Bottrop/Essen. Das Bottroper Hansacenter steht nach der Fakt-Pleite leer. Ex-Chef Schulte-Kemper hielt seine Versprechen nicht. Ein Kreditgeber wittert Betrug.
Hubert Schulte-Kemper droht der Offenbarungseid. Der Gründer der Essener Fakt AG, die das marode Hansacenter in Bottrop wieder in ein modernes Einkaufs- und Erlebniszentrum ausbauen wollte, vermied vor kurzem im ersten Anlauf nur durch ein ärztliches Attest einen Gerichtstermin, bei dem er über seine Vermögensverhältnisse hätte Auskunft geben soll.
Hintergrund: Von der Creditshelf Solutions GmbH, einer Spezialistin für schnelle Unternehmensfinanzierungen unter dem Dach der Frankfurter Creditshelf AG, erhielt der im November 2022 insolvent gegangene Fakt-Immobilienkonzern einst drei Millionen Euro. Ex-Chef Schulte-Kemper soll nun wenigstens rund eine Millionen Euro zahlen, jener Betrag, für den er damals persönlich bürgte. Auch weitere Geldgeber wollen bei dem 77-Jährigen Schulden eintreiben, darunter sind die Sparkasse Vest in Recklinghausen und das Schweizer Unternehmen Swiss M Capital.
Aus Versprechen des früheren Fakt-Chefs wurde nichts
Für rund 25 Millionen Euro werde die Fakt AG für die Wiederbelebung des Gebäudekomplexes zwischen dem Berliner Platz und der Hansastraße sorgen, hatte Vorstandssprecher Hubert Schulte-Kemper Ende 2019 im Bottroper Rathaus angekündigt. „Wir machen hier einen Neuanfang, und alles, was wir angefangen haben, haben wir auch fertiggestellt“, versprach er. Mehr als die Hälfte der 15.000 Quadratmeter großen Einkaufsmeile seien mit Mietverträgen hinterlegt, sagte der Fakt-Vorstand, der auch ein Hotel und einen Kino-Saal fürs Hansacenter ins Gespräch brachte.
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Das Vorhaben geriet jedoch ins Stocken. Nach erster Aufbruchstimmung machte sich in der Stadt ziemliche Ungeduld breit. Ratsleute fragten, ob das Projekt womöglich auf der Kippe stehe. „Das ist zu schaffen“, versicherte der damalige Projektleiter noch im März 2022, der allerdings auch klar machte, dass dafür wegen unerwarteter Bauschäden und dem starken Einbruch am Immobilienmarkt für Einzelhandelsbetriebe ein Kraftakt nötig sei. Das Hansacenter werde deshalb in Etappen ausgebaut.
Kreditgeberin will eine Million per Zwangsvollstreckung zurück
Gut ein halbes Jahr später trat Hubert Schulte-Kemper als Vorstandsvorsitzender der Fakt AG ab. Das Unternehmen wolle nun einige Immobilien verkaufen, um wieder Geld in die Kasse zu bekommen, hieß es. Wenige Wochen darauf, informierte die Fakt AG im November 2022 darüber, dass sie Insolvenz anmelden müsse, die Pleite der Bottroper Fakt-Gesellschaft folgte im Dezember, und die Kreditgeber wollen das Hansacenter nun in ein orientalisches Zentrum umbauen.
Gleich in mehreren Fällen hatte der Fakt-Gründer bei Geldgebern persönlich für Firmenkredite gebürgt. Als creditshelf als erster Gläubiger klagte, blieb der frühere Fakt-Chef im Januar bei dem Termin vor dem Landgericht fern und kassierte ein Versäumnis-Urteil. Ein paar Monate später versucht creditshelf am Amtsgericht in Marl nun in einer Zwangsvollstreckungssache unter der Geschäftsnummer DR II 641/23, jenen Teil der Außenstände einzutreiben, für den Schulte-Kemper eine selbstschuldnerische Bürgschaft einging. Dabei geht es immerhin um gut 1,05 Millionen Euro.
Finanzunternehmen fordert bei Weigerung Haftbefehl
Ein erster Termin für den Offenbarungseid, den man inzwischen „Vermögensauskunft“ nennt, war am Marler Amtsgericht für den 15. Juni anberaumt. Ein ärztliches Attest bewahrte den 77-Jährigen offenbar jedoch vorerst vor der Schmach. Doch locker lassen will das klagende Finanzunternehmen nicht, es hatte von Anfang an beantragt, notfalls einen Haftbefehl zu erlassen, sollte Schulte-Kemper nicht zahlen oder sich dauerhaft weigern, sein Vermögen zu offenbaren. Hubert Schulte-Kemper müsste im Laufe des Verfahrens auch angeben, welche Besitztümer er in den letzten zwei Jahren vor dem Gerichtstermin an nahestehende Personen verkauft oder in den vier Jahren vor dem Termin verschenkt hat.
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Außer dem Unternehmenskreditgeber aus Frankfurt unternahm auch die Sparkasse Vest in Recklinghausen den Versuch, vom Fakt-Gründer 500.000 Euro zuzüglich Zinsen einzutreiben. Gegen Schulte-Kempers Firma HSK Finanzmanagement GmbH wurde dazu ein „vorläufiges Zahlungsverbot mit Arrestwirkung“ in Gang gesetzt. So sichert man sich bei Dritten finanzielle Ansprüche, die noch nicht rechtskräftig gesichert sind; eine Art Vorpfändung also. Um ein Vielfaches dieser Summe, geht es außerdem bei einer Klage des Kurzzeit-Finanzierers Swiss M Capital, der bei Schulte-Kempers Vermögensfirma mehr als 5,9 Millionen Euro eintreiben will.
Vermögender Geschäftsmann fühlt sich arglistig getäuscht
Der Rechtsstreit ist bereits beim Landgericht anhängig, der Prozess für Januar 2024 anberaumt, wie ein Gerichtssprecher auf Anfrage bestätigte. Noch mehr Ungemach könnte durch einen anderen Darlehensgeber drohen, einen vermögenden Geschäftsmann aus Hamburg. Er wirft der Fakt AG und ihrem ehemaligen Vorstandschef nach Informationen dieser Zeitung in einem anwaltlichen Schreiben vor, als Darlehnsgeber über die Rückzahlungsbereitschaft wie auch die Rückzahlungsfähigkeit „arglistig getäuscht“ worden zu sein. Demnach sollen die Kreditnehmer schon bei Vertragsschluss gewusst haben, dass sie die vertraglichen Verpflichtungen überhaupt nicht erfüllen können oder wollen.
+++ Der ausführliche Bericht in der WAZ:Gründer „HSK“ droht der Offenbarungseid+++
Es geht um rund 16 Millionen Euro. Manche Darlehen, so klagt der Hamburger Geschäftsmann, habe der Fakt-Konzern außerdem gar nicht für die vereinbarten Zwecke verwandt. Stattdessen „wurden sie teilweise in Form eines sogenannten ,Schneeballsystems’ genutzt, um alte Darlehen zurückzuzahlen“. Der Geldgeber will die Darlehen deshalb anfechten.