Bottrop. Aus dem Jahr 2022 gehen in Bottrop die kleinen Parteien als Gewinner hervor. CDU und SPD haben Mitglieder verloren. Der Trend könnte anhalten.
Der Trend ist erkennbar: Die großen Bottroper Parteien kämpfen mit Mitgliederschwund, bei den kleineren sieht es besser aus. Wie schlägt sich das in den Zahlen aus dem Jahr 2022 nieder? Und woran könnte das liegen?
Wie aus unseren Anfragen an die Bottroper Kreisverbände von SPD, CDU, FDP, der Linken, AfD und den Grünen hervorgeht, stellen die Sozialdemokraten um Oberbürgermeister Bernd Tischler den größten Block. Zum 31. Dezember 2022 zählte die Bottroper SPD 882 Mitglieder, wobei 23 über das Jahr neu hinzugekommen sind. „Das sind vor allem sehr junge Menschen, also 16- bis 25-Jährige“, sagt Bottrops SPD-Vorsitzende Sonja Voßbeck.
Dem gegenüber stehen 90 Parteiaustritte, wozu auch Todesfälle zählen. „Wir haben einen eher hohen Altersdurchschnitt, weshalb die Sterberate leider auch erhöht ist. Die Kurve zeigt nach unten und das wird sie wohl auch in den nächsten Jahren tun. Da machen wir uns nichts vor.“
Bottroper SPD arbeitet vielfältig daran, neue Mitglieder zu gewinnen
Junge Menschen, die sie für die SPD begeistern wollen, würden oft wegziehen. „Wir sind eben keine Uni-Stadt. Unter dem Strich bleiben leider immer weniger junge Leute hier“. Ihre Partei ergreift aber Initiative, um diesem Trend entgegenzuwirken. „Wir weichen unsere Hierarchien auf“, sagt Voßbeck. Die Zeiten, in denen sich Neulinge erst jahrelang beweisen müssen, seien vorbei. „Wer dazukommt, kann sich sofort einbringen. Darüber hinaus setzen wir auf persönlichen Kontakt, organisieren etwa Kneipenabende mit spannenden Persönlichkeiten.“
Voßbeck beobachtet, dass junge Menschen viel themenbezogener an ihre Partei herantreten. Das habe auch Vorteile. „Früher hatten wir viel mehr Karteileichen, während nun viele Menschen eintreten, die aktiv mitgestalten wollen. Ich bin optimistisch, dass wir den Mitgliederschwund dadurch kompensieren können.“
Bottrop: Auch die CDU verzeichnet Mitgliederschwund
Dass Menschen heutzutage gerne themen- und projektbezogen arbeiten möchten, ist auch der Bottroper CDU aufgefallen. Mit 536 Mitgliedern zum Jahreswechsel stellt sie den zweitgrößten Parteien-Kreisverband der Stadt. Auch die Christdemokraten hätten mit höherer Altersstruktur und dementsprechend höheren Sterberaten zu kämpfen, heißt es auf Anfrage.
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Konkret zählte die CDU in Bottrop im Jahr 2022 20 Austritte – durch Todesfälle und auch „persönliche oder politische Gründe“. Dem standen fünf Beitritte gegenüber. „Das ist von Jahr zu Jahr sehr unterschiedlich. 2021 hatten wir beispielsweise 20 Beitritte“, sagt Büromanagerin Petra Ruppert. Positiv hervor hebt sie 32 Beitritte in die Jugendorganisation Junge Union (JU) in den vergangenen fünf Jahren. Dabei ist zu erwähnen, dass Mitglieder von Organisationen, wie der Jungen Union oder der Senioren-Union, nicht zwingend CDU-Mitglieder sein müssen.
Bottrop: FDP und Linke halten ihre Mitgliederzahlen konstant
Mit 76 Mitgliedern zum Jahreswechsel war der FDP-Kreisverband in Bottrop deutlich kleiner. Im Gegensatz zu SPD und CDU mussten die Freien Demokraten aber keine Mitgliederverluste hinnehmen. Denn zum Jahreswechsel 2021/22 war der Kreisverband ebenfalls 76 Mitglieder stark. Fünf Austritten stehen fünf Neuzugänge gegenüber.
Erfreulich sei die jüngere Entwicklung in jedem Fall, sagt der Kreisvorsitzende Andreas Mersch auf Anfrage weiter. „Seit 2016 haben wir unsere Mitgliederzahl fast verdoppelt.“ Damals bestand die Bottroper FDP aus 42 Mitgliedern.
Auch bei der Partei Die Linke ist die Mitgliederzahl – schon seit Jahren – stabil, teilt der Kreisvorsitzende Günther Blocks mit. Zum Jahreswechsel bestand sein Verband aus 38 Personen, wobei es 2022 drei Ein- und vier Austritte gegeben hatte. Blocks beobachtet eine deutliche Verjüngung seiner Partei. „Die neu hinzugekommenen Mitglieder sind fast alle deutlich jünger als 35 Jahre.“ Zudem sei der Frauenanteil stark gestiegen – auf nunmehr 42 Prozent.
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Bottroper AfD spürt Zustimmung, Grüne ebenfalls mit positivem Trend
Die AfD zählte zum Jahreswechsel 35 Mitglieder, bei vier Ein- und drei Austritten. Dabei hätten sich die Zahlen seit 2015 insgesamt positiv entwickelt, teilt Patrick Engels, stellvertretender Sprecher des Bottroper Kreisverbandes, mit. Einzig 2019 und 2020 habe es ein Zwischentief gegeben. „Unser starkes Plus in Bottrop war, dass der Vorstand seine Mitglieder stets mit eingebunden hat und den Kreisverband gleichberechtigt führte. Austritte kamen meistens nur aus Angst vor beruflichen oder gesellschaftlichen Nachteilen“, sagt er. Nun spüre er mit der AfD wieder mehr gesellschaftliche Zustimmung, wobei sich das noch nicht ganz so stark auf die Mitgliederzahlen auswirke.
Der Bottroper Kreisverband der Grünen gibt auf Nachfrage keine detaillierten Mitgliederzahlen preis. Diese „präsentieren wir in der Regel ausschließlich unseren Mitgliedern“, erklärt Sprecher Joachim Gutsche. Seit 2017 sei die Mitgliederzahl des Bottroper Kreisverbandes um etwas über 100 Prozent gewachsen, was sich ohne absolute Zahlen in diesem Fall aber nur eingeschränkt in Relation zu den anderen befragten Parteien setzen lässt. „Trotzdem sind unsere Mitgliederzahlen sicherlich deutlich kleiner als die der großen Parteien SPD oder CDU, die wir als direkte Konkurrenten und politische Mitbewerber betrachten“, fügt Gutsche hinzu.
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Unter dem Strich bewertet er die Entwicklung des Bottroper Kreisverbandes als positiv. Im Jahr 2022 seien rund zehn Mitglieder hinzugekommen, während keines abgewandert sei. Ein Trend, von dem die beiden größten Bottroper Kreisverbände im abgelaufenen Jahr weit entfernt waren.