Bottrop. Bereits seit Monaten haben es Apotheken schwer, an Medikamente zu kommen. Nun stehen Bottroper Apotheken vor „defizitärer Lage“.
Mit dem Rezept vom Arzt zur nächsten Apotheke und das entsprechende Medikament abholen: Das ist aktuell gar nicht so leicht. Denn immer mehr Medikamente sind bereits seit Wochen ausverkauft und für die Apotheken auch nicht lieferbar.
Bottroper Apotheken: Aktuell keine adäquate Versorgung möglich
Auch in Bottrop stehen die Apotheker momentan immer häufiger vor leeren Regalen. Das Problem bestehe schon seit einigen Monaten, doch mittlerweile sei es kein Zustand mehr, erzählt Apothekensprecherin Birgit Lauer. „Wir können aktuell keine adäquate Versorgung leisten“, sagt sie und schaut mit Sorge auf die aktuelle Arzneimittelknappheit.
Mittlerweile habe sich die Lage so zugespitzt, dass die Apothekerin immer mehr Kunden mit alternativen Medikamenten vertrösten muss. Es passiere zum Glück zwar selten, dass sie Menschen ganz ohne Arzneimittel wieder nach Hause schicken müsse, doch auch das sei in den letzten Monaten vorgekommen.
Die Gründe für die Lieferengpässe sind vielfältig
Dass die Lage so dramatisch geworden ist, liegt vor allem daran, dass Medikamente hierzulande nach der Festpreisregelung verkauft werden, so dass die Preise für die Medikamente möglichst gering gehalten werden müssen. Dies führt zu einer massiven Abwanderung der Produktion in Billiglohn-Länder wie China, sagte Thomas Fischbach, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, kürzlich in der Tagesschau. Dort gibt es aktuell jedoch massive Lieferkettenprobleme.
Durch die hohe Abhängigkeit von diesen Ländern führen die Lieferkettenprobleme zu einem enormen Engpass in Deutschland. Hinzu kommen weitere Faktoren, wie die erhöhte Nachfrage nach Medikamenten durch Krankheitswellen.
Besonders bei Kindern ist es schwierig, passende Medikamente zu finden
In den meisten Fällen könne man den Menschen mit alternativen Medikamenten aushelfen, oder eine andere Dosierung an den Kunden anpassen. Doch die Situation sei aktuell so ernst, dass selbst die möglichen Alternativ-Medikamente nicht vorhanden und in nächster Zeit auch nicht lieferbar seien.
Insbesondere bei Kindern sei die Versorgung nur schwer möglich. „Man kann Kindern nicht einfach Medikamente für Erwachsene geben, die Dosierung muss eingehalten werden. Aktuell ist es wirklich sehr schwierig, aber wir geben alles“, erzählt Birgit Lauer.
Apotheken stellen Arzneimittel selber her, um Versorgung zu sichern
In der Not mussten viele Apotheken kreativ werden und nach eigenen Lösungen suchen, um die Medikamentenversorgung zu gewähren. „Man braucht schon detektivische Fähigkeiten, um Medikamente zu finden, die noch lieferbar sind“, sagt Birgit Lauer. Teilweise seien manche Medikamente nur über Online-Portale, statt beim Großhandel verfügbar.
Diese seien dann jedoch mit absurden Konditionen verbunden und schmälern den Verdienst der Apotheken am Verkauf der Medikamente auf ein Minimum, so Birgit Lauer. Bei sehr akuten Versorgungslücken habe man teilweise Medikamente wie Fieberzäpfchen für Kinder selber in der Apotheke hergestellt. Doch das sei weder technisch noch zeitlich lange machbar, sagt Birgit Lauer. Sie könne nicht alles selber herstellen und sei eben darauf angewiesen, dass die Medikamente lieferbar seien.
Die Zukunft verspricht so schnell keine Entspannung der Lage
Das Problem sei außerdem, dass die Arbeit der Apotheker so nicht mehr lange leistbar sei, so Birgit Lauer. Sie spricht von einer „defizitären Lage der Arzneimittelversorgung“. Doch Besserung ist ihrer Meinung nach so schnell nicht in Sicht.
- Lebensmittelvergiftung? 40 Restaurantgäste klagen über Beschwerden
- Missbrauch: Wie die Gemeinden jahrzehntelang Täter schützten
- Stroh in Flammen: Geht ein Feuerteufel um?
- Ratssaal: Eheschließungen kommen nicht in Frage
„Lieferketten brauchen ewig, um sich zu erneuern. Es kann Jahre dauern, bis die Medikamentenproduktion in Europa läuft“, so Birgit Lauer. Die Apotheken arbeiten bereits an der Belastungsgrenze, doch Birgit Lauer will in ihrer Apotheke das Beste aus allem machen. „Irgendwie geht es immer“, lautet die Durchhalteparole der Apothekerin.
Versorgung der Patienten im Krankenhaus ist weniger betroffen
Im Gegensatz zu den Bottroper Apotheken, die jeden Tag gegen die Knappheit an Arzneimitteln ankämpfen müssen, teilt uns das Knappschaftskrankenhaus Bottrop auf Anfrage mit, dass man hier von der Medikamentenknappheit momentan nicht betroffen sei. Im eigenen Haus laufe die Versorgung über die verbundeigene Zentral-Apotheke, die eine gute Lagerhaltung habe, so das Bottroper Krankenhaus.
Vor allem könne man sich zwischen den Knappschaftskrankenhäusern intern mit Medikamenten aushelfen und durch Alternativ-Medikamente die Versorgung der Patienten sicherstellen.
Auch das Marienhospital Bottrop verzeichnet einen Mangel an Medikamenten. Dieser sei allerdings schon lange bekannt, so dass man hier schon früh die Lagerbestände erhöht habe. So könne man hier auf Bestände zurückgreifen und komme bis jetzt gut durch die Mangellage. Das Krankenhaus sei zwar betroffen, könne aber alle Patienten ohne Probleme versorgen. Dennoch sei die Beschaffung der Medikamente mit viel Aufwand verbunden und auch die Zukunft sei eher ungewiss.