Bottrop/Traunstein. In Bayern läuft ein Prozess gegen den Bottroper Missbrauchstäter Peter H. Das Gericht sieht eine Mitschuld Papst Benedikts an dessen Taten.
Im oberbayerischen Traunstein hat am Dienstag ein Zivilprozess begonnen gegen Verantwortliche des Bistums München-Freising sowie gegen Peter H., den ehemaligen Priester, dem in Bottrop dutzendfacher Missbrauch von Kindern vorgeworfen wird. Eines seiner Opfer aus dem Landkreis Traunstein fordert 350.000 Euro Schmerzensgeld. Die Richterin sprach ihm am ersten Tag des Prozesses ein Anrecht auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz zu – und Papst Benedikt XVI. eine Mitschuld an den Taten Peter H.s.
Peter H. war Anfang der 70er-Jahre als Kaplan in Bottrop tätig, obwohl er zuvor im bischöflichen Priesterseminar Essen einen Jungen missbraucht hatte. Auch in Bottrop gab es Vorwürfe, Peter H. wurde nach Essen versetzt und anschließend nach Garching/Alz, wo er zahlreiche weitere Missbrauchstaten beging. Es gibt mindestens 29 Opfer von Peter H. Er ist strafrechtlich verurteilt worden.
Auch Bottroper Betroffener Markus Elstner will Schmerzensgeld fordern
Eines von ihnen klagt nun vor dem Landgericht Traunstein. Wie die Passauer Neue Presse berichtet, sei das Opfer laut seinem Anwalt „durch die Taten aus der Lebensbahn geworfen worden, habe Zuflucht in Drogen gesucht und leidet bis heute an den Folgen“.
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Vor einer Woche hatte das Landgericht Köln einem Opfer von Missbrauch in der katholischen Kirche 300.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen, das das Erzbistum Köln zahlen muss. Ein wegweisendes Urteil, gibt es doch tausende ähnlich gelagerte Fälle in Deutschland, in denen Betroffene nun vor Gericht ziehen könnten.
Auch Markus Elstner, der öffentlich über den Missbrauch an ihm durch Peter H. spricht, hat angekündigt, Klage einzureichen. Der Rechtsanwalt des Traunsteiner Opfers, Andreas Schulz, sagt, dass er mehrere Opfer vertrete.
- Lesen Sie hier ein Interview mit dem Essener Generalvikar Klaus Pfeffer zum Missbrauch im Bistum Essen
Opfer fordert Schmerzensgeld von Erben des verstorbenen Papst Benedikt XVI.
Andreas Schulz hatte eine sogenannte Feststellungsklage am Landgericht Traunstein eingereicht. Der Berliner Rechtsanwalt fordert im Auftrag des Opfers 300.000 Euro vom Erzbistum München und Freising sowie 50.000 Euro Schmerzensgeld von den Erben des verstorbenen Papsts Benedikt XVI. Als Kardinal hatte Joseph Ratzinger der Versetzung Peter H.s nach Bayern zugestimmt, obwohl er von den Missbrauchsvorwürfen wusste.
Das bestätigte am Dienstag auch das Landgericht Traunstein. Es sieht eine Mitschuld von Kardinal Joseph Ratzinger an einem Missbrauchsfall in Garching an der Alz. Das Verfahren gegen ihn wurde aber abgetrennt, weil nach seinem Tod an Silvester noch immer unklar ist, wer seine Rechtsnachfolge antritt und damit gewissermaßen auch das Verfahren erbt.
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Dass dem Kläger Schmerzensgeld und Schadenersatz zustehen, sei aufgrund der Faktenlage im Grunde klar, sagte die Vorsitzende Richterin Elisabeth Nitzinger-Spann bei der Erläuterung ihrer vorläufigen Rechtsauffassung. „Es stellt sich nur noch die Frage nach der Höhe des Anspruchs.“ Dieter Lehner, Rechtsanwalt des Bistums, betonte trotz seines Antrags auf Abweisung der Schmerzensgeld-Klage eine Bereitschaft, sich mit der Klägerseite zu einigen.
Das Gericht wird nun ein psychiatrisches Gutachten beauftragen. Mit einem Urteil ist in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen, so die Einschätzung des Landgerichtes. (mit epd/dpa)