emschergenossenschaft von 2005 bis 2009 Rückhalte- und Versickerungsflächen zum Hochwasserschutz gebaut hat. Hier hat der Wasserverband erstmals im Mai 2021 brütende Pärchen gemeldet.

Feuchte Wiesen am Wasser: Das lieben Kiebitze

Matthias Hower, Landschaftsplaner bei der Emschergenossenschaft: „Die Retentionsflächen dienen nicht nur dem schadlosen Hochwasserabfluss, sondern stellen naturnahe Feuchtwiesen und somit Lebensräume für spezialisierte Arten dar.“ 2021 gab es vier Kiebitz-Paare auf der Fläche. Darüber hinaus habe die BSWR bereits Durchzügler wie Silberreiher, Störche oder die selten gewordene Bekassine registriert.

Entscheidend für einen Bruterfolg sei die Grünpflege, sagt Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft. „Das Herunterschneiden der Gehölze sichert die Lebensraumansprüche der Vögel, die offene Flächen in Wassernähe für ihre Nester bevorzugen.“

Hier sind die Kiebitze wieder heimisch geworden: der Retentionsraum an der Kleinen Boye in Kirchhellen.
Hier sind die Kiebitze wieder heimisch geworden: der Retentionsraum an der Kleinen Boye in Kirchhellen. © EGLV | Carla Große-Kreul

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Das hat auch dieses Frühjahr funktioniert auf den abgesperrten Flächen am Schleitkamp, so Rautenberg. Auf zwei weiteren „Kiebitzbrachen“ in Hardinghausen und an der Wiedau hätten weitere Kiebitzpärchen gebrütet. „Das Brutrevier an der Wiedau funktioniert seit Jahren gut, obwohl es so dicht an der Straße liegt“, sagt Rautenberg und lobt die Disziplin der Anwohner, die während der Brutzeit an dieser Stelle ihre Hunde an der Leine lassen.

Bottrop Kiebitz-Video

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    Würde der geplante Neubau der Feuer- und Rettungswache an der Rentforter Straße/In der Koppel ein Kiebitz-Brutrevier zerstören, wie Naturschützer schon mehrfach kritisiert haben? Stand jetzt nicht, sagt Rautenberg: „Auf den Flächen an der Rentforter Straße waren 2023 keine Reviere. Dort suchten nur hin und wieder mal einzelne Kiebitze von der Wiedau nach Nahrung.“