Bottrop/Recklinghausen. Punkte in Flensburg, Vorstrafen, nicht bezahlte Knöllchen: Was darf und was kann die Polizei bei Kontrollen herausfinden? Eine ganze Menge.

  • Die Polizei kann bei Kontrollen auf mehrere Datenbanken zurückgreifen
  • Im fließenden Verkehr darf anlasslos kontrolliert werden, bei Fußgängern nicht
  • Jede Datenabfrage muss einen dienstlichen Zweck erfüllen

„Fahrzeugpapiere und Führerschein, bitte“ – diese Aufforderung hat jeder schon mal gehört, der in eine Verkehrskontrolle geraten ist. Doch wann darf die Polizei eigentlich kontrollieren und welche Daten kann sie über die überprüfte Person herausfinden? Wir haben mit der Polizei Recklinghausen über die Möglichkeiten und Grenzen gesprochen.

Grundsätzlich gilt: Im fließenden Verkehr darf die Polizei anlasslos kontrollieren; dabei handelt es sich um die klassische allgemeine Verkehrskontrolle. Anders ist die Regelung außerhalb des Straßenverkehrs: Ein Fußgänger darf nicht ohne weiteres überprüft werden, erklärt Polizeisprecher Andreas Lesch. Dafür müsste es einen Anlass geben, beispielsweise der Verdacht bestehen, dass derjenige eine Straftat begangen hat.

Polizeikontrolle: „Es muss einen dienstlichen Zweck erfüllen“

Ein weiterer Grundsatz, an den die Polizei gebunden ist: Für alle Daten, die sie abfragt, braucht es einen Grund und eine Berechtigung. „Es muss einen dienstlichen Zweck erfüllen“, sagt Andreas Lesch. „Es darf nicht mehr abgefragt werden, als die Situation hergibt.“ Jede Abfrage wird protokolliert; es lässt sich also nachvollziehen, welcher Beamte welche Daten recherchiert hat.

Wenn den Polizeibeamten bei einer Verkehrskontrolle Fahrzeugpapiere und Führerschein ausgehändigt wurden, können sie nachvollziehen, ob jemand eine gültige Fahrerlaubnis hat. Sollte die kontrollierte Person keinen Führerschein mitführen oder Zweifel an der Echtheit bestehen, können die Polizisten die Daten des Führerscheins abfragen inklusive der Information, für welche Fahrzeugklassen er gültig ist.

Auch Fahrverbote sind hinterlegt, temporäre Fahrverbote würden dem Beamten angezeigt. Über das Fahrzeug können die Polizisten herausfinden, ob Hinweise dazu vorliegen: Ist der Versicherungsschutz abgelaufen? Gibt es eine Steuerschuld? Ist das Fahrzeug eigentlich stillgelegt worden? Ist das Fahrzeug oder das Kennzeichen als gestohlen gemeldet worden? Passen die Papiere und das Fahrzeug zusammen? All das gehört zur Standardabfrage.

Polizeibeamten können offene Haftbefehle sehen

Einsehen könnten die Polizisten zudem, ob jemand Punkte in Flensburg oder ein nicht bezahltes Knöllchen hat – „für die Verkehrskontrolle ist das aber irrelevant und wird in der Regel nicht abgefragt“, erklärt Andreas Lesch. Auch auf TÜV-Daten könnten die Beamten zugreifen, erheben das aber bei normalen Verkehrskontrollen nicht.

Die Beamten sehen zudem, ob ein Haftbefehl gegen jemanden vorliegt. Außerdem gibt es eine Art Alarmsystem zur Eigensicherung. Die Polizei macht keine detaillierten Angaben, bei welchen Merkmalen es genau anschlägt, aber ein Beispiel wäre, dass jemand schon mal bewaffnet aufgetreten ist – dann gilt erhöhte Aufmerksamkeit zur eigenen Sicherheit für die kontrollierenden Polizisten.

Zunächst werde immer das mildeste Mittel angewendet, um die Personalien einwandfrei festzustellen, erklärt Andreas Lesch. Erst wenn das nicht möglich ist, jemand beispielsweise gar keine Papiere mitführt, würde er zur Wache mitgenommen, um dort seine Identität zu klären.

Polizei kann nicht ohne weiteres Handys orten

Ein Irrglaube, der bei manchen herrscht, ist, dass die Polizei über das Handy jeden jederzeit orten könnte. Dafür bedarf es allerdings eines richterlichen Beschlusses. Zur Gefahrenabwehr, wenn beispielsweise ein Kind, ein Jugendlicher oder eine demente Person vermisst wird und bekannt ist, dass sie ihr Mobiltelefon dabei hat, darf die Behördenleitung, in dem Fall Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen, eine Ortung anordnen.

Diese funktioniert über den jeweiligen Mobilfunkanbieter, ist aber auch nicht sehr genau, da nur festgestellt werden kann, über welche Masten sich das Gerät aktuell einwählt. Je weniger Funkmasten in der Nähe sind, desto ungenauer werden die Angaben.

„Datenerhebung hilft oft, eine Situation zu klären“

In vielen Fällen kann eine Datenerhebung durch die Polizei für den Betroffenen hilfreich sein: So können die Beamten auch auf die Daten aus dem Einwohnermeldeverzeichnis zugreifen und darüber Adressen und Angehörige ausfindig machen. Parkt zum Beispiel ein Auto vor einer Einfahrt, kann die Polizei erstmal versuchen, den Halter direkt zu kontaktieren, um ein Abschleppen zu verhindern.

Gleiches gilt, wenn ein geparktes Fahrzeug beschädigt wurde und der Halter direkt informiert werden kann. Ist eine dementiell erkrankte Person verschwunden, hilft die vorherige Wohnadresse gegebenenfalls, sie aufzufinden, weil sich viele an ihren früheren Wohnort begeben. Oder ist jemand verunfallt, können über die Daten des Einwohnermeldeamtes schnell Personen aus dem eigenen Haushalt gerufen werden. „Die Datenerhebung hilft also oft, eine Situation zu klären.“

Strategische Fahndung

Normalerweise darf die Polizei nur im fließenden Verkehr anlasslos kontrollieren, nicht Passanten auf der Straße.

Eine Ausnahme bildet die „strategische Fahndung“, die ausgerufen werden kann, wenn eine besondere Gefahrenlage vorliegt. Dann dürfen Polizisten im öffentlichen Raum anlasslos kontrollieren. Zuletzt war das in Bottrop und dem übrigen Zuständigkeitsbereich der Polizei Recklinghausen der Fall, als sich Raubüberfälle häuften.

Die strategische Fahndung war im Dezember ausgerufen worden und ist nun Anfang Juni nach Angaben der Polizei ausgelaufen, weil sich die Zahl der Straftaten in diesem Bereich deutlich reduziert hatte und kein Anlass mehr für die strategische Fahndung bestand.